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Erstkontakt

Erstkontakt

Titel: Erstkontakt
Autoren: Jack McDevitt
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deutlich größer war als Gambini, kam es vor, daß manche Leute, die die beiden kannten, sich dessen nicht bewußt waren.
    Anders als die meisten seiner Kollegen, die nur widerstrebend die Vorteile zugaben, mit Administratoren befreundet zu sein, freute Gambini sich aufrichtig über Harry Carmichael. Wenn Carmichael gelegentlich über seinen Mangel an formaler Ausbildung klagte (er hatte sein Berufsleben als Physikstudent an der Ohio State begonnen), versicherte Gambini ihm, daß er damit weitaus besser fuhr. Obgleich er nie genau erklärte warum, verstand Harry, was er meinte: nur ein äußerst kluger Kopf (wie Gambini) konnte die umfangreiche Arbeit eines weitläufigen Studiums überstehen, ohne seinen intellektuellen Schwung zu verlieren. Harrys trockener Humor und seine gelegentlich außergewöhnlichen Standpunkte wären nach einem ausführlichen Studium des Schmidt-Hilbert-Verfahrens oder des Bernoulli-Theorems wohl kaum erhalten geblieben.
    Gambini gab fröhlich zu, daß Personen in Harrys Position und Tätigkeitsfeld einen wichtigen Platz in dieser Welt hatten. Und weiß Gott, vernünftige Administratoren waren schwer zu finden.
    Es war kurz nach neun, als Harry mit einer Zimtstange für Gambini eintraf, der, wie Harry wußte, noch nichts gegessen hatte.
    Cord Majeski saß vor einem Monitor, das Kinn auf eine Hand gestützt, während Buchstaben- und Zahlenreihen über den Bildschirm liefen. Seine Augen wanderten nicht mit. Die anderen, Computeroperatoren, Systemanalytiker, Kommunikationsexperten, schienen mehr als sonst in ihre Arbeit vertieft zu sein. Sogar Angela Dellasandro, der Liebling der Forschungsgruppe – hochgewachsen, schlank, dunkeläugig –, blickte konzentriert auf eine Konsole. Gambini suchte sich einen Platz abseits von den anderen und nahm einen herzhaften Bissen von der Zimtstange. »Harry, kannst du uns für heute ungehinderten Zugang zur Optischen verschaffen?«
    Harry nickte. »Ich habe das bereits veranlaßt. Ich brauche nur noch einen schriftlichen Antrag von dir oder Majeski.«
    »Gut.« Gambini rieb sich die Hände. »Du solltest versuchen, dabeizusein.«
    »Warum?«
    »Harry, das dort draußen ist ein sehr seltsames Objekt. Eigentlich bin ich mir noch nicht einmal sicher, ob es überhaupt existiert.« Er lehnte sich an einen Arbeitstisch, der beladen war mit Stapeln von Computerausdrucken. Hinter ihm, an einer Wand, an der Fotos von Satelliten, Raumfähren und Sternhaufen klebten, hing ein Amtrak-Kalender, der eine Rangierlok auf einem belebten Güterbahnhof zeigte. »Auf jeden Fall dürfte es nicht dort sein, wo es ist – sozusagen weit draußen und mitten im Nichts. Harry, Sterne entstehen nicht zwischen den Galaxien. Und sie wandern auch nicht dorthin. Zumindest haben wir bisher dort noch nie einen gefunden.«
    »Warum nicht?« fragte Harry. »Ich würde durchaus erwarten, daß eine Galaxis gelegentlich einen rauswirft.«
    »Die erforderlichen Fluchtgeschwindigkeiten sind zu hoch.«
    »Und wie wäre es mit einer Explosion? Vielleicht wurde er regelrecht herausgesprengt.«
    »Das ist eine Möglichkeit. Aber eine solche Katastrophe hätte das gesamte System auseinandergerissen. Dieses Ding ist ein Binär. Das ist nämlich noch ein weiteres Geheimnis: es scheint aus der Richtung des Jungfrau-Haufens zu kommen.«
    »Und …?«
    »Der Jungfrau-Haufen ist fünfundsechzig Millionen Lichtjahre von dem Punkt entfernt, an dem Beta – das ist der Pulsar – jetzt steht. Das System entfernt sich von diesem Punkt mit einer Geschwindigkeit von fünfunddreißig Kilometern pro Sekunde. Das ist langsam, aber entscheidend ist, daß die Vektoren nicht zusammenlaufen. Wir sind sicher, daß unser Objekt nicht aus der Jungfrau stammt, aber die Sterne sind nicht alt genug, um von irgendeinem anderen Punkt dorthin gelangt zu sein, wo sie jetzt sind. Und das behaupte ich trotz der Tatsache, daß Alpha, der Rote Riese im System, extrem alt ist.« Gambini beugte sich zu Harry vor, und seine Stimme bekam einen verschwörerischen Klang. »Du solltest außerdem noch etwas wissen.«
    Harry wartete, aber Gambini stieß sich vom Tisch ab. »In meinem Büro«, sagte er.
    Der Raum war mit roter Zeder getäfelt und mit den Preisen und Auszeichnungen dekoriert, die der Physiker im Laufe der Jahre errungen hatte: den Nobelpreis 2002 für seine Arbeit mit dem Hochenergieplasma; Mann des Jahres 2003 von Georgetown; die Würdigung des Beloit College für seinen Beitrag zur Entwicklung des Spektrographen für
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