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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male
Autoren: Megan McCafferty
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wirklich einen absoluten Superbody!«
    »Absolut!«, pflichteten Manda und Sara bei.
    Die Betreffende war eine streichholzdünne Gestalt mit Ballonbrüsten – eine Figur, die in der Natur wenn überhaupt, dann höchst selten vorkommt.
    Sie jammerten, dass sie alle bis zur nächsten Jahrtausendwende trainieren könnten und trotzdem nie so perfekt aussehen würden. Sie debattierten mit großem Elan über ihre sogenannten Makel. Bridget hat zwar ein Titelblatt-Gesicht, aber ihr »riesiger Hintern« hemmt ihre Karriere. (Ich würde für ein weniger knochiges Hinterteil töten.) Manda »hasst« ihre berühmt-berüchtigte Oberweite. (Und kann es doch nicht lassen, sie in knappsten T-Shirts und zu engen Pullovern zur Schau zu stellen, zur großen Freude der männlichen Bevölkerung Pinevilles.) Und Saras Minderwertigkeitskomplex rührt aus dem Glauben, dass sie »eher wie eine kernige Fußballerin als wie eine klassische Ballerina« aussieht. Was durch ihren Spitznamen »Brummer« noch verstärkt wird. (Ihr Selbstwertgefühl hat sich nie davon erholt, dass ihre Stiefmutter ihr zum vierzehnten Geburtstag einen Aufenthalt im Feriencamp für Übergewichtige geschenkt hat.)
    Schließlich sagte Manda: »Also, Jess würde so aussehen, wenn sie sich die Brüste machen ließe.« Und alle betrachteten mich von oben bis unten.
    Ich würde mir niemals die Brüste machen lassen. Das ist so ekelhaft – ich habe mal eine Operation im Bildungsfernsehen gesehen. Der Chirurg hat den Eingriff durch den Bauchnabel gemacht. Durch den Bauchnabel! Er hat die Haut wie Kaugummi gedehnt und die Dinger dann an die richtige Stelle geknufft. Rums-bums.
    »Wir meinen ja bloß, deine Bauchmuskeln, dein Hintern und deine Beine sind sozusagen total perfekt«, sagte Bridget. »Du solltest das als Kompliment auffassen.«
    Ich wusste schon, wohin das führen würde: zu einer Brennwertanalyse meines Mittagessens, gefolgt vom Verhör des Typs Wie kannst du so viel essen und nicht zunehmen?
    »Diese Peperoni-Pizza hat mindestens fünfhundert Kalorien …«
    »Und fünfundzwanzig Gramm Fett …«
    »Ganz zu schweigen von den zweihundertfünfzig Kalorien in deiner Coke …«
    Ich habe sie schon mehrmals darauf hingewiesen, dass ich trainiere, während sie nach der Schule alles Mögliche tun oder vielmehr nicht tun, wenn die Cheerleading-Saison erst mal vorbei ist. Dabei sitze ich nicht etwa zweieinhalb Stunden auf meinem Hintern und träume davon, wie perfekt er meine eng anliegende Uniform ausfüllt, sondern schleppe ihn um den Sportplatz. Aber sie wollen einfach nicht einsehen, dass ich so viel essen muss, damit ich das überhaupt tun kann. Um also meine nutzlosen Argumente nicht zu wiederholen, legte ich einfach ein falsches Geständnis ab.
    »Na gut. Ihr habt mich durchschaut. Ich habe Bulimie.«
    Manda war nicht so leicht zu beeindrucken. »Oh bitte. Du doch nicht. Leute, die fressen und kotzen, haben meist ein paar Kilo zu viel.« Sie schwieg kurz. »Stimmt’s, Brummer?« Manda zwinkerte. Sara zuckte – fast unmerklich – zusammen, ehe sie Manda den Finger zeigte.
    Und das sollen meine Freundinnen sein. Oft genug kann ich sie auf den Tod nicht ausstehen.
    Wenn ich also keine Bulimie habe, wieso ist mir dann jetzt zum Kotzen?
    Das hätte ich sagen sollen. Habe ich aber nicht. Stattdessen habe ich einfach meinen Rucksack geschnappt und bin ohne ein Wort abgerauscht.
    Dann stand ich allein in der Toilette, bis es zur Stunde klingelte. Ich drückte die Stirn an den kühlen Spiegel und benebelte ihn mit meinem heißen Atem. Ich malte einen Smiley auf den beschlagenen Spiegel und wischte ihn wieder weg. Schließlich betrachtete ich mein Spiegelbild und dachte: Wäre Hope da gewesen, stünde ich jetzt nicht hier.
    ZEHNTER
    Heute Abend kam Scotty vorbei, um – ein Auftrag vom Club der Ahnungslosen – meine miese Laune zu verscheuchen. Sozusagen als Aufheiterungskommando. In nicht mal zwei Wochen waren sie zu dem Schluss gekommen, dass ich (so ihre von Scotty übermittelten Worte) »viel zu lange auf diesem ganzen Hope-ist-weg-Elend herumreite«. Zum Totlachen, wenn man bedenkt, wie sehr ich mich in Wirklichkeit zusammenreiße. Die haben ja keine Ahnung, wie viel schlimmer es sein könnte.
    »Sie finden, du solltest dich nicht mehr wie eine Ess-Zett aufführen und endlich drüber wegkommen.«
    Scotty flucht zwar wie ein Weltmeister, spricht es aber nie aus. Wie alle Sportidioten steht er auf Opie & Anthony – das Moderatorenduo der
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