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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male
Autoren: Megan McCafferty
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Nachmittagsradioshow, das sich so frauenfeindliche Spielchen ausgedacht hat wie den »Titten-Mittwoch« (Autofahrerinnen werden aufgefordert, jedem Fahrer die Brüste zu zeigen, der einen »TM«-Aufkleber am Wagen hat) und »Was habe ich in der Hose?« (eine Anruferin reibt den Telefonhörer an ihrer geheimsten Stelle, und die männlichen Spielkandidaten versuchen zu raten, welche Frisur sie dort trägt – »Kokosmatte«, »Bermudadreieck«, »Hitler« oder »Blankes Parkett«). Und wie die beiden Radiodeppen hat sich auch Scotty angewöhnt, seine Schimpfworte durch die Anfangsbuchstaben zu ersetzen. Ess-Zett bedeutet also »Scheiß-Zicke«. Wenn ich keine miese Laune habe, kann ich das sogar ganz niedlich finden. Aber in letzter Zeit habe ich aus offensichtlichen Gründen mehr als miese Laune, noch verstärkt durch PMS, das sich schon zwei Wochen hinzieht, weil meine Regel auf sich warten lässt.
    »Und was findest du?«
    Er zögerte einen Moment mit der Antwort und rieb sich das Kinn. Er hat ein kräftiges, kantiges Kinn, wie ein Comic-Held.
    »Ich finde, das ist gar keine schlechte Idee.«
    Das fand ich total zum Kotzen. Also legte ich los, dass ich Hope nicht so einfach vergessen konnte, weil ich schon mit ihrem kleinen Zeh mehr Spaß hätte als mit allen anderen Leuten, weil der allein mehr Saft hätte als die gesamte Schule zusammen …
    Es klang allerdings ziemlich durchgedreht.
    Ich war eben zu durcheinander, um klar denken zu können, und ich wusste zwar, dass ich mich total psycho anhörte, aber ich wollte nicht erklären müssen, wie es mir ging. Scotty musste ich immer alles erklären.
    Meine Tränen kamen sehr plötzlich und erwischten uns beide kalt. Scotty beobachtete mich ein paar Sekunden lang mit wachsender Panik.
    »Vau Sch« , sagte er zu sich selbst.
    Aber dann setzte er sich neben mich, bis ich mich beruhigt hatte. Das war immerhin besser, als alles mit einer kitschigen Bemerkung zu versauen.
    Trotz meiner ungeselligen Neigungen will ich ja nicht aus meinem Jahrgang ausgestoßen werden. Ich habe zwar nicht gerade ein Kribbeln im Bauch, wenn ich an den Club der Ahnungslosen denke, aber ich will mich ernsthaft bemühen. Man kann schließlich nicht ewig düstere Laune schieben, irgendwann muss man einsehen, dass es gar keine Laune ist, sondern bloß der eigene düstere Charakter.
    Ich bin Scotty dankbar, dass er mir geholfen hat, zu diesem Schluss zu gelangen. Er meint es gut. Ich wäre nur froh, wenn er Hope nicht von seinen Gefühlen für mich erzählt hätte, bevor sie weggezogen ist. Er wusste doch, dass sie esmir weitersagen würde. Und es war so typisch Scotty, wie ernst ihm das alles war: Wenn du weg bist, werden Jess und ich uns bestimmt wieder näherkommen, und sie wird endlich einsehen, dass wir füreinander bestimmt sind. Bäh. Jedes Mal also, wenn er was Nettes macht – zum Beispiel, mich zu Hause besuchen, um meinen sozialen Status an der Pineville High zu retten –, dann denke ich: Das machst du nur, weil du auf mich stehst. Und schon ist alles ruiniert.
    Ich habe keine Ahnung, wieso Scotty immer noch hinter mir her ist. Ich bin ihm in der Mittelschule schon viel zu nah gekommen, als dass jetzt noch irgendwas zwischen uns passieren könnte. Er war mein erster und einziger richtiger Freund. Wir sind in der achten Klasse genau acht Tage miteinander gegangen. Hätte ich ihn damals ignoriert, könnte ich heute vielleicht den schwellenden Bizeps eines aufblühenden Prachtkerls wahrnehmen. So aber sehe ich bloß Scotty. Die immer strubbeligen schwarzen Haare, die in alle Richtungen vom Kopf abstanden. Wie er sich schnäuzte und dann lautstark sämtliche Rotzfarben analysierte. Und der Ständer (!), der sich immer unter seiner Jogginghose abzeichnete, wenn er mich im Lauftrikot sah. Oh Gott!
    Und dann noch der berüchtigte Zungenkussvorfall. Den kann ich sogar noch fühlen . Wir standen auf dem Parkplatz, kurz bevor die Busse losfuhren, und Scotty versuchte mir bei einem ganz »unschuldigen« Abschiedsküsschen die Zunge in den Hals zu rammen. Gott sei Dank machte der Busfahrer die Tür hinter mir zu, bevor Scotty mich auffressen konnte. Bis dahin hatten wir uns zum Abschied einfach bloß kurz auf die Lippen geküsst. Aber ohne jede Vorwarnung hatte er beschlossen, dem Gestichel seiner Basketball-Mitspieler nachzugeben, dass er mir doch endlich mal »die Zunge zeigen« solle. Ich hatte keine Ahnung, was er vorhatte, bis plötzlich dieses nasse Ding in meinem Mund herumzappelte wie ein
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