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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male
Autoren: Megan McCafferty
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Brautjungfern tragen die Haare hochgesteckt.«
    »Und warum müssen wir alle die gleiche Frisur tragen?«
    Sie seufzte tief. »Weil es auf den Fotos besser aussieht.«
    »Aber warum müssen wir alle auf die gleiche Art gut aussehen?«
    Hier fuhr sie schon die doppelte Ladung aus tiefem Seufzer und Augenrollen auf.
    »Mutter?!«
    Also schritt meine Mutter ein.
    »Wenn dein großer Tag kommt, kannst du deinen Brautjungfern auch vorschreiben, wie sie ihr Haar tragen sollen. Aber so weit ist es noch nicht, also hör auf deine Schwester.«
    Ich antwortete, da ich ja nicht mal männliche Begleitung zur Hochzeit auftreiben könne, würde es mit meiner Heirat wohl noch ein wenig dauern. Das war ein Fehler.
    Denn jetzt nahmen Mom und Bethany mich gemeinsam wegen Scotty in die Mangel – wie ich so blöd sein konnte, ihn nicht wegen der Hochzeit zu fragen, weil er doch so gut aussieht und so süß ist, und wie sehr ich es bereuen würde, wenn er sich eine andere Freundin sucht. Dann hörten sie auf, mit mir zu reden, und sprachen stattdessen über mich .
    »Ich verstehe sie nicht, Bethie. Deine Schwester verbringt ihre Jugend lieber mit Brüten und Schmollen, als sich so einen guten Fang zu angeln.«
    »Sie suhlt sich eben gern in ihrem Unglück, Mutter. Sie sollte sich mal ein bisschen entspannen.«
    »Weißt du, was ihr vor allem fehlt?«
    »Was denn, Mutter?«
    »Ihr fehlen die Relationen.«
    »Ja, genau.«
    »Also ehrlich, wenn das Schlimmste im Leben die Frage ist, ob man einen süßen Footballer zur Hochzeit seiner Schwester mitbringen soll …«
    Mir ist schon seit langem klar, dass Mom und Bethany durch irgendein Blondes Band verbunden sind und dass ich keine Chance habe, dazuzugehören. Am besten, ich versuche es gar nicht erst.
    »Oh Mann! Es sind noch vier Monate bis zur Hochzeit«, kreischte ich. »Ist euch schon mal der Gedanke gekommen, dass ich bis dahin vielleicht einen richtigen Freund haben könnte?«
    Ihre identischen eisblauen Blicke sagten: Nein.
    Die uralte Änderungsschneiderin zupfte und steckte dabei die ganze Zeit den Stoff um mich herum. Ich wette, sie hat schon viel schlimmere Sachen gehört: die Braut bei der ersten Anprobe, die unter Tränen gesteht, vom Trauzeugen schwanger zu sein; zickige Brautjungfern, die darauf wetten, wie lange die Ehe halten wird; die Mutter des Bräutigams, die ihren Sohn im Verdacht hat, schwul zu sein.
    Bin ich das einzige Wesen mit Vagina, das Hochzeiten lächerlich findet? Ich glaube, ich werde durchbrennen. Bloß mein Mann und ich und ein Pfarrer an irgendeinem jamaikanischen Strand. Das ist auf jeden Fall besser als bei Bethany, wo eine ganze Kirche voller Leute so tun muss, als hielten sie sie für eine Jungfrau, und mein Vater sie »aus der Hand gibt« wie einen Sack Altkleider. Und ich als zweifelhafte Brautjungfer kann nicht mal gelangweilt im Hintergrund rumstehen, sondern muss im Zentrum des ganzen Spektakels glänzen.
    Ich verstehe ehrlich nicht, was Bethany und ihr Verlobter Grant aneinander finden. Das Tollste: Die beiden sehen haargenau aus wie so ein Barbie-und-Ken-Pärchen auf der Hochzeitstorte. Und er hat an der Wall Street mit irgendwelchen dubiosen Deals New-Economy-Kapital zu noch mehr und noch neuerem Kapital gemacht. (Daher auch sein Spitzname G-Money.) Ein paar Jahre lang ist er zwischen dem Silicon Valley in Kalifornien und der Silicon Alley in New York hin- und hergejettet, aber nach der Hochzeit wird das glückliche Paar sich dem New-Economy-Goldrausch anschließen und an die Westküste ziehen.
    Vermutlich gibt es schlimmere Gründe zu heiraten. Meine Eltern zum Beispiel sind bloß deshalb seit achtundzwanzig Jahren zusammen, weil Dad mal »Dar the Star« war, Point Guard in der Basketball-Bezirksauswahl, und Mom Cheerleader-Chefin. Würg.
    Was Bethany und G-Money wirklich fehlt, ist Feuer. Ich kann keinerlei Leidenschaft erkennen. Das soll nicht heißen, dass sie sich ununterbrochen gegenseitig die Zungen in den Hals stecken sollen. Aber wenn sie als Paar einen Raum betreten, passiert nichts. Ich habe die beiden bisher ausschließlich stumpfsinnigste Gespräche führen hören.
    Bethany: Ich hoffe, es bleibt den ganzen Tag so schön.
    G-Money: Ich auch.
    Bethany: Ich möchte nicht, dass es zu heiß wird.
    G-Money: Ich auch nicht.
    Und seit sie sich vor zweieinhalb Jahren verlobt haben, sprechen sie nicht einmal mehr über aktuelle Fragen, sondern nur noch über die Hochzeit.
    Bethany: Ich hoffe, bei unserer Hochzeit bleibt es den ganzen Tag
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