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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male
Autoren: Megan McCafferty
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brachliegendes Talent. Ich könnte mich wahrscheinlich aus einer Milliarde kniffliger Situationen herauslügen – wenn ich nur hineingeriete. Es war bloß so komisch, das von jemandem zu hören, der mich überhaupt nicht kennt.
    ZWANZIGSTER
    Meine Schlaflosigkeit hat vor drei Monaten eingesetzt, gleich nach Hopes Mitteilung, dass sie in die Südstaaten auswandert. Seitdem habe ich jeden Zentimeter meines Körpers hassen gelernt.
    Ich liege im Dunkeln und versuche mich zum Einschlafen zu überreden, da wird mir plötzlich schmerzlichst bewusst, wie sehr meine Oberschenkel schwitzen, wenn sie in der Embryohaltung aufeinanderliegen. Also muss ich sie anders positionieren. Geht es meinen Oberschenkeln gut, fällt mir eine Haarsträhne in die Stirn, deren Gewicht auf den Augenbrauen ich keinesfalls ertrage. Ich wische sie also weg. Meine Augenbraue ist entlastet, aber auf einmal verkrampfen sich sämtliche Zehen an meinem linken Fuß. Also muss ich sie strecken und knacken lassen. Sind die Zehen entspannt, fängt mir die Pobacke an zu jucken. Also muss ich kratzen …
    So geht das stundenlang, jede vorstellbare Kombinationvon Körperteilen und Beschwerden. Ich habe es mit warmer Milch probiert, mit Schäfchenzählen, sogar mit dem bescheuerten Psychotrick »Wehe, wenn du einschläfst!« – nichts hilft. Vor Schlaftabletten schrecke ich noch zurück, weil ich nicht zu einem Menschen werden will, der Drogen braucht, um ins Bett und wieder rauszukommen. Heath wäre eigentlich schon Warnung genug, aber ich habe auch genug Reportagen über Popstars gesehen.
    Aber ein Gutes hat diese Ruhelosigkeit um Mitternacht: Ich habe total durchgeknallte Träume, an die ich mich beim Aufwachen bestens erinnere. Hier ein Beispiel von gestern Nacht:
    Ich komme nur mit einer gepunkteten Unterhose bekleidet zur Sitzung des Schülerrates in der Aula. Meine Brustwarzen sagen allen Anwesenden freundlich Hallo, wie geht’s?, aber das kümmert keinen, als ob ich zu solchen Besprechungen immer so gut wie nackig erscheine.
    Die Sitzung soll gerade losgehen, als Scotty auf mich zukommt und schreit: »Jess! Wieso zeigst du allen deine Titten? Heute ist doch nicht Titten-Mittwoch!«
    Darauf sagt Bridget: »Und es ist ja auch nicht so, dass sie viel zu zeigen hätte.«
    Und dann sagt Marcus Flutie: »Aber tief drinnen hat sie viel zu verbergen.«
    An dieser Stelle verkünde ich dem gesamten Schülerrat, dass ich ein Experiment durchführe. Ich teste nämlich, wie entspannt und wohlwollend meine Mitschüler auf den Anblick meiner Brüste reagieren. Die Zuschauer – inzwischen gibt es nur noch Stehplätze, weil die gesamte Schülerschaft anwesend ist – applaudieren stürmisch.
    Schließlich flüstert Paul Parlipiano mir ins Ohr: »Ich dachte schon, du wolltest alle aufreizen. Aber jetzt, da ichweiß, dass es ein Experiment ist, kann ich dich nur bewundern.«
    Ich könnte jetzt lügen und sagen, dass wir daraufhin mitten auf der Bühne vor 800 kreischenden Schülern heißen Sex hatten. Aber zu meinem Unglück bin ich an der Stelle aufgewacht. Oh Mann, nicht mal im Traum kriege ich ihn zu fassen!
    Träume sind so abgedreht, oder? Ich meine, man kann einfach nicht kontrollieren, wer darin auftaucht. Als ich zum Beispiel heute im Klassenzimmer Marcus Flutie sah, stürzte mein Magen wie an einem Bungee-Seil runter bis zu den Zehen und federte dann wieder rauf bis in die Kehle. Ich war tatsächlich ernsthaft besorgt, er wüsste irgendwoher, dass er letzte Nacht in meinem Traum vorgekommen ist. Er hat natürlich nicht mal von dem Notizbuch aufgeblickt, in das er immer kritzelt. Er wird es niemals erfahren. Aber das hat mich doch ins Grübeln gebracht: Ob ich wohl letzte Nacht in irgendjemandes Traum war?
    (Nein, Scottys Wichsfantasien zählen nicht.)

1. FEBRUAR
    Hope,
    okay. Mein bitterer Sechzehnter ist offiziell vorbei. Ich habe alle Geschenke ausgepackt, und Dein Mosaik ist immer noch mit Abstand das beste. Danke danke danke danke vielmals.
    Es ist natürlich kein Zufall, dass Dein Geschenk mir das allerliebste ist. Ist Dir auch schon aufgefallen, dass es vor allem vom Schenkenden abhängt, wie man ein Geschenk findet? Paul Parlipiano zum Beispiel hätte mir ein schmuddeliges Stück Kaugummi schenken können, das er sich von der Schuhsohle gekratzt hat, und ich wäre trotzdem vor Entzücken geschmolzen. OHMEINGOTT! DU HÄTTEST DIR DOCH MEINETWEGEN NICHT SO VIEL MÜHE GEBEN MÜSSEN! HAST DU DIESEN KAUGUMMI ETWA SELBST GEKAUT? IN DEINEM EIGENEN
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