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Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Heidi Hohner
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Lautsprecher stellen können. Die Schülerinnen in der Sitzreihe vor mir stießen sich die Ellenbogen in die Seiten, als Krimi fortfuhr: »Selbstverständlich kommt mein Schnuffischatz mit in die Oper, ich lasse ihn nie alleine zu Hause! Ich gebe ihm vorher eine halbe Valium in seine Leonidas-Abendpraline, und mein Kleiner genießt die ›Aida‹ mindestens genauso wie ich!«
    Der arme Hund! Ich sah Krimi vor mir, wie sie eine Federboa so über ihre üppigen Schultern und die in der Ellenbeuge hängende Tasche drapierte, dass man das hechelnde, mit einem strassbesetzten Schleiferl verzierte Hundeköpfchen nicht sehen konnte. Sicher musste sie in ihrer Opernloge literweise Parfüm versprühen, weil Pucki zwar keine dreißig Zentimeter groß war, aber auch ohne Fell roch wie ein nasser Bernhardiner. Der arme Hund. Krimi ließ ihn tatsächlich niemals aus den Augen und auch fast nie von der Leine. Zweimal allerdings hatte sie Pucki notgedrungen zu Felix und mir in Pflege geben müssen – weil sie sich in einer Starnberger Klinik mit dem medizinisch zweifelhaften Namen »Beauty Palace« von einer angeblichen Polypenoperation erholen musste. Und aus dem bei jedem Windstoß zitternden nagetierähnlichen Schoßhund war bei uns in zehn Tagen ein mutiges kleines Kerlchen mit Kurzhaarfrisur geworden, das gnadenlos auf jeden noch so großen Kollegen losging. Und das nach einer Hundefutterkur ohne Schokolade und Foie gras sogar seine chronische Verstopfung und seinen Körpergeruch loswurde.
    Aber Felix’ Vater hatte Krimi viel zu früh zu einer reichen Witwe gemacht, Felix war gerade mal fünfzehn Jahre gewesen. Und danach hatte sich Felix auch nicht ihren Erwartungen entsprechend nobel entwickelt: Statt bei Opernpremieren an ihrer Seite zu weilen, war er Gastronom im fernen Berlin geworden und übernachtete bei Münchenbesuchen lieber bei seiner Oma als bei seiner anstrengenden Mama. Schließlich war er auch bei seiner Großmutter aufgewachsen, weil sich Frau Professor Schweiger lieber in Bayreuth und in ihrer Boutique aufhielt als am Wickeltisch. Und so war eben Pucki-Schnuffischatz das Ersatzmännchen an Krimis Seite geworden, und sie wollte von artgerechter Haltung nichts wissen. Wie gesagt, der arme Hund.
    Grafing Bahnhof, Kolbermoor, Rosenheim. Draußen flogen die Bahnhöfe der kleinen Ortschaften vorbei, durch die der Zug einfach nur hindurchsauste und den Menschen die Zeitungen in der Hand verwehte, die sich beim Warten auf einen regionalen Bummelzug die Beine in den Bauch standen. Der Kellner brachte mir nach Chemie riechende Ravioli auf einem Plastikteller.
    Krimi schien meine Gedanken erraten zu haben, denn sie warf wieder einen ihrer Köder aus, um mich nach München zu locken, in der Hoffnung, dass Felix dann schon mitziehen würde.
    »Und wann eröffnest du eine Dependance in München? Ich habe mal nebenan gefragt – Eder Maßanzüge in der Residenzstraße zieht um nach Grünwald, und das Geschäft hat noch keinen Nachmieter, was ich bei dieser exklusiven Lage überhaupt nicht nachvollziehen kann. Ich finde, diese Gelegenheit, aus deinem Berliner Hinterhof herauszukommen, solltest du nutzen! Stell dir vor, dann wären wir Nachbarn!«
    Die Ravioli waren eine Katastrophe und die Vorstellung, eine Babyboutique neben Krimis Inneneinrichtungsgeschäft aufzumachen, ebenfalls.
    »Vierhundert Euro Miete pro Quadratmeter kann ich mir nicht leisten!«, schrie ich in den Hörer.
    »Kein Wunder«, kam es prompt zurückgebrüllt, »ich habe mit meiner Freundin Burgl gesprochen, und die meint auch, einen Kaschmirpulli für Babys unter zweihundert Euro zu verkaufen wäre geradezu unseriös. Und die muss es wissen, die ist schließlich gerade erst Großmutter geworden!«
    »Das geht nicht, Krimi, ich kann die Preise nicht nach oben setzen!«, wehrte ich mich. »Zu mir in den Laden kann jeder kommen, bei mir gibt es eine Spielecke und schon fürs Gucken einen Cappuccino, basta. Ich will, dass meine Sachen getragen werden, und zwar von vielen normalen Kindern. Die Mamas, die nachmittags in Scharen vom großen Spielplatz am Helmholtzplatz zu mir in den Hinterhof kommen, sollen auch mal was nachkaufen können, ohne dafür einen Kleinkredit aufnehmen zu müssen!«
    Zweihundert Euro für einen Babypulli! Der Gedanke an die Sorte Mütter, die sich dann bei mir einfinden würden, jagte mir kleine Entsetzensschauer über den Rücken.
    »Na, wer so redet, bei dem stimmt die Kasse offensichtlich«, schnappte Krimi.
    Da entgegnete ich
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