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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt
Autoren: Cate Tiernan
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bestätigte River. »Wir haben sie von einem Deutsch - Kurzhaar decken lassen. Aber ... diesen hier kann ich mir nicht erklären.« Sie zeigte auf den kleinsten Welpen, der darum kämpfte, unter einem größeren, kräftigeren Geschwisterchen hervorzukriechen. River zog ihn sanft unter dem Großen hervor und legte ihn ans Ende der Milchbar, wo er nicht zerquetscht werden würde.
    Fünf Welpen sahen aus wie Miniatur-Mollys - einfarbig braune Köpfe, hellgraue Körper mit einem Hauch der braunen Punkte, die sie später bekommen würden. Aber der Kleine erweckte den Eindruck, er käme aus einem ganz anderen Wurf. Vielleicht sogar einer anderen Tierart. Er war dünn und langbeinig statt süß und knuddelig und ungefähr halb so groß wie der größte Welpe. Er war fast vollkommen weiß und hatte unregelmäßig verteilte rotbraune Flecke, die aussahen, als hätte jemand ein Glas Wein über ihm verschüttet.

    »Das ist der Mickerling des Wurfs «, sagte Reyn. »Ist er
    missgebildet? Vielleicht eine Gaumenspalte?«
    »Nicht, soweit ich sehe «, sagte River. »Armes kleines Mäd;chen. Es sieht so aus, als hätten nur die anderen in der Gebär;mutter all die guten Sachen bekommen.« Sie streichelte den kleinen Welpen vorsichtig mit einem Finger. »Ist es nicht ein Wunder?«, murmelte sie. »Ich bin immer wieder über;wältigt und staune jedes Mal aufs Neue über das Wunder des Lebens.« Sie wirkte verträumt und nachdenklich, ein unerwarteter Kontrast zu ihrer sonstigen energischen und humorvollen Art.
    Dann schien sie wieder sie selbst zu werden und stand auf. »Das hat Molly gut gemacht«, sagte sie noch einmal und Mollys Schwanz pochte zweimal auf den Boden. »Ich sehe nachher noch mal nach dir. Ruh dich aus.« Noch ein Pochen. Auch ich stand aus dem Stroh auf und wir gingen zu dritt wieder hinaus in die Kälte. River blieb in der Küche, um eine Brühe für Molly zuzubereiten, und Reyn und ich verzogen uns nach oben. Die Welpen zu sehen, hatte mich in eine merkwürdige Stimmung versetzt - fast wünschte ich, ich hätte sie nicht gesehen.
    »Ich hatte immer Kampfhunde.« Reyns Stimme klang gedämpft, als wir die Treppe hochgingen. »Halb Wolf, .halb Mastiff. Ich habe sie hungrig gehalten, damit sie angriffslustig waren. Dann schickte ich sie voraus und erledigte anschließend, was noch übrig war.«
    Er erinnerte mich mit Absicht an seine Zeit als Berserker und die Wut darüber brachte mein Blut zum Kochen. Ich machte den Mund auf, um ihm etwas Bissiges, Verächtliches an den Kopf zu werfen - aber dann bremste ich mich. Wieso erzählte er mir das? Wollte er mir zeigen, wie weit er es gebracht hatte?
    »Fehlt es dir?«, fragte ich. »Das Kämpfen, der Krieg, die Eroberungen?« Das war nicht bissig gemeint. Ausnahmsweise. Wir blieben vor meiner Tür stehen. Der Flur war fast dunkel, nur ein paar kleine Lämpchen dicht über dem Boden spendeten ein mattes Licht. Es war still, nichts regte sich - ich konnte die ruhigen Muster der Schlafenden spüren.
    Ein kaum wahrnehmbarer Anflug von Emotionen huschte über Reyns Gesicht mit den hohen Wangenknochen und mandelförmigen Augen in der Farbe von Altgold. Ich fragte mich, ob er mich anlügen würde.
    Doch er sah weg, als würde er sich schämen. »Ja.« Er sprach so leise, dass ich mich zu ihm beugen musste, um ihn zu verstehen. »Das ist es, was ich gelernt habe. Was ich am besten kann.« Er sah mich nicht an.
    Ich stieg ein kleines Stückchen von meinem hohen Ross der Vorurteile runter.
    »Wie lange ist es her?«, fragte ich.
    Sein Blick traf kurz meinen, huschte aber schnell wieder weg. »Seit ich den Führungsanspruch über meinen Clan aufgegeben habe, dreihundertacht Jahre. Seitdem kein Morden und Brandschatzen mehr. Aber Krieg? Kämpfen? Zuletzt im Zweiten Weltkrieg.«
    Anscheinend war mir meine Verblüffung anzusehen, denn Reyn wendete sich ab und ich konnte sehen, wie er rot wurde. »Jedenfalls dachte ich, du würdest die Welpen gern sehen.«
    »Komme ich dir wirklich vor wie ein Mädchen, das auf Welpen steht?« Nachdem ich mich in den letzten paar Mo;naten so verändert hatte, wusste ich wirklich nicht mehr, wie andere mich sahen.
    Reyn fuhr sich über die Bartstoppeln. »Nein«, sagte er schließlich. »Nein. Keine Welpen, keine Häschen, keine Babys. Aber du musst das nicht alles aufgeben, weißt du.«
    Alles klar, Zeit für mich, diese Diskussion zu verlassen. Ich griff nach meinem Türknauf, aber Reyns
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