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Eroberer des Alls

Eroberer des Alls

Titel: Eroberer des Alls
Autoren: Murray Leinster
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aufsteigen und wieder landen würde. Und an diesem Morgen würde es jemand tun – und zwar er selbst. Und deshalb war heute der wichtigste Tag seines Lebens.
    Beim Rasieren wunderte er sich immer wieder über das Glück des Mannes, dessen Gesicht er im Spiegel sah. Vor drei – vier – fünf Monaten hatte er sich immer wieder gesagt, daß er keine Chance habe, obgleich er sicher war, daß er seine Meldung gleichzeitig mit seinen Kameraden abgegeben hatte. Er hatte gehofft, der erste gewesen zu sein, aber er war nur einer von zweihundert. Die Bewerber wurden gesiebt, und vor vier Monaten waren nur noch zwanzig übrig, dann nur noch zehn. Jetzt stand er an der ersten Stelle, und vier neidische Männer – unter ihnen Randy – wünschten, er möge sich das Genick brechen, damit sie an seinen Platz rückten.
    Aber er würde schon aufpassen. Während er die Seife vom Gesicht spülte, ertappte er sich dabei, wie er darum betete, daß alles gut gehen möge. Er betete nicht um eine sichere Landung, denn seine Sicherheit lag in seiner eigenen Hand. Er brauchte nur zurückzutreten. Nein, er betete, daß er bei der Untersuchung in guter Verfassung sei, daß der Countdown klappen möge, und daß er es in die Regionen schaffte, wo der Himmel sich erst purpurn und dann schwarz färbte, wo er die flimmernden Sterne sah und die Sonne als nächstes und größtes aller Gestirne. Und er betete, daß er alles richtig machen würde, während er im Weltraum war, so daß der Flug ein Erfolg wäre.
    Er kontrollierte den Sitz seiner Uniform und ging in die Offiziersmesse. Randy hatte schon für ihn bestellt und wartete auf ihn. Er sah immer noch besorgt aus. Er hatte mit allen Kräften versucht, den Auftrag zu ergattern, aber jetzt machte er sich Sorgen, daß sein Freund McCauley vielleicht vor der letzten Hürde Schiffbruch erlitt. Oder daß es einen Fehlstart gab. Oder daß nach dem Start irgend etwas schiefgehen würde. Daß der Rücksturz zur Erde Gefahren barg.
    »Pflaumenweich«, lobte McCauley, während er die Spitze von einem Ei abschlug. »So mag ich's!«
    »Bist du wirklich ganz in Ordnung, Ed?« fragte Randy.
    McCauleys Grinsen war Antwort genug. Vielleicht fühlte er sich ein wenig zu gut. Wahrscheinlich wäre es besser, etwas nüchterner an die Sache heranzugehen. Schließlich handelte es sich nicht um eine Vergnügungsreise, sondern um ernsthafte Forschungsarbeit. Um ein Vorhaben, das die Ergebnisse früherer Forschungen verifizieren sollte. Die Mediziner glaubten, über den psychologischen, physiologischen und emotionellen Effekt eines prolongierten Zustands der Schwerelosigkeit Bescheid zu wissen. Sie brauchten nun Angaben über die Reaktionen eines normalen Menschen wie McCauley auf eine Umgebung, für die es keine Parallele gab. Es handelte sich um Höhenforschung mit dem Ziel, Flugzeugen höhere Geschwindigkeiten zu ermöglichen. Schon heute konnte ein Flugzeug eine Geschwindigkeit erreichen, daß auf Grund der durch die Reibung erhitzten Luft bei Bodenflug die Tragflächen wegschmolzen. Die theoretische Höchstgeschwindigkeit konnte nur in großen Höhen erreicht werden. Eine Wärmebarriere verhinderte echten Schnellflug, und diese Barriere konnte nur überwunden werden, indem man sie überstieg. Man mußte herausfinden, welche Wirkung das Durchbrechen der Schranke auf den menschlichen Organismus hatte. Immer hatte die Armee bisher nach dem Grundsatz gehandelt, daß es besser sei, einen Dollar statt einen Menschen zu vergeuden; diesmal wollte sie zwar nicht einen Menschen vergeuden, wohl aber sein Leben aufs Spiel setzen. Dieser Mensch war McCauley.
    Er war in Hochstimmung, im Bewußtsein dessen, daß er bald dort sein würde, wo vor ihm noch nie ein Mensch gewesen war, daß er mit seinen eigenen Augen sehen würde: Die Erde ist rund. Blitzartig wurde ihm bewußt, daß diese Tatsache nur auf Grund indirekter Beweise akzeptiert wurde. Er würde der erste Mensch sein, der sich durch eigenen Augenschein davon überzeugte, weil er so weit in den Raum vorstoßen würde, daß er die Erde als Kugel sehen könnte.
    »Keine kalten Schauer die Wirbelsäule entlang?« fragte Randy mit neidischer Bewunderung. »Vielleicht möchtest du lieber doch nicht? Ich trete gern an deine Stelle!«
    »Führe mich nicht in Versuchung«, sagte McCauley und schob seine Tasse über den Tisch. »Kann ich noch eine Tasse Kaffee haben?«
    Randy grunzte. Vielleicht hatte man ihm aufgetragen, McCauley ein wenig aufzustacheln, damit er abgelenkt
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