Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
Vom Netzwerk:
Verschluss. Bis wir genau wissen, was es damit auf sich hat, sind wir mit derartigen Informationen vorsichtig. Alles klar?«
    Die Kollegen nickten. Sie waren zwar nicht schlauer als vorher, Kluftingers Aktionismus hatte ihnen aber doch das Gefühl gegeben, etwas tun zu können, anstatt ratlos auf bessere Zeiten warten zu müssen.
    ***
    Es war keine halbe Stunde vergangen, da wurde Kluftingers Bürotür kraftvoll aufgestoßen. Hefele kam hereingelaufen. Seine schwarzen Locken wippten mit jedem seiner flinken Schritte. »Ich glaub, ich hab was«, sagte er mehrmals, bis er den Schreibtisch seines Chefs erreicht hatte. Dann legte er ihm wortlos einen Stapel Papier auf die Arbeitsplatte.
    Kluftinger sah sich die Blätter an, alles Vermisstenanzeigen: Eine nur mit Bademantel und Nachthemd bekleidete vierundachtzigjährige Frau war aus dem Altersheim im Freudental in Kempten verschwunden, da recherchierten die Kollegen bereits bei den Kindern der Dame. Bereits geklärt hatte sich das Verschwinden eines vierzehn Jahre alten Jungen, der im Internat in Hohenschwangau am gestrigen Dienstag nicht zum Abendessen erschienen war, allerdings noch im Laufe der Nacht in einem Stadel unterhalb der Königsschlösser durchgefroren und von Heimweh geplagt, ansonsten aber völlig unversehrt gefunden worden war.
    Der Kommissar hob den Kopf. Er zog die Augenbrauen nach oben und blickte seinen Kollegen fragend an. Dessen stolzes Grinsen verschwand sofort, als er die Ungeduld des Kommissars sah. Er blätterte die Zettel durch, die Kluftinger in den Händen hielt, zog einen bestimmten heraus und sagte: »Den mein ich.« In schwungvoller Handschrift hatte jemand einen Namen und eine Adresse darauf notiert: Gernot Sutter, Stuibenweg 3, Durach.
    »Ist er das?«, fragte Kluftinger, der jetzt etwas aufgeregt war.
    »Ich weiß es nicht. Seine Frau hat vor kurzem angerufen. Für eine Vermisstenanzeige ist es zwar noch zu früh gewesen, aber der Kollege am Telefon hat sich trotzdem mal die Beschreibung aufgeschrieben. Aussehen, Kleidung – passt alles.«
    »Dann nix wie hin«, sagte Kluftinger, schnappte sich den Zettel und eilte mit Hefele aus dem Zimmer.
    ***
    Als Hefele den Dienstwagen aus der Einfahrt des Präsidiums in Kempten Richtung Illerbrücke lenkte, musterte Kluftinger seinen
    Kollegen von der Seite. Es war sonderbar: Mit ihm war er so gut wie nie unterwegs. Meist nahm er Strobl mit, wenn es auf Dienstfahrt ging, Maier drängte sich ab und zu auf, aber Hefele? Dabei war er ein guter Polizist. Vielleicht blieb er auch lieber im Präsidium: Durch seine geringe Körpergröße und seine ganz und gar nicht geringe Breite wirkte er irgendwie träge. Dennoch wusste Kluftinger nicht, ob er nicht vielleicht gerne öfter vor Ort wäre. Beklagt hatte er sich jedenfalls noch nie. Eigentlich wusste er überhaupt nicht viel über seinen schnauzbärtigen Kollegen. Er nahm sich vor, das zu ändern. Allerdings nicht gerade jetzt, denn der mysteriöse Leichenfund beanspruchte zu viel seiner Aufmerksamkeit.
    Da Hefele in Durach aufgewachsen war und seine Eltern noch immer dort wohnten, konnte er seinen Chef zielsicher zum Neubaugebiet unterhalb des Dorfbergs dirigieren.
    Sutters Haus lag an einer Wendeplatte, die das Ende einer gepflasterten Spielstraße bildete. Eine Doppelgarage war in den Hang gebaut, darüber lag ein großzügig geschnittenes Haus, dessen Front nur aus Glas und Holz zu bestehen schien. Rechts neben der Garage befand sich ein kleines Mäuerchen, an dem die Zahl 3 in Form einer großen Edelstahlziffer prangte, etwas kleiner darunter stand der Name des Hausherrn.
    »Wenn der es ist: Versteckt hat er sich mal nicht!«
    Der Kommissar parkte vor dem Garagentor.
    Kluftinger läutete. Zu seinem Erstaunen tönte im Haus kein Gong oder eine Orgelsinfonie, er hörte lediglich eine schlichte, mechanische Klingel. Im Haus rührte sich nichts. Noch einmal drückte er den Klingelknopf.
    »Ja?«, meldete sich eine leise Frauenstimme über die Sprechanlage. Nun musste er Taktgefühl beweisen, musste einfühlsam sein, psychologisch vorgehen. Die Äderchen an Kluftingers Nase wurden tiefrot. Er fühlte sich nicht wohl, seine Kopfhaut juckte. Todesnachrichten zu überbringen gehörte ganz und gar nicht zu seinen Stärken.
    »Kluftinger, Kripo Kempten. Frau Sutter, es geht um ihren Mann«, sagte der Kommissar und bückte sich dabei, um den Mund ganz nah an die Sprechanlage zu bringen. »Würden Sie uns bitte kurz reinlassen?«
    Sofort surrte der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher