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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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noch eine rudimentäre Linie erkennbar war, große Steine. Er konnte sich gut vorstellen, dass hier einmal eine Burg gestanden hatte. Es hatte früher hier viele solcher Bauwerke gegeben, sein Heimatdorf Altusried führte sogar eine Ruine im Wappen.
    Damit war nun auch die Frage geklärt, was der große Stein zu bedeuten hatte, der ihm vorher aufgefallen war.
    »Ich habe jetzt erst mal keine Frage mehr an Sie. Aber es kann natürlich sein, dass wir noch mal kommen oder Sie zu uns kommen müssen. Falls Ihnen also noch was einfällt, melden Sie sich.« Der Kommissar wusste nicht, wie oft er dieses Sprüchlein schon aufgesagt hatte.
    »Jetzt kümmern Sie sich wieder um Ihre Frau.«
    Gassner blickte nach links. Seine Frau saß mit einer geblümten Kittelschürze über einem dunkelblauen Kleid in der offenen Tür eines Krankenwagens und redete mit einer Sanitäterin in weißen Hosen und orangefarbener Weste. Das heißt: Eigentlich redete sie nicht, sie schluchzte ununterbrochen in ein Taschentuch, das sie sich vors Gesicht presste. Gassner sah zu Kluftinger, zuckte mit den Achseln und stand auf.
    ***
    Etwa eine Dreiviertelstunde später saßen Maier, Strobl und Hefele im Büro ihres Chefs. Keiner sagte ein Wort. Alle standen noch unter dem Eindruck des grausigen Fundes. Was Kluftinger hier gesehen hatte, würde ihm für einige Zeit den Appetit rauben, da war er sicher. Im Moment jedenfalls konnte er sich nicht vorstellen, überhaupt jemals wieder einen Bissen hinunterzubringen.
    Eine Frage lag in der Luft, doch keiner wollte sie stellen.
    Sandra Henske, Kluftingers hübsche, wenn auch manchmal etwas zu grell geschminkte Sekretärin, steckte den Kopf zur Tür herein. Sie wollte fragen, ob sie einen Kaffee machen sollte, schwieg aber ebenfalls, als sie die gedrückte Stimmung bemerkte. Die gebürtige Dresdnerin wusste zwar noch keine Details über den Fall, war aber darüber informiert worden, dass eine Leiche gefunden worden war. Der »Bürosonnenschein«, wie Kluftinger sie einmal genannt hatte, hätte gerne mehr Details erfahren. Sie liebte spektakuläre Fälle im Kommissariat, denn dann lief das Telefon heiß, die Presse rief an, es rührte sich was. Im Moment traute sie sich aber nicht, die Stille mit einer Frage nach Einzelheiten zu durchbrechen. »So schlimm?«, fragte sie deswegen verständnisvoll in Kluftingers Richtung.
    »Schlimmer, Fräulein Henske, glauben Sie mir. Viel schlimmer«, antwortete er mit leiser Stimme.
    Als sie die Tür wieder geschlossen hatte, räusperte sich der Kommissar, blickte von seinem Schreibtisch aus auf die Kollegen in der Sitzgruppe und stellte endlich die Frage: »Was hat das mit dem Vogel zu bedeuten?«
    Sie schauten sich ratlos an. Maier ergriff das Wort: »Ich habe mal einen Film gesehen, da … «
    »Ach, hör mir doch auf mit deinen Filmen«, fiel ihm Hefele ins Wort.
    »Lass Richard doch ausreden«, schaltete sich Kluftinger ein.
    Alle Augen waren nun auf Maier gerichtet, der am Rande der Couch saß und nervös mit den Knöpfen seines Cordsakkos spielte.
    »Also, da waren auch so komische Morde und der Täter hat immer einen Hinweis zurückgelassen. So denk ich mir das halt.« Er blickte seine Kollegen unsicher an. Zwei, drei Sekunden war es still, dann sagte Hefele: »Das war jetzt ja ein ganz wichtiger Beitrag.«
    »Jeder muss hier sagen können, was er denkt. Und es stimmt schon, was Richard sagt«, verteidigte Kluftinger halbherzig seinen Kollegen.
    »Es sieht aus wie ein Rätsel«, fühlte sich nun auch Strobl zu einem Beitrag ermutigt.
    »Ein Rätsel, ja«, sagte Kluftinger nachdenklich und spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. Dann stand er ruckartig auf und sagte: »Das müssen wir jetzt lösen.«
    In geschäftigem Tonfall fuhr er fort: »Zuerst müssen wir natürlich rausfinden, um wen es sich handelt. Gibt es von den Vermisstenanzeigen schon was Neues?«
    »Ich kümmere mich gleich mal darum«, sagte Hefele und stand ächzend auf. Kluftinger bemerkte zum ersten Mal, dass sein rundlicher Kollege im Stehen kaum größer wirkte als im Sitzen. »Gut. Ihr zwei setzt euch gleich mal mit der Spurensicherung in Verbindung. Macht denen ein bisschen Druck. Irgendwas müssen die doch finden. Reifenspuren, Fußabdrücke oder so. Ich steig dem Pathologen mal auf die Zehen, dass wir die Ergebnisse möglichst schnell kriegen.«
    Als sich alle erhoben hatten und das Zimmer verlassen wollten, fiel Kluftinger noch etwas ein. »Ach ja, das mit dem Vogel halten wir vorerst mal unter
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