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Erloschen

Erloschen

Titel: Erloschen
Autoren: Alex Kava
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das war die verlässliche Ankündigung übelster Kopfschmerzen. Sie begannen immer mit einem scharfen Stechen in der linken Schläfe, das bald durch ihren ganzen Kopf wirbeln würde.
    Am Ende setzte es sich hinten im Nacken fest und drückte von dort in Form eines dumpfen Dauerschmerzes auf ihr Hirn, der sie in den Wahnsinn trieb. Nicht einmal Schlaf – und sie schlief ohnedies selten und kurz – brachte Linderung. Maggie hatte keine Ahnung, ob ihre Schlaflosigkeit von den Albträumen herrührte oder ob sie die Angst vor den Albträumen wach hielt. Sie wusste bloß, dass jeder Schlaf, egal wie kurz, mit einer Filmversion ihrer Erinnerungen einherging – und zwar in der extra gruseligen, verdichteten Horrorversion. Die neueste Folge dieser Serie enthielt Ausschnitte von vor vier Monaten: Teenager, die in einem dunklen Wald überfallen werden, zwei per Elektroschocker hingerichtet, der Rest verletzt und ängstlich wimmernd.
    Maggies Finger glitten wieder über die Narbe unter ihrem Haar. Es ist bloß eine Narbe von vielen, sagte sie sich und wünschte, sie könnte sie einfach vergessen. Ohne die Kopfschmerzen gelang ihr das auch wenigstens für ein oder zwei Tage.
    Letzten Oktober war sie angeschossen worden … am Kopf. Genau genommen hatte die Kugel ihre Schläfe gestreift. Es war wohl zu viel verlangt, so schnell vergessen zu wollen. Schön wäre allerdings, wenn sich nicht jeder um sie herum ständig daran erinnern würde. Deshalb erzählte sie niemandem von den Kopfschmerzattacken.
    Ihr Chef, Assistant Director Raymond Kunze, hielt sie so oder so schon für »angeschlagen«, »verändert« und »zeitweilig dienstuntauglich«. Bisher hatte sie seine beharrlichen Versuche, sie zum Psychologen zu schicken, erfolgreich abwehren können. Als Druckmittel nutzte sie, dass Kunze sich die Schuld gab, weil er sie den Umweg hatte machen lassen, der sie beinahe das Leben gekostet hätte. Nicht dass Kunze jemals die Verantwortung dafür übernehmen würde. Stattdessen gab er vor, zu Weihnachten immer leicht sentimental zu werden, und hatte ihr deshalb die Untersuchung erspart. Komisch, denn wenn Maggie an Kunze und Weihnachten dachte, konnte sie ihn sich prima als den Grinch vorstellen, der das Weihnachtsfest stahl. Und nun, da Weihnachten längst vorbei war, würde er wohl erneut auf eine psychologische Evaluation drängen.
    Deborah fand Robert Mitchum exakt in dem Augenblick, in dem Maggie feststellte, dass es nach wie vor verbrannt roch. War der Rauch gar kein Teil ihres Albtraums gewesen? War hier im Haus ein Feuer ausgebrochen?
    In der dunklen Ecke des Bildschirms sah sie eine Be wegung. Das waren keine Flammen, sondern ein Flackern, das nicht zum Film gehörte. Die Spiegelung einer Gestalt. Ein Mann schlich durch den Türrahmen hinter ihr.
    Jemand war in ihrem Haus.

3
    Die Hunde waren weg.
    Es hätte Maggie früher auffallen müssen, denn die bei den lagen immer zu ihren Füßen.
    Sie blickte sich im dämmrigen Wohnzimmer um, sank tiefer ins Sofa und verhielt sich still. Es war besser, wenn der Einbrecher dachte, er wäre unbemerkt geblieben. Womöglich hatte er sie nicht gesehen. Er war jedenfalls noch in der Küche.
    Maggie behielt die Bildschirmecke im Blick. Falls er hinter ihr auftauchte, könnte sie ihn dort sehen.
    Oder nicht?
    Mit den wechselnden Filmbildern veränderte sich auch die Spiegelung.
    Maggie überlegte, wo ihre Waffen waren. Ihre verlässliche Smith & Wesson lag oben im Schlafzimmer. Eine Sig Sauer war in der untersten Kommodenschublade im Flur. Im Haus waren ihr Waffen stets überflüssig er schienen. Nach ihrem Einzug hatte sie als Erstes die modernste Alarmanlage eingebaut. Und auch draußen hatte sie für Barrieren gesorgt. Von den zwei superwachsamen Hunden ganz zu schweigen, die niemals einen Fremden ins Haus lassen würden. Doch nun bekam es Maggie mit der Angst.
    Wo steckten Harvey und Jake?
    Der Gedanke, dass ihren Hunden etwas zugestoßen sein könnte, war ihr unerträglich.
    Ein leises Klicken, gefolgt von einem hörbaren Luftzug, erklang aus der Küche. Ihr Einbrecher hatte den Kühlschrank geöffnet.
    Maggie rutschte noch tiefer in die Lederpolster.
    Sie wartete lauschend.
    Behutsam glitt sie von der Couch auf den Fußboden. Jetzt hätte sie einen Teppich gebrauchen können, der ihre Schritte dämpfte. Aber leider hatte sie genau deshalb nicht einen Fetzen Teppich im Haus: Nicht weil sie die schönen Holzdielen so liebte, sondern weil ein Bodenbelag jegliche Schrittgeräusche
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