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Erloschen

Erloschen

Titel: Erloschen
Autoren: Alex Kava
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konnte? Und wenn die Leute es sich leisten konnten, wieso sollten sie sich dann keinen zusätzlichen Schutz kaufen? Um diese Fragen kreisten ihre Diskussionen. Na ja, man konnte wohl eher von Streitereien sprechen.
    »Und was ist«, konterte sie regelmäßig, »wenn du an einem brennenden Haus vorbeifahren musst, weil du den Auftrag hast, eines ein paar Meilen weiter zu löschen?«
    Daraufhin zuckte Patrick nur grinsend mit den Schultern. Sein Grinsen erinnerte Maggie an ihren Vater. Im Moment jedoch sah Patrick bloß wie ein erschöpfter, ausgehungerter Fünfundzwanzigjähriger aus.
    Er kam offenbar geradewegs von einem Brand. Überall in seinem Gesicht waren Rußspuren, und in seinem schweißnassen Haar drückte sich noch der Rand seines Helms ab. Ein Haarwirbel vorne – der gleiche wie bei ihrem Vater – stand vom Kopf ab, und Maggie hätte am liebsten mit der Hand darüber gestrichen, genau wie sie es jedes Mal tat, wenn sie von ihrem Vater im offenen Sarg träumte. Das war es, was den Albtraum ausgelöst hatte: Sie hatte Rauch gerochen, weil Patrick nach ihm stank.
    »Kommst du direkt vom Einsatz?«, fragte sie und versuchte, sich zu erinnern, wo er die letzte Woche gewesen war.
    »Ja.«
    Er ließ den Pizzakarton auf der Kücheninsel stehen und öffnete sich eine Dose Pepsi light. Dann machte er Anstalten, sich auf einen der Barhocker zu setzen, sprang aber gleich wieder wie von der Tarantel gestochen auf.
    »Entschuldige. Ich muss ziemlich stinken.« Mit einem Pizzastück in der einen und der Pepsi in der anderen Hand guckte er sich zu dem Hocker um, ob er ihn nicht schmutzig gemacht hatte.
    »Ist schon gut. Setz dich hin.«
    Maggie nahm sich ebenfalls ein Stück Pizza, setzte sich auf den anderen Hocker und wies auf den Platz neben sich.
    Er zögerte. Es gefiel Maggie nicht, wie zurückhaltend und höflich er ihr gegenüber nach wie vor war. Als würde er nur darauf warten, dass sie es sich anders überlegte und die Türschlösser austauschte. Was natürlich ihre Schuld war. Sie trennten zwölf Jahre, und Maggie hätte die Reifere sein müssen. Was für ein Witz! Sie hatte keinen Schimmer von Familienleben, weil sie zu allen und jedem einen sicheren Abstand wahrte. Seit ihrer Scheidung vor langer Zeit hatte sie mit niemandem mehr zusammengewohnt.
    Ausgenommen Harvey und Jake.
    Nun war es an ihr, vom Barhocker zu springen.
    »Wo sind die Hunde?«
    Die Panik aus ihrem Albtraum meldete sich zurück, war deutlich in ihrer Stimme zu hören.
    »Ich habe sie in den Garten gelassen.« Auch Patrick war wieder aufgesprungen.
    Mit drei Schritten war Maggie an der Hintertür, tippte den Sicherheitscode ein und schaltete das Veranda licht an.
    »Jake hat sich neulich unterm Zaun durchgegraben.« Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Einer der Nachbarn hat gesagt, er erschießt ihn, wenn er ihn das nächste Mal in seinem Vorgarten erwischt.«
    »Das ist ein Scherz, oder? Total bekloppt.«
    Aber Patrick war neben ihr, als sie die Tür aufriss.
    Aus der Dunkelheit kamen beide Hunde angelaufen, ein schwarzer und ein gelber, Seite an Seite, mit hängenden Zungen und erdverkrusteten Schnauzen.
    »Anscheinend hat er Harvey als Aushilfsgärtner engagiert.« Patrick lachte.
    Das war tatsächlich witzig, und Maggie lächelte. Trotz der beklemmenden Enge in ihrer Brust war sie erleichtert. Vor vier Monaten hatte Jake ihr das Leben gerettet. Sie wollte ihm das Gefühl geben, hier sicher zu sein, endlich ein Zuhause zu haben, und dennoch büxte er immer wieder aus, als würde sie ihn in seiner Freiheit beschneiden. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, ihn aus den Weiten der Nebraska Sandhills hierher zu verfrachten. Maggie wollte ihn retten, so wie Harvey, aber vielleicht hatte Jake gar kein Interesse daran, gerettet zu werden.
    Die Hunde stürzten sich auf ihre Wasserschale und schlürften sie leer, wobei sie Erdkrümel darin verteilten. Patrick und Maggie wandten sich wieder ihrer Pizza zu. Da klingelte Maggies Handy.
    Sie blickte auf ihre Uhr. Siebzehn Minuten nach eins. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Unwillkürlich dachte sie an ihre Mutter. Ihre katholische Erziehung impfte ihr ein permanent schlechtes Gewissen ein, das sich in verlässlichen Abständen meldete, weil sie ihrer Mutter nicht erzählt hatte, dass Patrick bei ihr wohnte. Was eigent lich gar kein Problem war, denn ihre Mutter besuchte sie äußerst selten. Maggie griff nach ihrem Telefon und sah auf die Nummer im Display.
    »Hallo, Detective Racine«, begrüßte
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