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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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er. »Aber selbst wenn, sollen sie doch kommen. Von hier aus überblicken wir den ganzen Fjord bis rüber nach Frederikssund. Wir sehen das Blaulicht schon, wenn sie über die Brücke fahren. Bis die da sind, hab ich also reichlich Zeit, zu tun, was zu tun ist.«
    »Die kommen von Süden her, aus Roskilde, Sie sehen einen Dreck, Sie Idiot«, sagte der Polizist. »Lassen Sie uns laufen und ergeben Sie sich freiwillig. Dann sind Sie in fünfzehn Jahren draußen. Bringen Sie uns um, sind Sie ein toter Mann, das verspreche ich Ihnen. Von meinen Kollegen erschossen. Oder Sie verrotten lebenslänglich im Knast, das kommt aufs Gleiche raus. Polizistenmörder überleben nicht in unserem System.«
    Er lächelte. »Was für einen Scheiß Sie da reden! Wenn Sie meine Fragen nicht beantworten, liegen Sie in   …«, er sah auf seine Armbanduhr, »…   zwanzig Minuten in dem Öltank, der da im Schuppen steht. Sie und die Kinder und Ihr Partner. Und wissen Sie was?«
    Er schob seinen Kopf ganz dicht vor Carls Gesicht. »Ich bin dann weg.«
    Jetzt wurden die Schläge im Bootshaus lauter. Sie klangen härter, hatten auf einmal einen metallischen Unterton. Instinktiv sah er auf den Boden, wo er den Hammer hingeworfen hatte, ehe er das Mädchen aufhob.
    Sein Instinkt trog ihn nicht. Der Hammer war weg. Das Mädchen hatte ihn sich gegriffen, ohne dass es ihm aufgefallen war. Er selbst hatte ihn zusammen mit ihr nach drinnen geworfen. Verdammter Scheißdreck! Also war sie doch nicht so weit weg gewesen, wie er geglaubt hatte, diese schlaue kleine Ratte.
    Langsam zog er das Messer aus dem Gürtel. Dann musste er also zuerst dort drüben tätig werden.

52
    Auf eine sehr merkwürdige Weise hatte Carl überhaupt keine Angst. Er hegte nicht den geringsten Zweifel, dass der Mann vor ihm verrückt genug war, um ihn ohne mit der Wimper zu zucken umzubringen. Aber alles wirkte so ungeheuer friedlich. Die Wolken zogen über den Himmel und verdeckten immer wieder den Mond. Das Wasser schwappte leise. Die Gerüche waren so intensiv. Selbst das Brummen des Generators hinter ihm hatte irgendwie etwas Beruhigendes.
    Vielleicht wirkte der Schlag noch nach. Das wilde Pochen in seinem Kopf übertraf noch den Schmerz in Arm und Schulter.
    Da hämmerte der Junge wieder gegen die Tür. Diesmal noch kräftiger.
    Er sah den Mann an, der gerade ein Messer aus dem Gürtel gezogen hatte.
    »Sie würden wohl gern wissen, wie wir Sie gefunden haben, was?« Carl spürte, wie das Gefühl in seine auf dem Rücken gefesselten Hände zurückkehrte. Er sah nach oben in den Nieselregen. Die Feuchtigkeit sorgte dafür, dass sich die Schnur dehnte. Er musste also Zeit gewinnen.
    Der Blick des Mannes war granithart. Aber sein Mund reagierte für den Bruchteil einer Sekunde mit einem Zucken.
    Er hatte also recht. Dieses Schwein brannte darauf, zu erfahren, wie sie ihm auf die Schliche gekommen waren.
    »Es war einmal ein Junge, der hieß Poul. Poul Holt, erinnern Sie sich an ihn?«, fragte Carl und tauchte die Schnur in die Pfütze hinter sich. »Er war ein bisschen eigen«, fuhr er fort und nickte dem Mann zu, während die Hände hinter seinem Rücken arbeiteten.
    Dann schwieg er erst einmal. Er hatte es mit seiner Geschichte nicht eilig. Egal, ob die Schnüre hielten oder nicht: Je mehr Zeit verstrich, umso länger lebten sie. Er musste lächeln. Das hier war wie ein auf den Kopf gestelltes Verhör. Ein Verhör mit vertauschten Rollen. Welche Ironie.
    »Und? Was war mit diesem Poul?«, drängte der Mann vor ihm.
    Carl lachte. Nun wurden die Abstände zwischen den Schlägen gegen die Bootshaustür länger, aber sie klangen präziser.
    »Ja, das ist lange her, nicht wahr? Können Sie sich noch erinnern? Das Mädchen dort drinnen war noch nicht mal geboren. Sie denken vielleicht nie an Ihre Opfer? Nein, das tun Sie natürlich nicht. Natürlich nicht.«
    Da veränderte sich der Gesichtsausdruck des Mannes in einer Weise, dass Carl eine Gänsehaut bekam.
    Mit einem Ruck richtete er sich auf und hob das Messer über Assads Hals. »Sie antworten auf der Stelle und direkt, oder Sie hören in einer Sekunde diesen Kerl in seinem eigenen Blut röcheln.«
    Carl nickte und zerrte an den Schnüren. Dieser Scheißkerl meinte, was er sagte.
    Aber erst einmal rief er zum Bootshaus: »Samuel, wenn du weiter so hämmerst, wirst du obendrein noch leiden, ehe du stirbst. Das kannst du mir glauben.«
    Sekundenlang hörten die Schläge auf. Dafür wurde das Weinen des Mädchens lauter.
    Dann
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