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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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schnell …
    Angst erfüllte ihn, als er mit dem Auto auf den ausgefahrenen Feldweg abbog, der ihn zurück zu der Kapelle bringen würde.
    Und dann hörte er Angelica schreien.
    Nicht mit den Ohren hörte er ihre Schreie. Im Geiste. Das Band zwischen ihnen ließ ihn ihre Empfindungen spüren. Und sie hatte schreckliche Angst … oder Schmerzen. Oder beides.
    Dann verstummten ihre Schreie, und Jameson hörte nichts mehr. Er trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch; die Reifen wirbelten Staubwolken auf, während er über die schmale Straße raste. Er nahm die engen Kurven so schnell, dass er fast von der Fahrbahn abgekommen wäre und mit Leibeskräften am Lenkrad zerren musste, um wieder in die Spur zu kommen. Aber er raste weiter und wurde nicht einen Moment das schreckliche Gefühl los, dass er sie nicht hätte zurücklassen sollen. Angel und Amber. Er hätte sie nicht eine Minute allein lassen dürfen.
    Vor ihm leuchtete der Himmel. Schwarzer Rauch stieg zu den Wolken empor wie der Atem des Teufels. Er raste um eine Kurve und kam mit quietschenden Reifen vor der Kapelle zum Stillstand, doch die Kapelle gab es nicht mehr. Es war ein Albtraum. Das winzige Gebäude war schon fast bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Nichts Identifizierbares blieb übrig. Nur eine unförmige Masse aus Feuer und Rauch, ein Haufen brennenden Gerölls.
    Er riss die Tür auf, sprang hinaus, rannte los, schirmte das Gesicht mit einem angewinkelten Arm ab und spürte schon, wie sich Brandblasen auf seiner Haut bildeten.
    „Kommen Sie da weg“, hörte er eine kaum vernehmliche Stimme über das Tosen der Flammen hinweg. „Sie sind zu dicht dran.“
    Es schien, als könnte er keinen klaren Gedanken fassen, und trotz der Hitze fröstelte ihn am ganzen Körper. Er drehte sich um und sah die blonde Frau, die ihr Kind auf den Armen hielt. Sie schluchzte und streckte eine Hand nach ihm aus.
    „Angelica. Meine Tochter, wo sind sie?“
    Doch die Frau schüttelte nur schluchzend den Kopf.
    Unmittelbar vor ihr blieb er stehen. „Was zum Teufel ist hier passiert? Sagen Sie es mir, verdammt!“
    „Ich weiß nicht“, sagte sie mit gebrochener und kläglicher Stimme. „Ich war gerade fort, als die Kapelle … als wäre eine Bombe darin explodiert! Gott, es war schrecklich! Einfach schrecklich.“
    Nein . Nein, flüsterte sein Verstand. „Angelica und das Baby waren noch in der Kapelle?“ Er drehte sich um und sah wieder zu der brennenden Ruine, wollte in die Flammen rennen, aber sie nahm seinen Arm und hielt ihn auf.
    „Sie hatten keine Chance. Gott segne sie. Es tut mir so leid.“
    „Nein!“ Er starrte auf das Feuer, den Trümmerhaufen und wusste, wenn sie zum Zeitpunkt der Explosion tatsächlich in der Kirche gewesen waren, dann mussten sie jetzt tot sein. Beide. Tot. Glühend heiße Tränen brannten auf seinem Gesicht. Er ballte die Fäuste. „Nein!“, schrie er wieder, und dann legte er den Kopf in den Nacken und heulte vor Kummer und Trauer und hilfloser Wut. Und seine übernatürliche Stimme hallte durch die Nacht wie ein Schrei zum Himmel und drang mit ihrer Macht durch das Firmament und die Wälder.
    In dieser Nacht hörten sie einen seltsamen Schrei in Petersville. So laut und wehklagend, dass er wie Donner grollte und mit endlosen Echos verstummte. Ein Laut, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der einem das Herz brechen und gleichzeitig eine Gänsehaut verschaffen konnte. Manche sagten, dass es der Schrei eines verwundeten Tiers gewesen wäre, allerdings wagte kaum einer, Spekulationen darüber anzustellen, was für eine Art von Tier zu so einem Schrei fähig sein könnte. Aber die meisten schienen der festen Überzeugung zu sein, dass sie die Stimme des Teufels höchstpersönlich gehört hatten.

Keith
    15. KAPITEL
    Meine Tochter war wunderschön. Und gesund.
    Und sterblich.
    Susan, so hieß die Frau, versicherte mir, dass Amber Lily die Nacht durchgeschlafen hatte. Und was für einen gesegneten Appetit sie hatte. Ich konnte das trotz meiner überwältigenden Gefühle sehr wohl einschätzen. Sie gab meiner kleinen Tochter dieselbe Babynahrung wie ihrer. Sie sagte, Amber Lily hätte schon zwei Pfund zugenommen und ihr Haar würde immer dichter und lockiger werden.
    Sie war eine Sterbliche. Sie würde wachsen und sich verändern wie ein sterbliches Kind. Ich wusste nicht, welche Vampireigenschaften sie von mir geerbt haben mochte, wenn überhaupt. Aber ich war so erleichtert, dass sie sich nicht wie ihre Eltern
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