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Erinnerung Des Herzens

Erinnerung Des Herzens

Titel: Erinnerung Des Herzens
Autoren: Nora Roberts
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wickelte sich aus seinem Parka.
    Als sie sich umdrehte, hatte er die tropfende Jacke bereits aufgehängt und holte sich ein Plätzchen aus dem Weidenkorb, der auf dem Küchenbüfett stand. Sein nasses Haar war wie ihres dunkelblond. Er hatte ihre zierliche Statur, was ihn, wie sie wusste, oft ärgerte. Sein kleines Gesicht war mager, den Babyspeck hatte er früh verloren. Das eigensinnige Kinn war gleichfalls ein Erbteil seiner Mutter. Aber im Gegensatz zu ihren kühlen grauen Augen hatten seine die Farbe goldbraunen Brandys. Darin bestand seine einzige äußere Ähnlichkeit mit seinem Vater.
    »Nur zwei«, sagte sie automatisch. »In zwei Stunden gibt es Abendbrot.«
    Brandon kaute und fragte sich, wann er anfangen konnte, sie zu bitten, schon heute ein Päckchen öffnen zu dürfen. Er konnte die Spaghettisoße schon riechen, die auf dem Ofen stand, und leckte sich den Zuckerguß genüßlich von den Lippen. Am Weihnachtsabend aßen sie immer Spaghetti, weil das seine Lieblingsspeise war.
    In diesem Jahr feierten sie Weihnachten in ihrem eigenen Haus, aber er wusste genau, was wann geschehen würde. Sie würden im Speisezimmer zu Abend essen, weil es ein besonderer Tag war, und anschließend abwaschen. Dann würde seine Mutter Musik anstellen, und sie würden sich mit Brettspielen vor den Kamin setzen. Später würden sie dann die Strümpfe füllen.
    Er wusste, dass es keinen Santa Claus gab, aber es machte Spaß, selber Santa Claus zu spielen. Wenn die beiden Strümpfe gefüllt waren, würde er seine Mutter so weit haben, dass sie ihn ein Päckchen öffnen ließ. Er wusste genau, welches er auswählen würde. Es war in silbernes und grünes Papier eingewickelt und rasselte, wenn man es hin und her bewegte. Er hoffte inständig, dass es einen Konstruktionsbaukasten enthielt.
    Er stellte sich vor, wie er morgen seine Mutter ganz früh wecken würde, und wie sie herunterkommen, die Baumbeleuchtung einschalten, die Musik und dann die Geschenke öffnen würden.
    »Es ist noch eine schrecklich lange Zeit bis morgen früh«, fing er an, als Julia die Schokolade brachte. »Vielleicht könnten wir unsere Geschenke schon heute Abend auspacken. Das machen viele Leute, dann brauchst du auch morgen nicht so früh aufzustehen.«
    »Oh, das macht mir nichts aus.« Julia lächelte ihm zu. Es war ein ausgesprochen herausforderndes Lächeln. Beide wussten, das Spiel hatte begonnen. »Aber wenn du lieber ausschlafen möchtest, kannst du das ruhig machen. Wir öffnen die Geschenke dann am Nachmittag.«
    »Es ist besser, wenn es dunkel ist. Jetzt wird es dunkel.«
    »Ja, das ist wahr.« Sie strich ihm das Haar aus der Stirn.
    »Ich liebe dich, Brandon.«
    Er rutschte auf seinem Stuhl herum. Das war nicht die richtige Art, das Spiel durchzuziehen. »Okay.«
    Sie musste lachen. Sie rückte ihren Stuhl neben seinen. »Ich muss über eine bestimmte Sache mit dir reden. Vorhin habe ich einen Anruf von Ann bekommen.«
    Brandon wusste, dass Ann die Agentin seiner Mutter war, und dass es sich bei dem Anruf um einen Auftrag gehandelt haben musste.
    »Wirst du wieder verreisen müssen?«
    »Nein. Nicht sofort. Es handelt sich um ein neues Buch. In Kalifornien lebt eine Frau, ein sehr großer Star. Sie will, dass ich ihre autorisierte Biographie schreibe.«
    Brandon zuckte mit den Schultern. Seine Mutter hatte bereits zwei Bücher über Filmstars geschrieben. Über alte Leute. Nicht über so interessante wie Arnold Schwarzenegger oder Harrison Ford. »Okay.«
    »Aber es ist ein kleines Problem dabei. Diese Frau, Eve Benedict, ist ein großer Star. Ich habe ein paar Filme auf Cassetten.«
    Der Name bedeutete ihm nichts. Er trank seine Schokolade. Auf seiner Oberlippe bildete sich ein kleiner brauner Schnurrbart.
    »Diese scheußlichen Schwarzweißfilme?«
    »Nicht alle sind schwarzweiß. Es geht darum, wenn ich ihr Buch schreibe, muss ich nach Kalifornien gehen.«
    Jetzt blickte er mit wachsamen Augen auf. »Wir müssen umziehen?«
    »Nein.« Sie schaute ihn ernst an und legte die Hände auf seine Schultern. Sie verstand, wieviel dieses Zuhause ihm bedeutete. Er hatte in seinem Leben nie irgendwo wirklich heimisch werden können, sie konnte ihm das nicht antun. »Nein, wir müssen nicht umziehen, aber wir müßten nach Kalifornien gehen und ein paar Monate dort bleiben.«
    »Eine Reise also?«
    »Eine sehr lange. Deshalb müssen wir darüber nachdenken. Du müßtest eine Zeitlang dort zur Schule gehen, und ich weiß, dass du dich hier gerade erst
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