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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger
Autoren: Henry Rider Haggard
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saßen, und die Blitze ihrer Augen sich auf Skallagrims Harnisch und Eriks goldenem Helm spiegelten. Sie fuhr über sie hinweg, deutete dabei zu Boden, und siehe da, sie war verschwunden. Dunkelheit und Stille legten sich wieder über das Land.
    Nun sah Jon der Knecht diesen Anblick auch, und er berichtete in seiner Geschichte von Eriks Taten davon. Denn Jon hielt sich in einem Versteck auf dem Moosberg verborgen und wartete ab, was sich wohl ereignen würde.
    Eine Weile hielten Erik und Skallagrim einander fest. Dann sprach Skallagrim.
    »Wir haben die Walküren gesehen«, sagte er.
    »Nein«, gab Erik zurück, »wir haben die Nornen gesehen – die gekommen sind, um uns vor unserem Schicksal zu warnen. Morgen werden wir sterben.«
    »Wenigstens werden wir nicht allein sterben«, sagte Skallagrim. »Wir hatten uns auf diesem Koboldschiff ein gutes Bett bereitet, und alle Widersacher scheinen wir allein getötet zu haben. Es ist nicht schlecht, auf diese Art zu sterben, Herr!«
    »Nicht schlecht!« sagte Erik. »Und doch bin ich des Blutvergießens und des Kämpfens überdrüssig, und auch des Ruhms und meiner Kraft. Nun möchte ich nur noch ruhen. Zünde ein Feuer an – ich kann die Dunkelheit nicht mehr ertragen, das Mark gefriert mir in den Knochen.«
    »Unsere Feinde könnten das Feuer sehen«, sagte Skallagrim.
    »Das macht nichts mehr«, sagte Erik, »wir sind dem Tod geweiht.«
    So zündete Skallagrim das Feuer an, indem er viel Unterholz und darüber trockenen Torf aufschichtete, bis es schließlich hell brannte und Licht auf die gesamte Ebene und schwere Schatten auf die dahinterliegenden Felsen warf. Sie saßen eine Weile so im Flammenschein und blickten in den tiefen Abgrund, als plötzlich ein Geräusch erklang, als stiege jemand aus der Schlucht empor.
    »Wer kommt denn nun und klettert, wo kein Mensch den Berg ersteigen kann?« rief Erik, ergriff Weißfeuer und sprang auf die Füße. Sofort sank er wieder mit bleichem Gesicht und entsetzten Augen zurück und deutete auf den Rand des Abgrundes. Dort hoben sich die Schultern eines Mannes aus den Schatten über die Kante, und seine Hände umklammerten den Fels. Aber auf den Schultern saß kein Kopf. Die Gestalt des kopflosen Mannes zog sich langsam über den Rand empor, trat langsam in den Lichtschein des Feuers und setzte sich neben den prasselnden Flammen nieder, die wie von einem Windstoß getrieben zurückfuhren. Bleich vor Schrecken musterten Erik und Skallagrim das kopflose Ding und erkannten es. Es war die Erscheinung des Berserkers, den Hellauge getötet hatte – der allererste Mann, den er getötet hatte.
    »Es ist mein Gefährte, Erik, den du vor Jahren tötetest und dessen Kopf zu dir gesprochen hat!« keuchte Skallagrim.
    »Sicher, er ist es«, sagte Erik, »aber wo mag nur sein Kopf sein?«
    »Vielleicht wird auch er noch erscheinen«, gab Skallagrim zurück. »Sicher sind hier böse Kräfte am Werk. Sag, Herr, soll ich über ihn herfallen, obwohl ich mich nicht nach diesem Kampf dränge?«
    »Nein, Skallagrim, laß ihn bleiben; er ist nur gekommen, um uns vor dem Schicksal zu warnen. Überdies kann man Geister nur auf eine Weise endgültig zur Ruhe betten – indem man ihnen den Kopf abtrennt und ihn neben den Füßen begräbt. Aber dieser hier hat keinen Kopf, den man abtrennen kann.«
    Während er so sprach, wandte der kopflose Mann die Schultern um, als wolle er etwas betrachten. Wieder folgte das Geräusch von Schritten, und siehe, von beiden Seiten marschierten Männer aus der Dunkelheit. Erik und Skallagrim sahen auf und erkannten sie. Es waren jene von Ospakars Leuten, die sie auf den Pferdekopfhöhen getötet hatten. All ihre Wunden waren offen, und angeführt wurden sie von Mord, Ospakars Sohn. Die Gespenster blickten mit kalten, toten Augen auf Erik und Skallagrim hinab und setzten sich dann gleichfalls ans Feuer. Nun erklang wieder das Geräusch von Schritten, und von allen Seiten strömten Leute herbei, die Eriks und Skallagrims Hände zu Tode gebracht hatten. Zuerst kamen die, die auf Ospakars Schiff gefallen waren, das Erik bei den Westman-Inseln versenkt hatte; dann die Besatzung der Rabe, die auf hoher See gestorben war. Wie ein jeder gestorben war, so kamen ihre Geister. Einige waren ertrunken, und von ihren Harnischen tropfte das Wasser. Einige waren an Speerstößen gestorben, und die Speere steckten noch in ihren Leibern. Einige waren unter Weißfeuers Aufblitzen und dem Gewicht von Skallagrims Axt gestorben, und
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