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Erich Kastner

Erich Kastner

Titel: Erich Kastner
Autoren: Baron von Munchhausen
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womöglich einige Leser glauben, ich hätte bis hierher dann und wann gelogen, so rate ich ihnen in ihrem eigensten Interesse, das Buch zuzuschlagen. Denn auf der nächsten Seite bereits folgen Abenteuer, die noch wunderbarer als die bisherigen, aber ebenso wahr sind.

DIE WETTE MIT DEM SULTAN
    Nach Jahren kam ich wieder in die Türkei. Diesmal aber nicht als Kriegsgefangener, sondern als Mann von Rang und Namen. Einige Botschafter stellten mich dem Sultan vor, der mich beiseite nahm und bat, einen ebenso wichtigen wie geheimen Auftrag für ihn in Kairo zu erledigen. Ich sagte zu und reiste kurz danach mit Pomp und Gefolge ab. Kaum hatten wir Konstantinopel verlassen, sah ich einen kleinen, dünnen Mann rasch wie ein Wiesel querfeldein rennen, und als er näher kam, entdeckte ich zu meinem Befremden, daß er an jedem Bein ein Bleigewicht von gut fünfzig Pfund trug. „Wohin so schnell?” rief ich. „Und was sollen die Gewichte?” „Ach”,

    meinte er, „ich bin vor einer halben Stunde in Wien weggelaufen und will mir in Konstantinopel eine neue Stellung suchen. Die Bleigewichte trag ich nur, damit ich nicht zu schnell renne. Ich hab ja heute keine Eile. Der Mann gefiel mir. Ich fragte, ob er mit mir reisen wolle. Und da wir rasch handelseinig wurden, zog er mit uns weiter. Durch manche Stadt und durch manches Land.
    Eines Tages sah ich nicht weit vom Weg einen Mann in einer Wiese liegen. Erpreßte sein Ohr auf den Boden, als wolle er die Maulwürfe bei ihrer Unterhaltung belauschen. Als ich ihn fragte, was er da treibe, gab er zur Antwort: „Ich höre das Gras wachsen.” „Das kannst du?” fragte ich. „Eine Kleinigkeit für mich”, meinte er achselzuckend. Ich engagierte ihn auf der Stelle. Leute, die das Gras wachsen hören, kann man immer einmal brauchen. An diesem Tage hatte ich überhaupt Glück. Auf einem Hügel gewahrte ich einen Jäger, der das Gewehr angelegt hatte und damit Löcher in die Luft schoß. „Was soll das?” fragte ich. „Wonach zielst und schießt du?” „Ach”, sagte er, „ich probiere nur das neue Ruchenreutersche Gewehrmodell aus. Auf der Turmspitze des Straßburger Münsters saß eben noch ein kleiner Sperling. Den hab ich heruntergeschossen.” Daß ich den Jäger mitnahm, versteht sich von selbst.
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    Wir zogen weiter und weiter, und eines Tages kamen wir am Libanongebirge vorüber. Dort stand vor einem Zedernwald ein untersetzter, kräftiger Bursche und zerrte an einem Strick, den er um den ganzen Wald geschlungen hatte. „Was soll das?” fragte ich erstaunt. „Ach”, sagte er, „ich soll Holz holen und habe die Axt zu Hause liegenlassen!” Mit diesen Worten riß er auch schon den Wald, mindestens einen Hektar im Umfang, nieder. Was tat ich? Natürlich nahm ich ihn mit. Er verlangte eine ziemlich hohe Schwerarbeiterzulage, aber ich hätte ihn nicht auf dem Libanon gelassen, auch wenn es mich mein ganzes Botschaftergehalt gekostet hätte.
    Als ich endlich in Ägypten eintraf, erhob sich mit einem Mal ein solcher Sturm, daß wir samt Pferden und Wagen umgeworfen und fast in die Luft gehoben wurden! In der Nähe standen

    sieben Windmühlen, deren Flügel sich wie verrückt um ihre Achsen drehten. Nicht weit davon lehnte ein dicker Kerl, der sich mit dem Zeigefinger das rechte Nasenloch zuhielt. Als er uns in dem Sturm zappeln und krabbeln sah, nahm er den Finger von der Nase und zog höflich den Hut. Mit einem Schlag regte sich kein Lüftchen mehr, und alle sieben Windmühlen standen still. „Bist du des Teufels?” rief ich ärgerlich. „Entschuldigen Sie vielmals, Exzellenz”, sagte er, „ich mach nur für den Windmüller ein bißchen Wind. Wenn ich mir nicht das rechte Nasenloch zugehalten hätte, stünden die Windmühlen gar nicht mehr auf ihrem alten Platz.” Ich engagierte ihn auf der Stelle. Wir zogen weiter nach Kairo. Als ich mich dort meines geheimen Auftrags entledigt hatte, entließ ich das gesamte Gefolge und behielt nur den Schnelläufer, den Horcher, den Jäger, den starken Burschen vom Libanon und den Windmacher in meinen Diensten.
    Beim Sultan stand ich nach der ägyptischen Reise in noch viel höherer Gunst als vorher. Jeden Mittag und Abend aßen wir zusammen, und ich muß sagen, daß seine Rüche besser war als die aller übrigen Herrscher, mit denen ich gespeist habe. Aber mit den Getränken sah es bitter aus, oje! Denn die Mohammedaner dürfen bekanntlich keinen Wein trinken. Das bereitete mir keinen geringen Kummer. Und, wie mir
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