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Erich Kastner

Erich Kastner

Titel: Erich Kastner
Autoren: Baron von Munchhausen
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VORWORT
    Eines steht fest, und daran ist nicht zu wackeln: Der Baron von Münchhausen, der in diesem Buch einige seiner Abenteuer erzählt, hat wirklich und richtig gelebt, und zwar vor etwa zweihundert Jahren. Er kam im Braunschweigischen zur Welt, hieß Hieronymus mit Vornamen und wurde, kaum aus der Schule, Offizier. Das war damals bei Söhnen aus dem Adel so üblich. Die Väter lebten auf ihren Gütern, gingen auf die Jagd, ritten durch die Felder, tranken roten Punsch und ließen ihre Söhne Offizier werden. Wenn die Väter alt wurden, riefen sie die Söhne zurück. Und nun gingen diese auf die Jagd, ritten durch die Felder, tranken roten Punsch und ließen wiederum ihre Söhne Offizier werden.
    Wann war das denn nun, damals? Es war zu der Zeit, als die Kaiserin Maria Theresia in Österreich, Friedrich der Große in Preußen und Katharina II. in Rußland regierten. Weil es überall Krieg gab, gab es überall Armeen, und weil es überall Armeen gab, brauchte man überall Offiziere. Und war im eigenen Lande wirklich einmal kein Krieg, so ritt man in ein anderes Land und trat in dessen Armee ein. Genauso ging es mit Hieronymus von Münchhausen. Als es ihm daheim zu langweilig wurde, trat er in die russische Armee ein. Und im Krieg zwischen Rußland und der Türkei wurde er gefangengenommen und erst nach einigen Jahren wieder freigelassen. Später rief ihn sein alter Vater heim nach Bodenwerder, so hieß ihr Gut und das kleine Schloß, und nun war Hieronymus der Gutsherr. Er zog die Uniform aus, ging auf die Jagd, ritt durch die Felder und trank roten Punsch. Söhne hatte er übrigens keine, und so konnte er sie auch nicht Offizier werden lassen. Davon abgesehen, lebte er wie die anderen Barone auch, und wir wüßten heute nichts mehr von ihm, hätte er nicht beim Punsch ganz erstaunliche Geschichten erzählt. So erstaunliche Geschichten, daß die anderen Barone, der Pfarrer, der Doktor und der Amtmann, die mit ihm am Tisch saßen, Mund und Nase aufsperrten. So erstaunliche Geschichten, daß sie von irgendwem heimlich aufgeschrieben und gedruckt wurden. Münchhausen war sehr ärgerlich und wollte den Druck verbieten lassen. Als er damit kein Glück hatte, starb er vor Wut. Und was an den Geschichten ist denn nun so erstaunlich? Sie stecken voll der tollsten Lügen! Mitten in Berichten über Reisen, die er
    wirklich gemacht, und über Kriege, an denen er wirklich teilgenommen hat, tischt Münchhausen uns Lügen auf, daß sich die Balken biegen! Durch Lügen kann man also berühmt werden? Freilich! Aber nur, wenn man so lustig, so phantastisch, so treuherzig und so verschmitzt zu lügen versteht wie Münchhausen, nicht etwa, um die Leser zu beschwindeln, sondern um sie wie ein zwinkernder Märchenerzähler mit ihrem vollen Einverständnis lächelnd zu unterhalten. Daß ihr mir nun also nicht nach Hause kommt und sagt: „Denk dir, Mama, ich hab eben mit einem Auto gesprochen, und das Auto meinte, morgen gäbe es Regen!” Durch solche Lügen wird man nicht berühmt. So zu lügen wie Münchhausen ist eine Kunst. Versucht es, bitte, gar nicht erst, sondern macht lieber eure Rechenaufgaben! Und dann, wenn sie fertig sind, lest Münchhausens „Wunderbare Reisen und Abenteuer zu Wasser und zu Lande”! Ich wünsch euch viel Vergnügen!

DAS PFERD AUF DEM KIRCHTURM
    Meine erste Reise nach Rußland unternahm ich mitten im tiefsten Winter. Denn im Frühling und im Herbst sind die Straßen und Wege in Polen, Kurland und Livland vom Regen so zerweicht, daß man steckenbleibt, und im Sommer sind sie knochentrocken und so staubig, daß man vor lauter Husten nicht vorwärts kommt. Ich reiste also im Winter und, weil es am praktischsten ist, zu Pferde. Leider fror ich jeden Tag mehr, denn ich hatte einen zu dünnen Mantel angezogen, und das ganze Land war so zugeschneit, daß ich oft genug weder Weg noch Steg sah, keinen Baum, keinen Wegweiser, nichts, nichts, nur Schnee. Eines Abends kletterte ich steif und müde von meinem braven Gaul herunter und band ihn, damit er nicht fortliefe, an einer Baumspitze fest, die aus dem Schnee herausschaute. Dann legte ich mich nicht weit davon, die Pistolen unterm Arm, auf meinen Mantel und nickte ein.
    Als ich aufwachte, schien die Sonne. Und als ich mich umgeschaut hatte, rieb ich mir erst einmal die Augen. Wißt ihr, wo ich lag? Mitten
in einem Dorf, und noch dazu auf dem Kirchhof! Donner und Doria! dachte ich. Denn wer liegt schon gerne kerngesund, wenn auch ziemlich verfroren, auf einem
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