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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig
Autoren: K. H. Scheer
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„Lassen Sie die Faxen und berichten Sie mir lieber, wie Ihre Wüstenausbildung verlaufen ist. Erfolg gehabt?“
     „Genau das, Sir“, sprach ich zur leuchtenden Bildfläche empor. Irgendwo in der Nähe mußte das Mikrophon hängen.
    Der Schatten eines Lächelns huschte über seine Lippen.
    „Wollte ich auch meinen. Okay, ich habe Sie nicht umsonst abholen lassen. Die zwei restlichen Tage werden Ihnen geschenkt. Sofort erscheinen zur Lageerfassung. Anweisung an Pilot geben. Kurs nehmen auf Omaha, Nebraska. Sofort.“
    Indessen TS-19 nach vorn spritzte, um den Piloten zu informieren, wechselte der Alte einige Worte mit Doktor Bulb, dem Mediziner. Es fielen Kodebezeichnungen, die ich mit dem besten Willen nicht verstehen konnte.
    Unser Bomber gewann wieder an Geschwindigkeit, die angesichts der schon nahen Hauptstadt erheblich gedrosselt worden war. Mit tobendem Ato-Triebwerk schossen wir in den Winterhimmel.
    „Sie tragen von nun an Maske, HC-9“, befahl der Alte mit einem deutlich bemerkbaren Blick auf seine Uhr. „Ich erwarte Sie in spätestens zwanzig Minuten auf dem Dach des Entbindungsheimes. Gehört zur City-Klinik in Omaha. Klar?“
    Ich stierte mit hervorquellenden Augen auf die Bildfläche.
    „Wo-wohin?“ stotterte ich weinerlich. „Was für ein Heim? Eine Frage, Chef! Sind Sie vielleicht …!“
    „Unterlassen Sie Ihre unverschämten Bemerkungen“, tobte es im Lautsprecher. „Meinen Sie etwa, es machte mir Spaß, das Geplärre von dreihundert Säuglingen anzuhören? Entbindungsheim, habe ich gesagt. Informieren Sie Ihren Kutscher. Er soll die alte Krähe auf Fahrt bringen. Alles verstanden?“
    Ich hauchte „Jawohl, Sir!“ und das liebliche Gesicht des Alten verschwand vom Schirm.
    Wir sahen uns ziemlich trostlos an. Unser Mediziner schien beachtliche Schluckbeschwerden zu haben, und mein Kollege TS-19 kämpfte mit seinem wildgewordenen Adamsapfel. Auch mir saß ein ziemlicher Kloß in der Kehle, als ich fassungslos stammelte:
    „Heiliger Lunageist, er ist imstande und hält mich für eine werdende Mutter. Dem Alten traue ich alles zu. Ich kann Sie jedoch versichern, daß wir dieses Kunststück selbst im Saharakamp nicht lernen konnten. Was, zur Hölle, soll ich im Entbindungsheim der City-Klinik von Omaha?“
    TS-19 lachte mit hohen, total verkrampft wirkenden Tönen. Doktor Bulbé hatte jede Würde vergessen. Sein Gelächter war schon mehr ein rauhes Männergrölen.
    Nur ich war nach wie vor fassungslos. Wissen Sie – bei meinen letzten Einsätzen hatte ich ja schon allerlei erlebt; aber so etwas nun doch nicht. Außerdem, hatte der Alte nicht etwas von „Lageerfassung“ gemurmelt. Guter Gott – was mochte da in der Klinik los sein?
    „Die werden doch nicht etwa eine Frau vom Mars erwischt haben?“ kicherte TS-19 albern.
    Indessen ich noch allerlei Bemerkungen anhören mußte, tauchte unter uns schon das Stadtgebiet von Omaha auf. Zwei schnelle Flugschrauber der Luftpolizei hatten bereits auf der Einflugschneise „Ost-800-Fuß“ freie Bahn geschaffen. Der ganze Luftverkehr zog unter oder über uns hinweg. In Höhe achthundert Fuß war keine einzige Maschine mehr zu sehen.
    Wir landeten mit rasenden Rotoren auf dem flachen Parkdach eines wunderschön gelegenen Gebäudes, das fast völlig aus transparenten Stoffen und kühngeschwungenen Trägern bestand. Nur zwei uniformierte GWA-Beamte waren zu sehen. Ansonsten schien die weite Fläche geräumt zu sein.
    Die beiden Uniformierten prüften unsere Radio-Marken und maßen obendrein noch die Impulse. Die Meßwerte verglichen sie mit den Unterlagen. Als sie genau wußten, daß sie es auch mit uns zu tun hatten, nahmen sie die Finger endlich von den Abzügen.
    „Fallen Sie nicht in die Mündung, Sergeant“, fuhr ich den Mann gereizt an. „Was soll der ganze Unfug? Wo ist der Chef?“
    Das erfuhr ich Minuten später.
    Vor einer weißen Kunststofftür standen zwei Wachen mit Hüllenmasken. Also aktive Kollegen. Der Sergeant identifizierte uns, und da stießen sie die Tür auf.
    Dahinter lag ein kleinerer Raum, der vollkommen von den erregten Gesten eines weißgekleideten Mediziners erfüllt zu sein schien. Er wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die Zumutung, die von einem kräftigen, untersetzt gebauten Mann immer wieder erhoben wurde. Soeben knurrte der Alte mit einem gefährlichen Unterton in der Stimme:
    „Professor, ich erkenne Ihre Gründe an, aber nun sind sie nichtig. Die Frau sollte nicht in Ihre Klinik eingeliefert werden.
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