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Erbin des Gluecks

Erbin des Gluecks

Titel: Erbin des Gluecks
Autoren: Margaret Way
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ich muss Sie warnen. Die Zukunft birgt Unheil. Beschützen Sie Francey. Ihre Cousine wartet nur darauf, über sie herzufallen … wie der Falke über die kleine, liebliche Goldammer. Da lauert das Böse.“
    Waren das nicht seine eigenen Befürchtungen?
    Bryn legte einen anderen Gang ein, als er die offene Ebene erreichte, wo hohe Gräser die rote Erde bedeckten. Ihre Spitzen schwankten wie goldene Federbüsche im Wind. Das erinnerte ihn an die Savannen des tropischen Nordens, wo der Regen die gleichen Wunder vollbrachte. Der Jeep durchfurchte das wuchernde Gras wie ein Bulldozer. Er drückte es flach zu Boden, aber es richtete sich frisch und elastisch gleich wieder auf. Ein einsamer Emu jagte auf seinen langen grauen Beinen davon. Er war zwischen den dichten Halmen, wo er nach zarten Spitzen und Samenkörnern pickte, kaum zu sehen gewesen.
    Die malerischen Geistereukalypten, die botanisch eigentlich nicht zu den Eukalypten gehörten, hoben sich wie einsame Wächter vom tiefblauen Himmel ab. Sie waren an ihren weißen Baumstämmen eindeutig zu erkennen.
    Rechts reihten sich mehrere Lagunen aneinander, deren Ufer von Akazien gesäumt waren. Eine Schar Papageien flatterte durch die Baumkronen. Immer wieder blitzte ihr buntes Gefieder auf. Australien – Land der Papageien. Die Skala prächtiger Farben war nahezu unerschöpflich: knallrot, türkis, smaragdgrün, violett, orange und gelb in allen Nuancen.
    In einer dieser Lagunen – der mittleren, tiefsten und längsten, die auch bei anhaltender Dürre nicht austrocknete und die Koopali hieß – wäre Francesca mit sechs Jahren beinahe ertrunken. In jenem Jahr hatte es ebenfalls stark geregnet, sodass Koopali zu einem bewegten Meer angeschwollen war. Die neunjährige Carina hatte vom Ufer aus zugesehen, starr vor Schrecken, als hätte sie die Gewalt über ihren Körper verloren.
    Wie durch ein Wunder war Bryn rechtzeitig aufgetaucht und hatte größeres Unheil verhindert. Später erzählte Carina unter Schluchzen, sie hätten sich von den anderen entfernt und Francesca sei trotz ihrer ausdrücklichen Warnung zu nah ans Ufer gegangen. Ein Kind konnte sich leicht zwischen den Wurzeln der üppig blühenden Lilien verfangen und unter Wasser gezogen werden. Francesca hatte gerade erst schwimmen gelernt und war durch den Verlust ihrer Eltern seelisch angeschlagen gewesen.
    Hatte sie wirklich die Ermahnung ihrer älteren Cousine missachtet? Leichtsinn oder Ungehorsam war bisher niemandem bei ihr aufgefallen.
    Als das Verschwinden der beiden Mädchen bemerkt wurde, brach in der Gesellschaft, die ein Picknickausflug in die Nähe der Lagunen geführt hatte, Panik aus. Jeder wusste, dass die wilde Schönheit des Outback Gefahren aller Art einschloss. Bryn rannte sofort in Richtung Koopali los. Warum tat er das? Weil eine der umherziehenden Aborigines, eine uralte, fast blinde Frau, mit ihrem Stock dahin gezeigt hatte.
    „Koopali“, hatte sie gemurmelt und mit dem Stecken heftig auf den Boden gestoßen.
    Bryn wusste bis heute nicht, warum er der Alten so bedingungslos vertraut hatte. Jedenfalls war er gerade noch rechtzeitig dort erschienen und hatte sich kopfüber in das dunkelgrüne Wasser gestürzt, aus dem Francescas Kopf zum letzten Mal auftauchte. Währenddessen hatte Carina angefangen, hysterisch zu schreien …
    So lagen die Tatsachen. Bryn hatte Francesca das Leben gerettet und besaß damit – nach Ansicht der Eingeborenen – einen Teil ihrer Seele. Carina war so verstört, dass niemand wagte, ihr ein Versäumnis vorzuwerfen. Welche Heldentaten waren von einem neunjährigen Kind schon zu erwarten? Darüber vergaß man, dass sie sehr gut schwimmen konnte und trotzdem keinen Versuch gemacht hatte, ihre Cousine zu retten.
    „Gott sei Dank, dass du da warst, Bryn. Das werde ich dir nie vergessen.“ Elizabeth Forsyth, die mit den anderen nachgekommen war, blickte ihm tief in die Augen und drückte dabei Francesca an sich, als wäre sie ihr einziges Kind. „Woher wusstest du, dass sie hier waren? Wir hatten angenommen, sie wären zum Zelt zurückgegangen.“
    „Die alte Frau befahl es mir, und ich gehorchte.“ Eine seltsame Antwort, aber niemand lachte darüber.
    Die Eingeborenen hatten ein unheimliches Ahnungsvermögen für Gefahr. Mehr noch für herannahenden Tod. Die alte Frau hatte Bryn sogar noch einen heftigen Windstoß nachgeschickt, obwohl sich sonst kein Lüftchen regte. Als die Gesellschaft zum Lagerplatz zurückkehrte und ihr danken wollte, war sie
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