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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht
Autoren: Mara Laue
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den Schultern. „Ich habe es versucht. Ist es mir gelungen?“
    Bronwyn lachte. „Ja, das ist es.“
    „Und wie kommst du auf den Gedanken, für uns den Tisch zu decken?“, wollte Devlin wissen.
    „Ich habe nur imitiert, was ich in Filmen gesehen habe. Nachdem Kashyapa meine geistige Beschränkung geheilt hat“, er klopfte sich mit dem Fingerknöchel gegen die Stirn, „kann ich endlich viele Dinge verstehen, die mir bisher ein Rätsel waren. Ach, übrigens  …“ Er hielt Bronwyn die Hand hin.
    Sie ergriff sie zögernd, denn Gressyl war nicht gerade mit Feingefühl ausgestattet und hatte bisher seine übermenschliche Körperkraft Menschen gegenüber nicht immer richtig dosieren können. Das war schon besser geworden, nachdem sie ihm aufgetragen hatte, Zärtlichkeit zu erlernen. Denn wenn es ihr und Devlin tatsächlich gelang, das Eine Tor zu versiegeln, würde Gressyl für den Rest seines wahrscheinlich noch ein paar weitere Jahrtausende währenden Lebens unter Menschen verbringen müssen. Da wäre es von Vorteil, wenn nicht jede seiner Begegnungen mit ihnen mit Gewalt oder sogar Toten endete. Schließlich hatte er Bronwyns Mutter vor dreiunddreißig Jahren mehr oder weniger versehentlich getötet, nur weil er seine Kräfte nicht kontrollieren konnte.
    Er strich mit den Fingerspitzen über ihren Handrücken. „Ist das zärtlich genug?“
    Das war es in der Tat. Sogar mehr, als sie ihm zugetraut hatte. „Ja, das ist es. Sehr gut, Gressyl.“
    „Verstand bekommt dir offenbar“, stellte Devlin fest und räusperte sich mit einem scharfen Blick auf Bronwyns Hand, die Gressyl immer noch hielt.
    Sie spürte seine Eifersucht und unterdrückte ein Lachen. Falls es stimmte, was er ihr darüber gesagt hatte, dann beinhaltete ihr Bund in Körper, Geist und Seele, dass sie einander niemals untreu werden konnten, weil sie nie wieder ein Verlangen nach einem anderen Partner haben würden. Selbst wenn Gressyl Bronwyn hätte verführen wollen, es hätte bei ihr nicht funktioniert, weil sie an Devlin gebunden war.
    Gressyl ließ sie los und setzte sich an den Tisch. Devlin rückte ihr den Stuhl zurecht, als sie Platz nahm und hielt ihr eine dunkelrote Rose hin, die er mit einem Bringzauber geholt hatte. Er hatte ihr, seit sie ihn kannte, schon einige davon geschenkt. Woher sie auch kommen mochten, Bronwyn hatte noch nie so intensiv und betörend duftende Rosen bekommen. Sie nahm sie, schnupperte daran und steckte sie in eine Vase, die sie ebenfalls mit einem Bringzauber holte.
    „Warum sind Menschenfrauen so begeistert über blühendes Kraut?“, wollte Gressyl wissen.
    „Erstens empfinden wir Blumen als schön, optisch gesehen. Zweitens lieben wir ihren angenehmen Duft, wenn sie denn angenehm duften. Es gibt auch Blumen, die stinken. Drittens sind sie ein Symbol. Rote Rosen signalisieren zum Beispiel Liebe. Viertens empfinden wir das als romantisch. Und Frauen mögen Romantik. Die meisten jedenfalls. Fünftens drückt ein Mann seine Wertschätzung aus, wenn er einer Frau Blumen schenkt.“ Sie lächelte Devlin zu.
    Er erwiderte ihr Lächeln, griff zur Kanne, schenkte ihr Kaffee ein und legte ihr ein Croissant auf den Teller. Er wusste schließlich, was sie gern aß.
    Gressyl beobachtete aufmerksam. Der Dämon war ein Phänomen in mehr als einer Hinsicht. Er gehörte zu Devlins Py’ashk’hu-Untertanen und war der Laufbursche von Devlins Mutter Reya gewesen. Ursprünglich war er nicht mit allzu großen Geistesgaben gesegnet gewesen, was sich unter anderem darin ausdrückte, dass er sich unnötig brutal benahm. Nicht nur aufgrund seiner dämonischen Natur, sondern weil ihm wegen seiner Beschränktheit jegliches Feingefühl fehlte, das Dämonen durchaus praktizieren konnten, wenn sie das wollten – um ihre Opfer zu täuschen. Devlin hatte Gressyl zu Bronwyns Beschützer ernannt, was er zum Glück sehr ernst nahm, andernfalls hätten sie und Devlin ihr indisches Abenteuer nicht überlebt, von dem sie erst gestern zurückgekehrt waren.
    Obwohl es ihre Bestimmung war, das Eine Tor nach dem Willen der Dämonen zu öffnen, wollten sie beide es unter allen Umständen versiegeln. Und zwar ein für alle Mal. Allerdings hatten sie nicht gewusst, ob das möglich war und wenn ja, wie sie es bewerkstelligen konnten. Den einzigen Hinweis darauf hatte eine alte Prophezeiung geliefert. Die Hüter der Waage hatten sie schon vor langer Zeit irgendwo gefunden. Da sie nur unvollständig erhalten war und ausgerechnet der letzte Teil
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