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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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mit einem Vertrauensmann reden. Er würde dann wohl direkt zur Geschäftsstelle des Berufsverbands am H. C. Andersens Boulevard gehen. Einen Kollegen feuern, kaum dass er eine Woche nach Ende der Krankschreibung wieder im Dienst war und nur zwei Monate, nachdem man ihn angeschossen und er zwei seiner guten Kumpel aus der Gruppe verloren hatte - das konnten sie nicht bringen. Der älteste
    Polizeiverband der Welt würde sich seines Alters sicher würdig erweisen.
    »Carl, ich weiß, dass es für dich etwas plötzlich kommt. Aber wir haben beschlossen, dass du etwas Luftveränderung brauchst - und zwar auf eine Weise, mit der wir deine hervorragenden Fähigkeiten als Ermittler noch besser nutzen können. Du übernimmst ein neues Dezernat, das Dezernat Q. Die Entscheidung über die Einrichtung ist gerade an höchster Stelle gefallen. Ziel und Zweck dieses Dezernats ist es, Fälle erneut aufzugreifen, die mangels ausreichender Fahndungserfolge ruhen, die aber von besonderem Interesse für das Gemeinwohl sind.«
    Verdammt, dachte Carl und lehnte sich zurück.
    »Also. Du wirst diese Abteilung in Eigenregie betreiben. Wer wäre dazu besser in der Lage als du?«
    »Jeder«, antwortete er und sah zur Wand.
    »Carl. Die letzte Zeit war für dich ziemlich schwierig. Und dieser Job ist wie für dich geschaffen«, sagte der Stellvertreter.
    Was zum Teufel weißt du denn davon, du kleiner Idiot, dachte Carl.
    »Du wirst absolut selbstständig arbeiten. Wir wählen eine Reihe von Fällen nach Rücksprache mit den Polizeipräsidenten der Kreise aus, und dann legst du selbst die Prioritäten und die Vorgehensweise fest. Du wirst einen eigenen Etat bekommen wir brauchen von dir lediglich eine monatliche Abrechnung«, fuhr sein Chef fort.
    Carl runzelte die Stirn. »Hast du gesagt >die Polizeipräsidenten    »Ja, das Dezernat arbeitet überregional. Deshalb wirst du auch nicht mehr mit deinen alten Kollegen zusammensitzen. Wir haben hier im Präsidium eine ganz neue Abteilung für dich eingerichtet. Dein Büro ist schon fast fertig.«
    Cleverer Schachzug, dachte Carl. Auf die Weise haben sie mich hübsch aus dem Weg geräumt und können alleine rummurksen. »Oho, ein neues Büro. Und wo ist dieses neue Büro, wenn ich fragen darf?«
    An diesem Punkt gefror seinem Chef das Lächeln im Gesicht. »Wo es liegt? Na ja, derzeit im Keller. Aber das wird keine Dauerlösung sein. Jetzt müssen wir aber erst mal sehen, wie es läuft. Und wer weiß, was sich daraus noch alles entwickelt, wenn die Aufklärungsrate einigermaßen stimmt.«
    Carl sah wieder hinüber zu den Wolkenbergen. In den Keller.
    So kann man Kollegen auch mürbe machen. Sie wollten ihn tatsächlich kaltstellen. Isolationshaft für unbequeme Kollegen. Aber was machte das schon für einen Unterschied: ob sich das hier oben oder im Keller abspielte. Egal. Er tat ja doch, was ihm passte, und soweit möglich war das eben gar nichts.
    »Wie geht es übrigens Hardy?«, fragte sein Chef nach einer angemessenen Pause.
    Carl sah ihn an. Das war in all der Zeit das erste Mal, dass er diese Frage gestellt hatte.
     
     

Kap 5 - 2002
     
    Abends war Merete Lynggaard ihr eigener Herr. Mit jedem Kilometer, den sie auf dem Heimweg mit dem Auto zurücklegte, streifte sie alles ab, was nicht zu ihrem Leben hinter den Eiben in Magleby passte. Sobald sie in die Weite von Stevns abbog und über die Brücke des Tryggevælde Å fuhr, fühlte sie sich wie ausgewechselt.
    Uffe saß wie gewöhnlich mit dem kalten Tee am Rand des Couchtischs, gebadet im Licht des Fernsehers, der in voller Lautstärke lief. Wenn sie das Auto in der Garage abgestellt hatte und zur Hintertür ging, sah sie ihn vorn Hof aus deutlich durch die großen Scheiben. Immer derselbe Uffe. Still und regungslos.
    Im Wirtschaftsraum zog sie die hochhackigen Schuhe aus und stellte sie an ihren Platz, legte die Mappe oben auf die Heizung, hängte den Mantel im Flur auf und legte die Akten in ihr Büro. Dann zog sie ihren Filippa-K.-Anzug aus, legte ihn über den Stuhl neben der Waschmaschine, zog den Morgenmantel vom Haken und schlüpfte in die Hausschuhe. Genau so sollte es sein. Sie gehörte nicht zu denen, die den Tag unter der Dusche abspülen mussten, sobald sie durch die Tür gekommen waren.
    Dann wühlte sie in der Plastiktüte, die Hopjes-Bonbons lagen ganz unten. Erst als das Bonbon auf ihrer Zunge lag und der Blutzuckerspiegel stieg, war sie so weit, dass sie den Blick zum Wohnzimmer richten konnte.
    Dann erst rief sie
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