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Er sieht dich wenn du schläfst

Er sieht dich wenn du schläfst

Titel: Er sieht dich wenn du schläfst
Autoren: Mary Higgins Clark
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wirklich waren.
Marge wappnete sich und folgte Eddie ins Wohnzimmer.
Charlie und der allgegenwärtige Sterling folgten ihr.
»Willkommen«, trällerte Jewel. »Fröhliche Weihnachten.
Was für eine nette Überraschung. Wir waren begeistert, als wir
Ihren Wagen vorfahren sahen.«
O Gott, sieh dir den Baum an, dachte Marge. Die wenigen
Male, die sie um Weihnachten hier gewesen war, hatten die
Bäume einigermaßen traditionell ausgesehen. Dieses Jahr nicht.
Marge hatte eine Dose Plätzchen in der Hand, die sie Jewel
reichte. »Die backe ich zu Weihnachten für alle meine Freunde«, sagte sie.
»Ein Zeichen der Liebe«, gurrte Jewel.
»Setzen Sie sich doch einen Augenblick«, sagte Junior. »Wir
wollten gerade ausgehen.«
»Ja, setzen Sie sich doch«, ermutigte Jewel sie.
»Wir bleiben nicht lange«, versprach Charlie, als er sich mit
Marge auf ein Sofa setzte. »Es ist nur so, Marge hatte letzte
Nacht einen Traum, der so eindringlich war, dass sie das Gefühl
hatte, sie müsste ihn Ihnen mitteilen.«
»Was?«, fragte Junior bedächtig.
»Ich hatte letzte Nacht einen sehr verwirrenden Traum – von
Ihrer Mutter«, begann Marge.
»MAMA!«, entfuhr es Eddie. »Ist ihr etwas zugestoßen?«
Marge schüttelte den Kopf. »Nein, aber leidet sie an
Schwindelanfällen?«
»Ja«, Junior schaute Marge durchdringend an.
»Herzschmerzen?«
»Ja.«
»Blähungen?«
»Ja.«
»Schmeckt ihr das Essen nicht?«
»Stimmt.«
»Macht sie nie ein Auge zu?«
»Stimmt.«
»Übergibt sie sich gelegentlich?«
»Ja.«
»Hat sie geschwollenes Zahnfleisch?«
»Ich halt es nicht mehr aus«, rief Eddie. Tränen rannen ihm
über das Gesicht. »Ich muss sie anrufen.«
Er lief zum Telefon.
    Mama Heddy-Annas alljährliches Weihnachtsfest war in vollem
Gange. Wein und Grappa flossen in Strömen. Jeder hatte sein
Lieblingsgericht mitgebracht, und der Tisch ächzte unter den
Tellern und Schüsseln. Aus einem alten Grammofon krächzten
Weihnachtslieder, und alle sangen aus voller Kehle mit.
    Als das Telefon klingelte, riss jemand, der neben dem Grammofon saß, die Nadel von der Platte und schrie: »Ruhe!«
Zwei Gäste hatten Mamas Krankheitsliste noch ergänzt, und
einer zeigte beflissen darauf, als Mama Heddy-Anna nach dem
fünften Klingeln den Hörer abhob.
»Ha… Ha…llo.«
»Mama, wie geht’s dir? Jemand hat geträumt, es ginge dir
nicht so gut…«
»Der Traum stimmt.« Heddy-Anna zwinkerte ihren Freunden
zu und verlangte mit einer Geste nach ihrer Brille, als sie mit
zusammengekniffenen Augen die neue Schrift auf dem schwarzen Brett zu entziffern versuchte.
»Mama, sprich lauter, ich höre dich kaum. Du klingst so
krank…«
Heddy-Anna las von der Tafel ab. »Ich glaube, das ist mein
letztes Weihnachtsfest.« Sie seufzte. Dann begann sie zu improvisieren: »Hat derjenige, der von mir geträumt hat, euch auch
gewarnt, dass ich im Sterben liege?«
»Mama, sag so was nicht. Das stimmt nicht. Großmutter ist
hundertdrei geworden, denk dran.«
»Sie war eine starke Frau… nicht wie ich.«
Junior ging an einen Nebenanschluss. »Mama, ist denn etwas
schlimmer geworden?«
»Heute Morgen hab ich mich übergeben… weil mein Zahnfleisch so geschwollen ist… schwindelig, du musst wissen, wie
schwindelig mir ist… ich kann nicht richtig sehen… Moment
mal… jetzt tut mir das Herz wieder so weh… eines Tages hört
das nicht mehr auf…«
Heddy-Annas Freunde, die ungeduldig darauf warteten, weiterzufeiern, bedeuteten ihr, einzuhängen.
Sie nickte. »Ich kann nicht mehr sprechen«, jammerte sie,
»ich kriege kaum noch Luft. Ich brauche Ruhe. Ich kann nicht
glauben, dass ihr so spät noch anruft. Aber was will ich auch
von Söhnen anderes erwarten, die nie ihre Mama besuchen?«
»Mama, du weißt, wie sehr wir dich lieben«, schluchzte Eddie.
Ein Klicken im Hörer war ihre Antwort.
Jewel reichte Eddie ein frisches Taschentuch. Junior putzte
sich lautstark die Nase.
Marge und Charlie setzten entsprechend ernste Mienen auf.
Marge stand auf. »Es tut mir so Leid, dass ich das erzählt habe.
Ich dachte nur, ich sollte Sie informieren, falls Sie die Feiertage
mit ihr verbringen wollen.«
Charlie war verlegen. »Marge, würdest du bitte im Wagen auf
mich warten? Ich habe mit Junior und Eddie noch eine Kleinigkeit zu besprechen.«
»Natürlich.« Marge drückte Junior die Hand. »Tut mir Leid«,
sagte sie tonlos.
Als sie an Eddie vorbeikam, drückte sie ihm einen tröstenden
Kuss auf die Wange.
»Bring Marge zum Wagen, Jewel, und
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