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Er sieht dich wenn du schläfst

Er sieht dich wenn du schläfst

Titel: Er sieht dich wenn du schläfst
Autoren: Mary Higgins Clark
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Lebzeiten
noch gar nicht gegeben.«
»Ich weiß. Aber ich habe ihn irgendwo aufgeschnappt. Vielleicht in Nors Restaurant. Er gefällt mir.« Er stand auf. »Nach
dem irdischen Kalender ist morgen der Tag, an dem ich Marissa
zum ersten Mal begegnet bin. Dann schließt sich der Kreis.«
»Vergessen Sie nicht, es war auch der Tag, an dem Sie zum
ersten Mal vor uns getreten sind«, neckte ihn der Indianer.
»Das werde ich bestimmt nie vergessen, da können Sie sicher
sein.«
»Gehen Sie jetzt. Unseren Segen haben Sie«, sagte der
Mönch. »Aber denken Sie daran – Weihnachten, das Sie gern im
Himmel verbringen möchten, rückt immer näher.«
M
arissa öffnete ihre Zimmertür
und war begeistert, als sie Sterling auf dem großen Stuhl am
Schreibtisch sitzen sah. »Ich dachte, du wärst weggegangen und
würdest wiederkommen, um mir gute Nacht zu sagen«, sagte
sie.
»Ich bin weg gewesen«, erklärte er. »Ich habe mir das ganze
letzte Jahr deines Lebens angeschaut, während du unten beim
Abendessen warst. Jetzt weiß ich, warum Daddy und NorNor
von hier wegmussten.«
»Aber ich war doch nur eine Stunde unten!«
»Für mich gehen die Uhren anders«, sagte Sterling.
»Ich hab andauernd an dich gedacht. Ich hab extra schnell gegessen, aber dann hat Roy mich mit seiner langweiligen Geschichte über Weihnachten aufgehalten, als er noch ein kleiner
Junge war und einen der Schäfer im Theaterstück der Schule
gespielt hat. Ich hab mich so schnell wie möglich davongemacht. Ich bin so froh, dass du hier bist.«
»Ich hab viel erfahren, während du zu Abend gegessen hast.
Ich werde jetzt gehen, weil ich alle Hände voll zu tun haben
werde, damit dein Daddy und NorNor zu deinem Geburtstag
zurück sein werden.«
»Am Heiligabend«, erinnerte sie ihn rasch. »Dann werde ich
acht.«
»Ja, ich weiß.«
»Das ist schon in vier Tagen.«
In Marissas skeptischem Blick sah Sterling Hoffnung aufblitzen. »Du kannst mir helfen«, sagte er zu ihr.
»Wie?«
»Bete.«
»Versprochen.«
»Und sei nett zu Roy.«
»Das ist nicht leicht.« Marissa warf sich in Positur und sagte
mit tiefer Stimme: »Ich weiß noch damals, als… bla, bla, bla.«
»Marissa«, mahnte Sterling augenzwinkernd.
»Ich weißßßß…«, sagte sie. »Roy ist schon ganz in Ordnung.«
Sterling freute sich, als er für einen Moment Unbeschwertheit
in Marissas Augen sah. Das erinnerte ihn an das erste Mal, als er
sie mit Billy und Nor gesehen hatte. Ich kann sie nicht enttäuschen. Es war Gebet und Schwur zugleich.
»Ich muss jetzt gehen, Marissa.«
»Heiligabend – du hast’s versprochen!«, sagte sie.
C
harlie und Marge legten die Geschenke immer ein paar Tage vor Weihnachten unter den Baum.
Ihre drei Kinder wohnten in der Nähe auf Long Island, ein Segen, für den Marge täglich dankbar war.
»Die Kinder der meisten Leute sind in alle Winde zerstreut«,
stellte sie unter der Trockenhaube fest. »Wir haben so großes
Glück.«
Ihre sechs Enkel waren ein Quell der Freude, vom Siebzehnjährigen, der aufs College kam, bis hin zum Sechsjährigen, der
in der ersten Klasse war. »Es sind gute Kinder. Keine Niete dabei«, pflegte Marge zu prahlen.
Doch heute Abend, nachdem sie und Charlie die Geschenke
aufgebaut hatten, wollte sich die übliche Zufriedenheit und
Vorfreude nicht einstellen. Furcht vor den unausweichlichen
Folgen, die Charlies Gang zum FBI haben würde, legte sich
über sie. Um halb neun saßen sie still nebeneinander im Wohnzimmer, und Charlie zappte ziellos durch die Fernsehprogramme.
Marge schaute unentwegt auf den Weihnachtsbaum, ein Anblick, den sie für gewöhnlich als tröstlich und erfreulich empfand. Heute Abend war es anders. Nicht einmal der Weihnachtsschmuck, den ihre Enkelkinder im Laufe der Jahre gebastelt
hatten, konnte ihr ein Lächeln entlocken.
Dann fiel plötzlich der Weihnachtsengel aus Pappmaché herunter, der einen kürzeren Flügel hatte und statt eines Heiligenscheins einen Hut trug. Sie stand auf, um ihn wieder an den
Baum zu hängen, doch noch ehe sie ihn aufheben konnte, begann er zu leuchten.
Sie riss die Augen weit auf, und die Kinnlade klappte ihr herunter. Ausnahmsweise kam diesmal kein Wort über ihre Lippen.
In wenigen Sekunden hatte sich der Engel in einen freundlichen
Mann verwandelt, der einen dunkelblauen Chesterfield-Mantel
trug und auf dem Kopf einen Homburg hatte, den er auch
prompt absetzte.
»AAAAAAAAAHHHHHHHH!«, kreischte Marge.
Charlie war auf dem Sofa eingenickt. Er sprang auf, erblickte
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