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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes
Autoren: Jo Treggiari
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zupacken?«
    »Habe ich dir wehgetan?«
    »Nein, schon gut.«
    »Na ja, du weißt doch, dass ich Höhenangst habe«, antwortete Lucy.
    Aidan, der am Baumstamm lehnte, rutschte ein wenig. »Dann komm her«, sagte er. Er löste Lucys Finger von seinem Arm und zog sie ein Stück an sich heran, sodass sie sich gegen seine Schulter lehnen konnte.
    Lucy war es immer noch ein Rätsel, wie Aidan mehr als sieben Meter über dem Erdboden so tun konnte, als säße er auf einem Sofa. Aber sie schmiegte sich an ihn und legte ihre Füße auf seine Beine. »Also«, meinte sie. »Der Regen.«
    »Wie lange dauert er schon an? Zwei Wochen?«
    Lucy dachte nach. »Seit ... du weißt schon ... seit jenerNacht.« Die Nacht, in der sie geflohen waren. Die Nacht, in der sie sich zum ersten Mal geküsst hatten.
    Aidan gähnte und reckte sich wie eine Katze. Lucy klammerte sich wieder an seinen Arm und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Krone dieser Ulme war so dicht, dass die Regentropfen verdunstet waren, bevor sie den Ast der beiden erreichten.
    »Vielleicht hört es jeden Augenblick auf«, antwortete Aidan gleichgültig. »Wenn nicht – es kann auch noch die nächsten Monate durchregnen.«
    Sie legte ihre Hand auf seine Stirn. Sie war glatt und kühl.
    »Ich bin nicht krank.«
    »Ich weiß. Aber ich muss es trotzdem kontrollieren.«
    »Jeden Tag?«
    »Nur bis ich sicher sein kann, dass Dr. Lessing nicht irgendetwas mit dir angestellt hat.«
    Aidan atmete tief aus.
    »Schläfst du etwa ein?«
    »Könnte sein. Ich war schon bei Morgengrauen auf Kaninchenjagd«, antwortete er. »Seitdem Del und Sammy nicht mehr da sind, bin ich der einzige Jäger. Zumindest, bis du mit dem Bogen genauso geschickt umgehen kannst wie mit dem Speer.«
    Seine Lippen wanderten zu Lucys Ohr. Sie fühlte den sanften Hauch seines Atems und eine Gänsehaut lief ihr den Rücken hinunter. Aidan kam noch ein wenig näher. Lucy hörte das dumpfe Rauschen der Wellen und das Säuseln des Windes. Solange sie nicht an die Höhe dachte, in der sie sichbefand, war es hier oben, eingebettet und geschützt von dichtem, grünem Laub, richtig nett.
    Aidan hatte sie zu seinem Lieblingsbaum geführt, zu der Ulme. Dort saßen sie an seinem Lieblingsplatz, ganz oben im Wipfel. Er behauptete, dass, wenn er sich hinstellte, er mehr als fünfzig Kilometer weit in jede Richtung sehen könne. Lucy hatte keine andere Wahl, als ihm zu glauben, denn es war vollkommen ausgeschlossen, dass sie sich auf einen Ast stellte, der unter ihrem Gewicht auf und nieder schwang und dabei nur ein paar dünne Zweige als Halt hatte. Vor allem in der Abenddämmerung war Aidan gern hier, wenn die Frösche ihr abendliches Konzert anstimmten und die punktierte Linie der Signallichter, die nach Norden führten, erkennbar wurde.
    Vor einer Woche hatte Del die Gruppe verlassen. Sie war über die George-Washington-Brücke nach Westen und dann nach Norden, zur nächsten Siedlung, gegangen. Überraschenderweise hatte Sammy sie begleitet. Im Grunde war das gar nicht mal so verwunderlich, wie Lucy zugeben musste. Nachdem sie von der Insel zurückgekehrt waren, hatten die beiden viel Zeit miteinander verbracht und Lucy hatte einen verdächtigen Glanz in Sammys Augen gesehen. Del hatte sich abseits des täglichen Geschehens im Camp aufgehalten. Sie war auf die Jagd gegangen, sie hatte geholfen, die Deiche zu verstärken, nachdem die Kanäle nun von tosenden Wassermassen durchflutet wurden, und sie hatte Tomaten und Kürbisse geerntet. Sie hatte gearbeitet wie eine Besessene, aber sobald die Arbeit erledigt war, verschwand sie an Orte, die nur sie kannte.
    Lucy hatte sich Sorgen gemacht. Vor allem wegen Aidan. Sie wusste, was ihm Dels Freundschaft bedeutete.
    »Wir haben miteinander geredet. Alles okay«, meinte Aidan. »Sie hat einen Fehler gemacht. Und ehrlich gesagt, ich war vielleicht ...« Er unterbrach sich und sah Lucy vorsichtig an. »Ich war ihr gegenüber vielleicht nicht ganz aufrichtig. Was dich anging, was ich für dich empfunden habe. Das war nicht richtig von mir.«
    Lucy senkte die Augen, sie war plötzlich verlegen. »Hast du denn vor, mir gegenüber aufrichtig zu sein?«, antwortete sie spöttisch, um die Spannung zu entschärfen.
    »Lucy, du weißt doch, was ich für dich empfinde«, flüsterte Aidan.
    Lucy bekam kaum Atem. »Warum sagst du es mir nicht?«
    Er hob ihr Gesicht. »Warum zeige ich es dir nicht?«
    »Wie denn?«, entgegnete sie und unterdrückte ein Kichern. Wenn sie zu
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