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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia
Autoren: Thilo Corzilius
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famosen
psychologischen Gutachten?«
    Â»Dexter, bitte! Dieser Tag heute ist einfach nur …
dumm gelaufen.«
    Â»So könnte man es wohl ausdrücken. Also gut, ich lass
dich in Ruhe, aber versprich mir, dass sich deine Laune bessert!«
    Â»Ich würde ja …«
    Dexter stöhnte entnervt, zumindest machte er das
Pendant eines Raben dazu.
    Â»Lara, du hast ein bemerkenswertes Talent, dir selbst
leidzutun. Dass Lee nichts von einem wunderhübschen, aber völlig launenhaften
Geschöpf wie dir will, ist doch klar.«
    Â»Quatschkopf!«
    Lara blieb stehen.
    Â»Darum geht es doch gar nicht.«
    Â»Erzähl mir nichts, Mädchen!«
    Â»Blödsinn, Dexter. Ich mag sie nicht,
das ist alles. Von mir aus jede andere, aber nicht sie!«
    Der Rabe ließ sich auf einer Regentonne nieder.
    Â»Krah. Es geht dir also nur darum, dass du denkst, sie
behandle deinen Freund Lee schlecht?«
    Â»Genau.«
    Der Rabe legte den Kopf schief und betrachtete sie aus
seinen klugen, schwarzen Knopfaugen.
    Â»Ich glaube dir nicht«,
stellte er schließlich fest. »Aber von mir aus, suhl dich bloß darin, dass dich
niemand lieb hat und die Welt ein furchtbarer Ort ist. Ich muss dich allerdings
warnen: Das macht es nämlich auf Dauer auch nicht besser. Und jetzt
entschuldige mich! Ich fliege irgendwohin und werde Spaß haben, dann ertrage
ich dich morgen vielleicht wieder.«
    Und damit war er auf und davon und ließ Lara allein
auf der Straße in Richtung Oberstadt stehen.
    Sie seufzte.
    Und weigerte sich beharrlich, sich einzugestehen, dass
sie vielleicht ab und an ein wenig … kompliziert war. Natürlich wusste sie es
tief im Innern, aber … ach nein, der Gedanke wurde schneller verworfen, als er
zu Ende gedacht war.
    Sie würde lesen, das konnte man in der Wohnung gut,
die sie mit Tom im Torhaus der Burg zu Ravinia bewohnte. Schließlich besaß Tom
eine unbestimmte Anzahl alter und neuer Wälzer und schaffte regelmäßig neue an.
    Und Musik.
    Vor allem würde sie Musik hören.
    Was für ein elender Tag.

2. Kapitel, das in die Dunkelheit führt.
    Um dich rum ist es dunkel
Und in dir drin ist es Nacht
Und dort wo die Dunkelheit
herkommt,
habe ich dich hingebracht
    Â Felix Popp
    â€“ Szenenwechsel.
    Es gibt Bilder, die brennen sich
wie Säure in unser Gedächtnis. Sie durchstoßen mühelos jede Membran, die uns
vor den Grausamkeiten der uns umgebenden Welt schützt. In jenen einzigartigen
Momenten, in denen alles zusammenzustürzen droht, was unser Leben bis dorthin
zu bestimmen schien, fühlt man sich wie ein verdorrtes Tal. Hilflos wird hier
nach Leben spendendem Wasser gesucht, Tag für Tag. Doch plötzlich gibt es nur
noch Durst um einen herum.
    Der schlanke, ja beinahe hagere
Mann, der dort in der Tür zu seinem Leben stand, fühlte in diesem Augenblick
exakt auf diese Art und Weise. Doch noch drang der Schmerz nicht mit seiner
vollen Wucht zu ihm vor. Noch blieben ihm wertvolle Sekunden, ja vielleicht
Minuten der Betäubung. So sah er rein äußerlich wahrscheinlich sogar
bemerkenswert gefasst aus. Er ließ die Schultern nicht hängen und atmete ruhig.
Auch wenn er das Bild der Verwüstung gerade erblickt hatte.
    Er war fein gekleidet. Ein edler
schwarzer Anzug über einem beinahe noch edleren Hemd. Dezente Manschettenknöpfe
und matt polierte Schuhe ließen ihn beinahe wie einen Bestatter wirken. Einzig
seine kurze Stehhaarfrisur aus blondierten Haaren und der kleine, aber
sichtbare Ohrring in seinem linken Ohr verrieten, dass er zumindest nicht
täglich mit Trauergästen zu tun haben konnte.
    Um die Wahrheit zu sagen, lag es
einfach in seinem Wesen, sich schick und teuer zu kleiden. Er leistete gute
Arbeit, vielleicht die beste, also ließ er sich stattlich dafür entlohnen. Den
eigenen Status durfte man nach außen hin durchaus sichtbar machen, hatte er
schon vor langer Zeit befunden.
    Langsam, ganz langsam verlor er die
Fassung. Ein Tropfen Blut lief aus seiner Nase, an seinem Mundwinkel vorbei.
Nach einer kurzen Weile folgte ein zweiter und dann ein dritter. Sie sammelten
sich am Kragen seines sündhaft teuren Hemdes und zogen tief in den Stoff ein.
Das edle Kleidungsstück war zum Teufel.
    Doch das interessierte Jasper in
diesem gnadenlosen Moment nicht.
    Jasper hatte er sich genannt, seit
er das allererste Mal mit einer besonderen Begabung aufgefallen
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