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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia
Autoren: Thilo Corzilius
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Das Rabenblatt
Erneut rätselhafte Entführung
Kommissariat ratlos – Beamte halten sich bedeckt.
    Ravinia – Vor wenigen Wochen verschwand der
Schuster Nathaniel C. unter mysteriösen Umständen, um nach wenigen Stunden ohne
Erinnerung an den Vorfall wieder aufzutauchen. Vorgestern wurde nun erneut ein
Einwohner Ravinias Opfer einer rätselhaften Entführung. Diesmal handelte es
sich jedoch um ein unschuldiges Kind.
    Nora B. (8) wurde in der Nacht von Dienstag auf
Mittwoch vermisst gemeldet. Etwa zwölf Stunden später tauchte das Mädchen in
seinem Elternhaus wieder auf, ohne jegliche Erinnerung an das Geschehene, sonst
aber unverletzt. Dieses Muster lässt auf den gleichen bisher unbekannten Täter
schließen, der in den letzten Monaten immer wieder Bewohner Ravinias entführt
hat.
    Â»Das Kind weist keinerlei Anzeichen eines Angst- oder
Schockzustands auf«, teilte Naomi Steiner, leitende Ärztin der psychiatrischen
Abteilung des Hospitals, mit.
    Die Suche nach Schuldigen geht indes weiter. Die
Ermittler stehen jedoch vor einem Rätsel. Hermann Falter vom Kommissariat in
Ravinia gab zu Protokoll, dass »bisher keinerlei verdächtige Personen
festgenommen wurden«. Die Polizei scheint dem Geschehen machtlos
gegenüberzustehen.
    In der Zwischenzeit wachsen Angst und Unruhe unter den
Eltern in Ravinia, besonders im Viertel der Oberstadt. »Wo sollen wir denn noch
hin, wenn uns die Kommissare und die Nachtwächter nicht schützen können?«,
fragte eine besorgte Mutter. »Wozu haben wir die denn?«, empörte sich eine
weitere.
    Kommissar Falter
versicherte, dass die Ermittlungen oberste Priorität genössen und »alles in
unserer Macht stehende« getan werde, um die Entführungen möglichst schnell
aufzuklären und eventuelle Schuldige der Gerichtsbarkeit zu überantworten.
Zusammen mit der kleinen Nora sind in den vergangenen achtzehn Monaten sieben
Personen verschwunden gewesen.
    Â»Ich verspreche Ihnen bei
allem, was mir heilig ist, dass die Verantwortlichen für diese Taten eine
Ewigkeit in Dismas schmoren werden«, versprach Falter. Abel Vonnegut, Vorsteher
der Nachtwächter von Ravinia, pflichtete dem bei: »Die Sicherheit der Bürger
Ravinias muss jeden Tag gewährleistet sein, wir tun unser Möglichstes.«
    Wir können nur hoffen, dass die Ermittlungsleiter
ihren Floskeln auch Taten folgen lassen. Trotz der Bekundungen, um die
Sicherheit der Einwohner Ravinias besorgt zu sein, scheint gerade diese aktuell
nicht immer sichergestellt.

1. Kapitel, in dem Lara McLane einige Dinge über den Tod und das Leben
herausfindet.
    She’ll be gone – soon you can have me for
yourself
    Â Eirik Glambæk
Bøe & Erlend Øye
    Gefühle sind wie ein Sturm.
    Er wirbelt unverhofft die See der Emotionen auf, flaut
ab, schwillt wieder an. Licht und Schatten wechseln sich ab wie warme und kalte
Luftschichten – und dann, wie aus dem Nichts, entladen sich Gewitter, wühlen
die Wogen auf und lassen das Wasser des Lebens über einem zusammenschlagen.
    Der Sturm brachte Regen mit sich. Leisen, stetigen
Regen. Sehr britisch, hätte man einem Reiseführer glauben geschenkt, trotz der
sommerlichen Jahreszeit. Beständig trafen die kleinen Tropfen auf das dichte
Blattwerk des größtenteils ungepflegten Parks – die wenigen freiwilligen Helfer
waren der Masse der Flora nicht im Mindesten gewachsen.
    Und mittendrin stand ein Mädchen, nein, eine junge
Frau. Sie war sehr schlank und trug einen dunkelblauen Regenanorak, der ihr bis
zu den Knien reichte. Überaus bemerkenswert war ihr Haar, das wie ein Bernstein
vielfarbiges, facettenreiches blondes Feuer in die Grün- und Brauntöne ihrer
Umgebung schickte, und ihr in Wellen bis auf den Rücken fiel. Und wer einen
Blick in ihre Augen geworfen hätte, hätte sich aus Versehen in einem tiefen
Kastanienbraun verlieren können.
    Neben ihr stand ein hochgewachsener Mann – offenbar
mitten in den Dreißigern –, dessen blasses Gesicht von einem Dreitagebart
und pechschwarzem, zerzaustem Haar gerahmt wurde. Einen schwarzen Mantel trotz
der sommerlichen Temperaturen um sich geschlungen, starrte er am eigentlichen
Zentrum des Geschehens vorbei. Doch das war nicht untypisch für ihn.
    Ihnen beiden war anzusehen, dass ihnen nicht besonders
wohl in ihrer Haut war. Und das lag an dem Ort, an dem sie sich befanden.
    Highgate
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