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Ephraim Kishon fur Manager

Ephraim Kishon fur Manager

Titel: Ephraim Kishon fur Manager
Autoren: Ephraim Kishon
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vorher zu Hause geschrieben haben.
    »Entschuldigen Sie«, wendet er sich an eine Dame, die neben ihm an der Straßenkreuzung wartet, »bei welcher Farbe darf man hinübergeien, bei Grün oder Rot?«
    Er ist ziemlich sicher, daß sein Wagen immer bei grünem Licht losfährt. Aber gilt das auch für Fußgänger? Der Menschenstrom, der sich jetzt in Bewegung setzt, schwemmt ihn auf die gegenüberliegende Straßenseite mit. Dort, gleich neben dem roten Kasten, entdeckt er ein Postamt, tritt ein und wendet sich an den nächsten Schalterbeamten:
    »Bitte schicken Sie ein Telegramm an mein Ministerium, daß man mich sofort hier abholen soll.«
    »Mit einem Flugzeug oder mit einem Unterseeboot?« fragt der Schalterbeamte und läßt zur Sicherheit die Milchglasscheibe herunter. Der Mann scheint verrückt zu sein, denkt der Minister und geht achselzuckend ab.
    Nahe dem Postamt befindet sich ein Zeitungsstand. Wie sich zeigt, hat der Minister große Schwierigkeiten, unmarkierte Zeitungen zu entziffern. In den Zeitungen auf seinem Schreibtisch sind die Artikel, die er lesen soll, immer eingerahmt.
    »Ein Glas Orangensaft?« fragt eine Stimme aus dem Erfrischungskiosk, vor dem er stehengeblieben ist. Der Minister nickt. Er ist durstig geworden und leert dis Glas bis auf den letzten Tropfen. Welch wunderbares Erlebnis: Allein auf der Straße ein Glas Orangensaft zu trinken und erfrischt weiterzugehen. Der Kioskbesitzer kommt ihm nachgerannt. »45 Agorot, wenn ich bitten darf!«
    Der Minister starrt ihn an. Es dauert sekundenlang, ehe er begreift, was gemeint ist. Dann greift er in seine Tasche. Sie ist leer. Natürlich. Solche Sachen werden ja immer von seiner Sekretärin erledigt. Warum mußte sie gerade heute nach Haifa fahren? »Schicken Sie mir die Rechnung, bitte«, sagt er dem gierigen Inkassanten und entflieht.
    Als er endlich innehält, steht er vor einem in Bau befindlichen Haus. Die emsigen Menschen, die rundum beschäftigt sind, beeindrucken ihn tief. Nur der Lärm stört ihn ein wenig. Und was ist das für eine graue Masse, die sie dort in dem Bottich zusammenmischen? »Einen schönen guten Tag wünsche ich!« Ein alter Mann, wahrscheinlich ein Sammler für irgendwelche neu aufgelegten Anleihen, hält ihm die Hand hin. Auch ihn verweist er an sein Büro.
    Immer neue Überraschungen: Dort, in einer Reihe von Glaskästen, hängen Bilder halbnackter Mädchen! Der Minister blickt auf - jawohl, er hat's erraten: ein Kino. So sieht das also aus. Er empfindet heftige Lust, hineinzugehen und endlich einmal einen Film zu sehen. Sonst kommt er ja nie dazu.
    Der Minister klopft an die versperrte Eisentüre. Er muß mehrmals klopfen, ehe eine verhutzelte Frauensperson den Kopf herausstreckt. »Was los?«
    »Ich möchte einen Film sehen.«
    »Jetzt? Die erste Vorstellung beginnt um vier Uhr nachmittag.« »Nachmittag habe ich zu tun.« »Dann sprechen Sie mit Herrn Weiss.« Und die Eisentür fällt ins Schloß.
    An der nächsten Straßenecke steht ein ungewöhnlich großer, länglcher, blaulackierter Wagen, der eine Menge wartender Leute in sich aufnimmt. Ein Bus! schießt es dem Minister durch den Kopf. Erst vorige Woche haben wir ihnen das Budget erhöht. Um 11,5 Prozent. Da kann ich ja einsteigen.
    »Hajarkonstraße«, sagt er dem Fahrer. »Nummer 71.« »Welcher Stock?«
    »Wie bitte?«
    »Machen Sie, daß Sie vom Trittbrett herunterkommen!« Der Fahrer betätigt die automatische Tür und saust los. Eine merkwürdige Welt mit merkwürdigen Spielregeln. Der Minister versucht sich zu orientieren, kann jedoch mangels irgendwelcher Wahrzeichen - Hilton-Hotel oder griechisches Restaurant - nicht feststellen, wo er sich befindet.
    Menschen fluten an ihm vorbei, als wäre nichts geschehen. Dies also ist die Nation, das Volk, die Masse der Wähler. Den jüngsten Meinungsumfragen zufolge wird im Oktober jeder dritte dieser fremden Menschen für ihn stimmen. Der Minister liebt sie alle. Er ist seit seiner frühesten Jugend ein überzeugter Sozialist. Endlich, auf vielfach verschlungenen Wegen, hat er zu seiner Limousine zurückgefunden; gerade rechtzeitig, um den Fahrer Gabi herankommen zu sehen.
    »Zwei Sonderzahlungen jährlich und erhöhtes Urlaubsgeld«, sagt Gabi.
    Der Streik ist beendet. Sie steigen ein. Gabi läßt den Motor anspringen.
    Und der Minister kehrt von seinen Abenteuern auf einemfremden Planeten in die Welt seines Alltags zurück.

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Poker
    Herr Sulzbaum war ein bescheidener Mann, der
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