Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
zur Hälfte pulverisiert, während die andere absurd unversehrt stehengeblieben war, und einmal wurde ihr Weg zu einer lebensgefährlichen Rutschpartie, als der Straßenbelag unter ihren Füßen sich jäh in schwarze, zu Glas zusammengeschmolzene Schlacke verwandelte.
    Kiina sagte kein Wort, obwohl sie zehnmal besser als Skar wissen mußte, was hier geschehen war. Es gab auf ganz Enwor nur eine einzige Waffe, die imstande war,
solche
Verheerungen anzurichten. Die Scanner der Ehrwürdigen Frauen.
    Was war hier geschehen?
    Schließlich fanden sie auch Menschen, die eindeutig eines gewaltsamen Todes gestorben waren. Skar ersparte sich die grausige Aufgabe, die Leichname genauer zu untersuchen, aber ein flüchtiger Blick reichte bereits. Seltsam — er hätte nie geglaubt, daß er eines Tages
froh
sein könnte, die entsetzlichen Spuren zu sehen, die Schwerter und Messer hinterlassen konnten, aber er war es. Selbst die furchtbarsten Wunden wirkten nicht so erschreckend wie der Anblick eines Todes, der völlig spurlos zuschlug, und im Bruchteil einer Sekunde.
    Als sie sich dem Palast der
Margoi
bis auf hundert Schritte genähert hatten, fanden sie einen toten Drachen.
    Es war kein sehr großes Tier; nicht sehr viel größer als eines der Schlachtpferde, auf denen Titch und seine Quorrl ritten, wenn auch ungefähr fünfmal so massig, aber sein Anblick überraschte Skar trotzdem. Soviel er wußte, nahmen die
Errish
ihre Tiere niemals mit in die Stadt. Sie beherrschten die Drachen wie kein anderer auf Enwor, aber es blieben trotzdem
Tiere,
gigantische, letztendlich immer noch unberechenbare Bestien, die die weiten Steppen Enwors gewohnt waren. In der Enge einer Stadt — selbst einer so großen Stadt wie Elay — wurden sie rasend.
    Auch dieses Tier war keinen friedlichen Tod gestorben: sein massiver Kadaver lag halb unter den Trümmern eines Hauses begraben, dessen Fassade es im Todeskampf niedergerissen hatte. Ein halbes Dutzend abgebrochener Pfeile ragte aus seinem Hals, und darunter zeigten die handtellergroßen Panzerplatten Spuren von Scannern: das Horn war geborsten, und das empfindliche Fleisch darunter verbrannt.
    Skar sah sich aufmerksamer um. Auch hier regte sich kein Leben, und der seit zwei Tagen unablässig fallende Regen hatte alle Spuren verwischt, falls es überhaupt welche gegeben hatte. Aber dem Auge eines Kriegers erzählten auch die Toten manchmal noch eine Geschichte, und diese hier taten es. Aber er behielt seine Vermutung vorläufig noch für sich, obgleich er zumindest ahnte, daß auch Kiina begriffen hatte, was hier wirklich geschehen war.
    Vorsichtig näherten sie sich dem Palast. Auch an der riesigen Nadel aus schwarzer Lava waren die Kämpfe nicht spurlos vorübergegangen: auf den Stufen lagen die verkrümmten Gestalten von sieben oder acht
Errish,
und als sie näher kamen, sah Skar, daß das Tor gewaltsam aufgesprengt worden war. In die glänzenden Flanken des Turms waren gezackte schwarze Blitze eingebrannt.
    Sie blieben stehen, als sie die oberste Stufe erreicht hatten. Skar gab Kiina mit Handzeichen zu verstehen, ein paar Schritte zurückzubleiben — was sie natürlich nicht tat —, zog abermals sein Schwert und sog prüfend die Luft ein. Süßlicher, Übelkeit erregender Leichengeruch schlug ihm entgegen. Der Regen, der wenigstens die Luft draußen über der Stadt saubergewaschen hatte, hatte den Palast nicht erreicht.
    »Bist du sicher, daß du dort hineingehen willst?« fragte Kiina.
    Skar sah sie durchdringend an.
»Du
wolltest doch wissen, was hier passiert ist, oder?« Sein grober Ton tat ihm sofort wieder leid. »Entschuldige. Du kannst hierbleiben, wenn du willst. Ich brauche jemanden, der mir den Rücken deckt.«
    Selbst Kiina begriff, daß zumindest der letzte Satz einzig dem Zweck diente, ihr einen Vorwand zu liefern, um zurückzubleiben.
    Sie schürzte trotzig die Lippen, trat mit einem entschlossenen Schritt neben ihn und ging so schnell los, daß Skar fast Mühe hatte, mit ihr mitzuhalten.

S ie fanden auch im Palast Tote, allerdings nicht halb so viele, wie Skar erwartet hatte. Die große, ehemals prunkvolle Eingangshalle des Palastes war ausgebrannt, und auch einige der dahinterliegenden Räume zeigten die Spuren schwerer Kämpfe: Stein, der zerschmolzen und zu bizarren blasigen Formen wiedererstarrt war, ausgebrannte Räume, zerborstene Türen. Aber der allergrößte Teil des Palastes war unversehrt.
    Und leer.
    Fast eine Stunde lang durchsuchten sie das gewaltige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher