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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht, dich zu verletzen.«
    Im ersten Moment dachte er, es wäre Ians Stimme. Aber dann fiel ihm auf, daß sie aus der falschen Richtung kam. Vorsichtig drehte er sich herum.
    Auf der anderen Seite des Lagerfeuers hatte sich eine gewaltige Gestalt erhoben. Die Glut spiegelte sich wie flüssiges Blut in seinem riesigen Helm und vermischte sich mit dem wirklichen Blut, das aus seinem verwundeten Arm tropfte. Es war unmöglich, dachte Skar fast betäubt. Er hatte gesehen, wie das grüne Feuer Titch und seine Quorrl für Stunden außer Gefecht setzte — aber der Zauberpriester stand nach wenigen Minuten wieder aufrecht und sichtlich unbeschadet da. Skar glaubte, den bohrenden Blick seiner Augen durch das schwarze Metall des Helmes hindurch zu spüren. Drohend richtete er den
Schläfer
auf die riesige Gestalt. »Bleib, wo du bist«, sagte er.
    Der Zauberpriester (war er das wirklich? Skar war nicht mehr sicher) lachte leise. »Diese Waffe kann mich nicht verletzen«, sagte er. »Gib auf.«
    Skar reagierte nicht. Fünf, dann zehn Sekunden lang starrten sie sich einfach nur wortlos an, ehe die Gestalt in der schwarzen Rüstung die Hände an den Helm hob, vorsichtig, mit einer bewußt langsamen, überdeutlichen Bewegung, um Skar nicht zu einem Angriff zu provozieren. Der schwarze Helm löste sich und glitt in die Höhe.
    Skar sog überrascht die Luft ein, als er das Gesicht sah, daß darunter zum Vorschein kam.
    Es waren nicht die Züge eines Zauberpriesters. Es war überhaupt kein Mensch.
    Im ersten Moment glaubte Skar, einem Quorrl gegenüberzustehen, aber schon beim zweiten Hinsehen begriff er, daß auch dieser Eindruck täuschte. Das Wesen in der schwarzen Rüstung war riesig gut einen Fuß größer als Titch und ungleich muskulöser, und es glich tatsächlich ein wenig einem Quorrl, gleichzeitig aber auch einem Menschen und dann wieder keinem von beiden. Sein Gesicht trug eindeutig reptilienhafe Züge, aber anders als bei Titch und seinen Brüdern war es ungleich feiner geschnitten, elegant und fast edel, wo bei einem Quorrl Wildheit und Kraft vorherrschten. Die Schuppen, die seine Haut bedeckten, blitzten in hellgoldenem Farbton. Das Wesen sah aus wie eine Statue, von einem begnadeten Künstler erschaffen, um dem Wort
Kraft
Ausdruck zu verleihen, und von einem ebenso begnadeten Magier zum Leben erweckt. Skar war fassunglos. Etwas an dieser gigantischen, goldglänzenden Kreatur erschlug ihn schier, und es war nicht nur sein Äußeres.
    »Titch«, sagte der Goldene fast sanft.
    Vielleicht ahnte Skar sogar im letzten Moment, was geschehen würde, aber er war unfähig, zu reagieren. Der Anblick der riesigen schimmernden Kreatur lähmte ihn. Er hörte Titchs Schritte, spürte den Luftzug, als der Quorrl den Arm hob, und dann schlug Titchs Hand mit fürchterlicher Gewalt in seinen Nacken und schleuderte ihn zu Boden.
    Skar verlor das Bewußtsein, aber im allerletzten Augenblick, ehe seine Gedanken erloschen, sah er noch, wie Titch neben ihm auf die Knie sank und demütig das Haupt vor dem goldenen Riesen senkte. Und er hörte das Wort, das der Quorrl flüsterte:
    »HERR!«
    ENDE
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