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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schatten begann sich hinter den beiden Zauberpriestern zu bilden, wo vorher nichts gewesen war. Dürre, insektenhafte Klauen blitzten wie tödliche Schneiden im Mondlicht.
    »Nein«, flüsterte er. »Geh! Verschwinde... endlich!«
    Die beiden Zauberpriester tauschten einen verwunderten Blick, und Skar fügte etwas lauter hinzu: »Ich komme mit euch. Ihr... habt gewonnen.«
    Der
Daij-Djan
verschwand, und Ian trat auf Skar zu und half ihm fast behutsam, sich aufzurichten. Dann bückte er sich nach Skars Schwert und hielt ihm die Waffe hin. »Nimm es«, sagte er, als Skar zögerte, nach der Waffe zu greifen. »Du wirst es noch brauchen.«
    Mit perfekt gespielter Verwirrung nahm Skar die Klinge an sich, schob sie in den Gürtel zurück und folgte Ian. Seine Schritte waren schleppend, er hielt den Kopf gesenkt und die Schultern weit nach vorne gebeugt, wie ein Mann, der sich nur noch mit letzter Kraft auf den Beinen hielt.
    Der graue Streifen am Horizont war breiter geworden, als sie den Wald verließen; die Nacht ging endgültig zu Ende. Aber wie oft in der Dämmerung war die Sicht jetzt beinahe schlechter als in der Nacht. Skar erblickte nur verschwommene Schemen, wo er wenige Minuten zuvor das Lager der Zauberpriester gesehen hatte. Aber immerhin erkannte er, daß auch der dritte Reiter zurückgekommen war. Sein Schatten hob sich deutlich vor dem verglimmenden Feuer ab. Er stand ganz ruhig da und blickte ihnen entgegen.
    Einer seiner beiden gespenstischen Begleiter hob die Hand, als sie sich dem Lager näherten, und rief dem dritten Zauberpriester ein paar Worte in jener sonderbaren, gutturalen Sprache zu, die Skar vorhin schon gehört hatte. Der andere antwortete nicht, aber er entspannte sich sichtlich. Skars Hand glitt wie zufällig in die Nähe des Schwertes, berührte es aber noch nicht.
    Mit klopfendem Herzen betrachtete er die drei gewaltigen Echsenwesen, während sie sich dem Lagerplatz näherten. Die Tiere starrten ihm aus ihren kleinen, böse funkelnden Augen tückisch entgegen, und vielleicht war es gerade der Umstand, daß
diese
Tyrr gesattelt und aufgezäumt waren, der sie in Skars Augen noch wilder und furchteinflößender aussehen ließ als vor drei Tagen in Yuls Lager. In ihrem Blick flammte ein Haß, der nicht auf das Flüstern in ihren Gedanken zurückzuführen, sondern Teil ihrer Natur war. Allein die Vorstellung, eines dieser Geschöpfe
reiten
zu sollen, ließ Skar schaudern.
    »Du mußt müde sein«, sagte Ian. Jedenfalls vermutete Skar, daß es Ian war, denn die beiden vermummten Riesen waren in ihrer schwarzen Rüstung absolut ununterscheidbar. Er deutete einladend auf das heruntergebrannte Feuer. »Ruh dich aus, wenn du willst. Wir haben noch eine Stunde Zeit, bis es richtig hell wird. Vorher können wir sowieso nicht weiter. Es ist zu gefährlich, nachts zu reiten.«
    Skar nickte müde und setzte sich. Das Feuer, obgleich schon fast nur noch aus einem Gluthaufen bestehend, strahlte eine behagliche Wärme aus, und als er sich vorbeugte und die Hände über die Glut hielt, wurde seine Müdigkeit fast übermächtig. Er wankte, drohte für einen kurzen Augenblick einzuschlafen und schrak abrupt wieder hoch, als er das Gleichgewicht zu verlieren begann. »Willst du reden?« fragte Ian.
    Skar sah müde aus, schüttelte den Kopf und versuchte gleichzeitig zu nicken. »Später«, sagte er matt. Sein Blick glitt über die schwarze Larve, die da war, wo Ians Gesicht sein sollte, tastete weiter und schien sich ziellos in der Wüste zu verlieren. In Wahrheit suchte er nach irgendeinem Zeichen von Titch, irgendeinem Hinweis, daß er da war oder sich näherte.
    Er fand es nach Sekunden. Nicht weit hinter dem dritten Zauberpriester bewegte sich der Sand. Kleine, zitternde Wellen huschten über seine Oberfläche, wie über Wasser, unter dem sich ein Schwimmer näherte, nur langsamer und sehr viel machtvoller. Er wußte nicht, ob der dunkle Umriß, den er darunter wahrzunehmen glaubte, wirklich da war, oder nur eingebildet. Aber Titch war da. Seine Hand glitt ein weiteres Stück auf das Schwert zu, berührte seinen Griff.
    »Wer seid ihr?« fragte er. »Wer seid ihr wirklich?«
    »Nicht deine Feinde«, antwortete Ian ausweichend. »Und nicht die, für die du uns hältst. Du wirst alles erfahren, sobald wir in der Festung sind. Und alles verstehen. Es wäre zu viel, jetzt, und zu verwirrend. Aber du...«
    Hinter dem dritten Zauberpriester explodierte der Sand. Eine gewaltige, lautlose Fontäne schoß in die
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