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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green
Autoren: DEBORAH HALE
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beschwerliche Reise und bringe die beiden wieder zurück.“
    Irgendwann während seiner Rede hatte Felicity seine Hand losgelassen. Hoch aufgerichtet und angespannt, wartete er auf ihre Antwort. Er brachte es immer noch nicht über sich, sie direkt anzusehen. Wenn er Mitleid in ihren Augen hätte lesen müssen, seine Demütigung wäre unerträglich geworden.
    Das Schweigen zog sich in die Länge, bis Hawthorn glaubte, seine angespannten Nerven würden jeden Moment zerreißen wie die Saiten einer Violine.
    Und dann geschah es.
    Felicity zerrte ihm den Kerzenleuchter aus der Hand, fuhr herum und schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
    Bevor er seine Lähmung abschütteln konnte, um sie wieder zu öffnen, schnappte der Riegel mit einem lauten Klicken zu.
    „Felicity!“ Außer sich vor Zorn, hämmerte er mit den Fäusten gegen die Tür. „Was hat das zu bedeuten?“
    Ihre Stimme klang kühl und gelassen. „Das sollte doch deutlich genug sein, Sir. Ich bedauere, Ihr großzügiges Angebot ablehnen zu müssen.“
    Er hörte scharrende Schritte und Murmeln im Treppenhaus. Jeden Moment würde ein stämmiger Bediensteter erscheinen und ihn aus dem Haus weisen. Es war ohnehin erstaunlich, dass Lady Lytes Hauspersonal ihn bisher nicht behelligt hatte.
    Er hörte auf, gegen die Tür zu hämmern, und dämpfte die Stimme. „Haben Sie denn nicht zugehört, was ich sagte?“
    „Ich habe zugehört, nachgedacht und meine Entscheidung getroffen“, drang Felicitys gedämpfte Stimme durch die Tür. „Ich schätze Ihr Angebot, aber ich habe mich ent schieden, persönlich zu reisen. Sie wollen mir mit Ihren Warnungen vor Gefahren und Strapazen nur Angst einjagen.“
    „Das lag nicht in meiner Absicht, aber Tatsache ist doch …“
    „Mr. Greenwood, bitte!“ Ihre Stimme klang ungeduldig und barsch. „Mein Entschluss steht fest, ich lasse mich nicht davon abbringen, schon gar nicht von Ihren Drohungen. Die Zeit drängt, ich muss Reisevorbereitungen treffen.“
    Und ich will Sie endlich aus dem Haus haben. Das sagte sie zwar nicht, aber ihr scharfer Ton gab es ihm deutlich zu verstehen.
    „Ich bitte Sie, Ihre und meine Würde zu wahren und endlich zu gehen. Sonst wäre ich gezwungen zu klingeln, und Sie von meinen Bediensteten aus dem Haus weisen zu lassen.“
    Felicity horchte gespannt auf Hawthorns Antwort, während sie achtlos Kleidungsstücke in einen Koffer warf.
    Sein Vorschlag, die Verfolgung von Oliver und Ivy aufzunehmen, hatte verlockend geklungen, und sie hätte beinahe nachgegeben. Doch eine Überlegung hatte sie bewogen, abzulehnen.
    Hawthorn Greenwood hatte ein weiches Herz, und seine Gründe, diese unbesonnene Heirat zu verhindern, waren weit weniger dringend als ihre eigenen.
    Es wäre immerhin möglich, dass er sich von den jungen Ausreißern beschwatzen ließe, sie liebten sich wirklich und seien sich der Konsequenzen dieses folgenschweren Schrittes wohl bewusst. Als hätten die beiden auch nur eine Ahnung vom Leben!
    Was wäre, wenn er sich erweichen ließe und dem Paar seinen Segen gäbe? Die drei würden nach Bath zurückkehren und sie vor vollendete Tatsachen stellen. Was dann?
    Sie drückte das Häufchen Kleider in den Koffer und ließ den Verschluss zuschnappen.
    Hawthorn mochte als gesetzlicher Vormund Einfluss auf seine Schwester nehmen, sie hingegen konnte finanziellen Druck auf Oliver ausüben und würde bedenkenlos davon Gebrauch machen. Diese leidige Flucht zwang Felicity, mit höchstem Einsatz zu spielen. Ein Wagnis, bei dem sie am meisten zu verlieren hatte. Sie durfte nichts dem Zufall überlassen.
    Auf der anderen Seite der Tür blieb es immer noch still.
    „Hawthorn, sind Sie noch da?“
    Nach kurzem Zögern: „Ja.“
    Seine Stimme war ein melodischer, weicher Bariton. Sie würde ihr fehlen.
    „Haben Sie gehört, was ich sagte?“
    „Ja.“
    Sie sollte sich anziehen, aber irgendwie brachte sie es nicht über sich, in seiner Nähe ihr Nachthemd abzulegen, obwohl eine verriegelte Tür zwischen ihnen war.
    „Dann gute Nacht. Ich verspreche, Ihnen Ivy so bald wie möglich unversehrt zurückzubringen.“
    „Da Sie nicht davon abzubringen sind, erlauben Sie mir wenigstens, Sie zu begleiten?“
    Gottlob lag eine geschlossene Tür zwischen ihnen. Wäre sie gezwungen gewesen, ihm in die Augen zu sehen, hätte sie ihm wahrscheinlich eine andere Antwort gegeben. „Nein, Hawthorn.“
    „Unter den gegebenen Umständen mag mein Ansinnen etwas merkwürdig erscheinen, aber wir sind erwachsene,
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