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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green
Autoren: DEBORAH HALE
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zivilisierte Menschen und können ein paar Tage verreisen, ohne …“
    Sie riss heftig an der Klingelschnur.
    „Ihr Vorschlag ist abgelehnt, Mr. Greenwood. Nun ersuche ich Sie dringend, endlich zu gehen.“
    Sie hörte eilige Schritte im Flur, dann seine Stimme. „Wie Sie wünschen. Ich gehe.“
    Ob seine Worte an einen Diener oder an sie gerichtet waren, wusste Felicity nicht.
    Sie wartete, bis die Schritte sich entfernt hatten, und setzte sich an ihren Frisiertisch, um sich das Haar hochzustecken. Unter der Bürste lag sorgsam gefaltet ein gestärktes weißes Stück Stoff.
    Hawthorns Halsbinde.
    Mit zitternden Fingern strich sie über die weiche Seide.
    Ein Stubenmädchen hatte die Halsbinde wohl beim Aufräumen gefunden.
    Noch nie hatte er etwas bei ihr vergessen, weder ein Taschentuch noch einen Kragenknopf. In den Anfängen ihrer Liaison hatte er sich umständlich und verschämt entkleidet, während Felicity ihm amüsiert dabei zugesehen und seinen muskulösen Körperbau bewundert hatte.
    Später hatte er seine Scheu verloren, und sie hatten sich gegenseitig als erregendes Vorspiel zum Liebesakt ausgezogen.
    Sie strich sich mit dem Seidentuch über die Wange, dem ein frischer Duft nach Seife und Moschus entströmte. Ein lästiges Brennen stieg ihr in die Augen. Sie legte das Tuch beiseite, zog die Bürste energisch durchs Haar und schalt sich ihrer rührseligen Schwäche.
    Dies war gewiss nicht der geeignete Zeitpunkt, um Trübsal zu blasen. Solchen Anwandlungen konnte sie sich später hingeben. Jetzt galt es, klaren Kopf zu bewahren und entschlossen zu handeln.
    Es klopfte zaghaft an der Tür.
    Felicity fuhr herum, ihr Herz raste.
    „Mr. Greenwood!“, rief sie entrüstet. „Zwingen Sie mich nicht, einen Schutzmann rufen zu lassen, und Sie wegen Belästigung anzuzeigen!“
    „Der Herr ist gegangen, Mylady“, kam die schüchtern piepsende Stimme ihrer Zofe Hetty. „Ich habe noch Licht unter Ihrer Tür gesehen und dachte, Sie bräuchten mich vielleicht.“
    Erleichtert erhob Felicity sich, um die Tür zu öffnen.
    „Danke Hetty. Ja, ich brauche deine Hilfe. Der Lärm hat vermutlich ohnehin das ganze Haus geweckt. Bitte sage Ned und Mr. Hixon Bescheid, die große Karosse anspannen zu lassen und Vorbereitungen für eine Reise nach Norden zu treffen. Ich will in spätestens einer Stunde aufbrechen.“
    Das Mädchen schaute ihre Herrin mit großen Augen an. „Werden Sie lange fortbleiben, Mylady? Soll ich Ihre Koffer packen? Wünschen Sie meine Begleitung?“
    Felicity überlegte kurz. „Ich … denke nicht.“
    Von ihrer früheren Zofe Alice, die acht Jahre in ihren Diensten gewesen war, hätte sie das Angebot gern angenommen. Aber Alice hatte einen jungen Fleischer geheiratet, der sich bald selbstständig machen wollte, und Felicity musste sich mit Hetty zufriedengeben, einem beflissenen jungen Ding, das allerdings zur Schwatzhaftigkeit neigte.
    Ihr Plappern war gelegentlich erheiternd, aber stundenlang mit ihr in der engen Kutsche zu sitzen und sich ihr Geschwätz anhören zu müssen, wäre Lady Lyte ausgesprochen lästig gewesen. Sie zog es vor, alleine zu reisen, um ihren Gedanken nachzuhängen und Pläne für die Zukunft zu schmieden.
    „Ich bin nicht lange fort. Einen Tag, höchstens zwei. In dieser kurzen Zeit komme ich gut ohne deine Dienste zurecht.“
    Das ängstliche Gesicht der jungen Zofe entspannte sich in sichtlicher Erleichterung. „Wenn Sie mich nicht länger brauchen, Mylady, laufe ich los und sage Ned und Mr. Hixon Bescheid.“
    Mit einem hastigen Knicks rannte sie den Flur entlang. Ehe Felicity die Tür schließen konnte, fuhr Hetty noch einmal herum.
    „Soll die Köchin Ihnen eine Tasse Tee brühen, bevor Sie aufbrechen, Mylady? Und Ihnen einen Korb mit Sandwiches für unterwegs zurechtmachen?“
    Bei dem Gedanken an Essen überkam Felicity Übelkeit.
    „Für die Männer“, antwortete sie ganz knapp. „Für mich nichts.“
    Sie schlug die Tür zu, hastete zum Waschtisch und übergab sich in die Schüssel, bis ihr Magen nichts mehr hergeben wollte.
    Ermattet von der Anstrengung, tauchte sie ein Ende des Handtuchs in das lauwarme Wasser im Krug und sank auf den Hocker vor dem Spiegel. Während sie sich Stirn und Wangen betupfte, betrachtete sie ihr bleiches Spiegelbild, unglücklich und verwundert zugleich.
    Nach zwölf kinderlosen Ehejahren hatte ihr das Schicksal einen üblen Streich gespielt. Ihre sonst auf den Tag ge nau eintreffende Unpässlichkeit war plötzlich
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