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Entscheide dich, sagt die Liebe

Entscheide dich, sagt die Liebe

Titel: Entscheide dich, sagt die Liebe
Autoren: Siri Goldberg
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Daniele am Bahnhof gesehen hatte – schüttelte die dunkle Lockenmähne und lachte ihr Silberlachen. Dann zog der Arlecchino Claras Aufmerksamkeit auf sich. Er überreichte ihr eine blutrote Plastikrose. Dabei sah Puppenmeister Daniele sie so ernst an, dass ihr ganz mulmig wurde. Welche Farce wurde hier gespielt?
    Daniele legte die Puppen ab und kam näher, Clara saß wie festgeklebt auf ihrem Klavierhocker. Sie konnte den Blick nicht von seinen Lippen losreißen, die noch genauso rissig waren wie bei ihrer letzten Begegnung. Hilfe suchend sah sie zu Vincenzos Mutter, doch die packte ihren Sohn am Ärmel und zog ihn mit sich in die Küche.
    Jetzt waren die Lippen erschreckend nah. Clara versuchte, die Plastikrose schützend vor ihre Brust zu halten. Vergeblich.
    Lippenberührung.
    Gefühlsexplosion.
    Chaos.
    Kettenreaktion.
    Zuerst der Haselnussgeschmack. Er weckte das Frettchen in Claras Bauch, das hungrig war, sie in den Nabel zwickte und gierig fiepte. Doch die Frettchenschreie wurden übertönt von der Musik, die in Claras Kopf zu spielen begann, als hätten sich dort ein Orchester und eine Jazzband zugleich eingenistet. Es war die wunderbarste Musik, die sie je gehört hatte. Mozart und Miles Davies konnten sich brausen gehen.
    Dann vernahm Clara das Silberlachen der Schönen. Die Musik verstummte. Der Zauber zerplatzte wie eine Seifenblase. Wütend riss sie sich los und sprang auf. Funkelte ihn an. »Warum tust du das?«, fauchte sie auf Deutsch.
    »Weil ich dich liebe«, antwortete Daniele in ihrer Muttersprache.
    Sie versuchte, in den Kaffeeaugen zu lesen, konnte aber keine Lüge darin entdecken. Auch nicht Hohn oder Spott.
    Die Schöne erhob sich geräuschvoll und applaudierte. »Nicht schlecht. Mich brauchst du dann ja nicht mehr«, sagte sie pikiert. Sie stolzierte zum Ausgang. Mit einem Lächeln drehte sie sich noch einmal um. »Leb wohl, Daniele Davide!«
    »Ciao«, antwortete er, ohne Clara dabei aus den Augen zu lassen. »Franca Federica liebt solche Auftritte«, erklärte er. »Sie ist übrigens meine Zwillingsschwester.«
    Clara fühlte, wie das Blut bis unter ihre Haarwurzeln schoss vor Scham. »Zwillingsschwester«, murmelte sie. »Und was ist mit deiner …«
    »… Verlobten? Oh, ich war nie verlobt. Das hat Paolo bloß erfunden, um dich zu verunsichern.«
    »Erfunden also. Und warum hast du dich dann nie mehr gemeldet?«, flüsterte sie, aber es gellte in ihren Ohren wie ein Schrei.
    »Weil er auch mich verunsichert hat. Er hat behauptet, dass du auf Frauen stehst. Dass du dich in eine Kanadierin verliebt und ihn deshalb verlassen hast.« Daniele blickte zu Boden. »Das war nicht besonders nett von Paolo. Aber irgendwie kann ich ihn verstehen.« Er sah ihr wieder in die Augen.
    Ihre Knie hätten unweigerlich nachgegeben, hätte sie sich nicht am Klavier abstützen können.
    »Eure Trennung hat ihn wohl tiefer getroffen, als ich, du oder er selbst das wahrhaben wollten.«
    Clara wirkte schuldbewusst. »Ich hätte viel früher erkennen müssen, dass ich Liebe mit Geschmeicheltsein verwechselt habe.«
    »Paolo hat sich so verbissen um dich bemüht, das hätte jede Frau verwirrt.« Daniele griff nach ihrer Hand.
    Sie schluckte. »Ich war so unerfahren. Habe so vieles nicht gewusst.«
    Er zog sie in seine Arme und küsste sie wieder. Die Gefühlssensationen wiederholten sich. Diesmal gab es keine Störung, und die Musik in Claras Kopf wollte kein Ende nehmen.
    Eine halbe Sinfonie später lösten sich seine Lippen von ihren. Er zog sie mit sich, zur Tür. »Komm«, sagte er.
    Es klang wie die Einladung, ein neues Kapitel aufzuschlagen.
     
    Paolos Zeigefinger tastete sich im Zeitlupentempo über Madisons Nasenrücken – sie hatte eine lustige Stupsnase –, weiter über ihren herzförmigen Mund, das Kinn mit dem vorwitzigen Grübchen und den Hals.
    Sie kicherte.
    »Wenn du deinen Teil unseres Deals nicht einhältst, werde ich dein Geheimnis aus dir herauskitzeln«, sagte er schmollend. Er hatte weiß Gott alles getan. Hatte den gefürchteten Anruf hinter sich gebracht, hatte Giovanna aus der Küche vertrieben und selbst Pfannkuchen zubereitet. Dicke, goldgelbe Pfannkuchen, um Madisons Spontangelüste zu befriedigen. Sie übergossen sie mit Ahornsirup und vernaschten sie an Ort und Stelle, im Stehen. Anschließend hatte er Madison ins Schlafzimmer getragen und sie voll Hingabe geliebt, dass sein sexsüchtiger Vorfahr in seinem Grab rotiert wäre vor Neid.
    Und jetzt rückte sie immer noch nicht
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