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Entscheide dich, sagt die Liebe

Entscheide dich, sagt die Liebe

Titel: Entscheide dich, sagt die Liebe
Autoren: Siri Goldberg
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meergrünen Baldachin in Schwingungen, als hätten sich die letzten Böen des Schirokko in die Ca’ Minotti verirrt.
     
    Es regnete nicht mehr und vom Sturm war nur noch ein Lüftchen übrig geblieben, das die Wasseroberfläche in nachtgrünes Krepppapier verwandelte.
    Daniele hatte Clara zur Anlegestelle seines Bootes geführt und half ihr beim Einsteigen. Er ließ den Motor an und legte den Arm um sie.
    »Wo fahren wir hin?«, fragte Clara. Der Fahrtwind riss an ihrem Haar, als sie Venedig hinter sich ließen. Sie fröstelte und schmiegte sich enger an ihn.
    »Irgendwohin, wo wir allein sind.«
    Das Boot durchpflügte die Lagune. Sie ließen Murano hinter sich. Als die Umrisse einer winzigen Insel sichtbar wurden, die Clara nicht kannte, wurde Daniele langsamer. Er stellte den Motor aus und zeigte in den Himmel.
    Claras Blick folgte seinem ausgestreckten Finger. Es war unglaublich. Noch nie hatte sie so viele Sterne gesehen. Wie feurige Punkte hoben sie sich vom samtblauen Himmel ab und fügten sich zu Bildern.
    »Schön, nicht?«
    Sie antwortete, indem sie ihn küsste. Die Zeit stand still. Es gab nur noch das Glucksen der Wellen, das Schaukeln des Boots, den Geschmack der Haselnüsse und die Musik in ihrem Kopf. Vielleicht kann ich sie später aufschreiben, dachte Clara, ließ den Gedanken aber sofort fallen, um sich stattdessen ganz im Prickeln zu verlieren, das die Begegnung ihrer Zungen auslöste.
     
    Als sie am nächsten Morgen die Augen öffnete, fand Clara sich nicht gleich zurecht. Sie lag in einem schmalen Bett, die ersten Strahlen der Novembersonne blinzelten durchs Dachfenster einer Wohnung, die sie nicht kannte, und der Arm eines Mannes lag über ihrem Bauch.
    SEIN Arm.
    Also hatte sie die Flut der Zärtlichkeiten nicht geträumt. Vorsichtig richtete sie sich auf. Sie sah zu, wie Danieles Brust sich hob und senkte. Bemerkte schmunzelnd, dass seine Oberlippe zuckte, von der ein winziges Hautstück abstand. Dann seufzte er im Schlaf auf und drehte sich auf die Seite, ohne aufzuwachen. Sie bewunderte die perfekte Schnecke seines Ohrs und unterdrückte das dringende Bedürfnis, am Läppchen zu knabbern.
    Plötzlich musste sie an Amelie denken. An ihre letzte Begegnung. Und was ihr ehemaliges Kindermädchen darüber gesagt hatte, wie man den Richtigen erkannte. »Sauge seinen Duft ein. Wenn du das Gefühl hast, du bist zu Hause angekommen, dann ist er für dich gemacht.« Und hatten nicht Jim und Betty etwas Ähnliches behauptet? Dass er nach ihrem innersten Sehnen riechen müsse, nach dem Wunsch miteinander alt zu werden und nach Heimat.
    Clara glaubte zwar kein Wort, trotzdem konnte sie es nicht lassen, sich über Danieles Ohr zu beugen, die kaffeebraunen Haarkringel zur Seite zu schieben und an seiner Schläfe zu schnuppern.
    Der Duft war unerwartet intensiv, und sie erkannte ihn sofort. Sie sah sich als Kind die Platane vor der Villa Prachensky umarmen und den herbsüßen Geruch der Rinde einsaugen, der sie in jeder Situation zu trösten und zu beruhigen vermocht hatte. Und dann konnte sie den Geruch sogar hören. Bach, das italienische Konzert in einer verjazzten Fassung, die eines Keith Jarrett würdig gewesen wäre.
    War sie zu Hause angekommen?
    Sie hätte den Gedanken gern vertieft. Aber einen Herzschlag später erwachte Daniele – und das Lieben begann von vorn.

 
    – an meine treuen Testleserinnen Kerstin und Susanne für das verlässliche Aufspüren von Peanuts, Erbsen, Kürbissen, sonstigen Früchtchen sowie kleinen und großen Hunden, für die motivierenden Worte und das oftmalige Äußern von Elchdrohungen.
     
    – an meine Literaturagentin Beate Riess für die fabelhafte Zusammenarbeit, ihre kluge und professionelle Arbeitsweise und dafür, dass sie ganz einfach das Herz am richtigen Fleck hat.
     
    – an den Thienemann-Verlag, ganz besonders aber an meine Lektorin Heike Brillmann-Ede , die mir mit maximalem Einfühlungsvermögen und viel Herzblut zur Seite stand, wieder einmal die richtigen Fragen gestellt und an den richtigen Stellen gehobelt und gefeilt hat. Vor allem aber danke ich ihr für die Geduld und ihren wunderbaren Humor.

 
    Als E-Book ist von Siri Goldberg auch erschienen:
    Farnblütenträume
     
     
    Goldberg, Siri:
    Entscheide dich, sagt die Liebe
    ISBN 978 3 522 62098 7
     
    Umschlaggestaltung: bürosüd°, München
    E-Book-Konvertierung: KCS GmbH, Buchholz/Hamburg
    © 2013 by Thienemann Verlag (Thienemann Verlag GmbH), Stuttgart/Wien
     
    Alle Rechte vorbehalten.
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