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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman
Autoren: Matti Rönkä
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vor Matti.
    Malkins Handlanger schnitten die Fesseln an Korsakows und Gelajews Knöcheln durch. Sie stützten die schwankenden Männer und führten sie über Frolows Terrasse und durch den Garten davon.
    Ich sah auf die Uhr. Die Zeiger waren gerade dabei, über der Zwölf miteinander zu verschmelzen.
    »Wir müssen sicher noch ein paar Stunden auf Ponomarjow warten. Schraub das Oberlicht fest und pass auf, dass du kein Werkzeug liegen lässt«, ordnete ich an.
    Matti nickte, blieb aber noch im Wohnzimmer stehen und tippte auf seinem Handy herum.
    »Was meinst du, ob das nützlich ist?«, fragte er verschmitzt und hielt mir das Display unter die Nase.
    Das Bild setzte sich in Bewegung, zwei Männer rangen stehend miteinander, ein dritter lag auf dem Boden. Aus dem Lautsprecher des Handys drangen unverständliche Rufe, dann hörte man zwei scharfe Schüsse, und die liegende Gestalt zuckte. Der kräftige Mann im Vordergrund warf den anderen stehenden Mann zu Boden und drehte sich um, bewegte sich wie in Zeitlupe. Licht fiel auf sein Gesicht. Der Legationssekretär Arkadi Malkin war klar und deutlich zu erkennen.
    »Ja. Das ist nützlich.«
     
    Der Bus schaukelt und rüttelt. Ich umklammere mit beiden Händen den glänzenden Handgriff, der an der Rücklehne der Bank vor mir festgeschraubt ist. Die Sitze sind mit dickem braunem Kunstleder bezogen. Ich kann mich nur mit Mühe auf dem glatten Sitz halten. Der Bus schlingert, wenn er den Löchern auf der frostgeschädigten Straße ausweicht.
    Es ist ein altes Modell, das in ländlichen Gegenden und auf entlegenen Strecken eingesetzt wird. Der Bus hat das Chassis eines Lastwagens, eine hohe, kantige Karosserie und Reifen mit grobem Profil.
    Ich überlege mir, dass ich auf dem Weg zur Schule bin. Es ist Frühling. An schattigen Stellen liegt noch grobkörniger Schnee. Der Ranzen auf meinem Rücken ist schwer, er zwingt mich, auf der Vorderkante der Bank zu kauern, aber so komme ich auch besser an den Handgriff heran.
    Ich schaue nach hinten und sehe, dass dort Soldaten sitzen. Als ich den Kopf wieder nach vorn drehe, ist auch der vordere Teil des Busses voll von jungen Männern in grüner Uniform, alle tragen Kampfwesten und staubige Stiefel. Die Sturmgewehre ragen zwischen den Beinen in die Höhe oder hängen quer über der Brust.
    Die Maska 1-Helme weisen die Männer als Speznaz-Soldaten aus, und plötzlich begreife ich, dass ich genauso ausgerüstet bin.
    Gerade eben rauschte der vertraute Wald am Fenster vorbei, zu nah, als dass er sich in eine Landschaft verwandelt hätte. Birken mit weißen Stämmen und Erlenbüsche in einer feuchten Senke, zwischendurch dunkle, dichte junge Fichten. Plötzlich wird die Luft trockener, und auch das Licht verändert sich. Ich beuge mich vor zum Mittelgang, damit ich am Fahrer vorbei durch die Windschutzscheibe sehen kann. Das Dröhnen des Motors schwillt wellenartig an, während sich der Bus eine schmale, steinige Straße hochkämpft. Der Abhang ist braun verbrannt, er öffnet sich zu einer trockenen Hochebene.
    Ich habe Angst. Man bringt uns nach Afghanistan. Vielleicht sind wir schon dort.
    Die Decke war beruhigend weiß. Ich starrte sie an und spürte, dass mein Hemd schweißnass war. Meine rechte Seite schmerzte. Ich hatte mich im Schlaf gekrümmt, die Bauchmuskeln zuckten wie nach einem Krampf.
    Durch das offene Fenster drang gedämpfter Lärm, eine Mischung aus Verkehr und Bauarbeiten und Maschinen, zwischendurch der helle Ruf eines Kindes. Tapanila und Malmi waren wach.
    Marja kam herein, setzte sich auf den Bettrand.
    »Es ist neun Uhr. Stehst du auf, oder willst du noch schlafen? Du bist ziemlich spät nach Hause gekommen. Ist alles in Ordnung?« Sie ließ ihre Fragen ganz unschuldig vom Stapel, ohne Hintergedanken.
    »Ja. Vielleicht«, brachte ich heraus.
    Marja runzelte die Stirn.
    »Mein Rücken tut weh.«
    Ich stand auf. Ich musste gehen und Frolow finden.

36
    Polizeihauptquartier Pasila, Helsinki
    Kriminalmeister Tarkiainen saß in seinem kleinen Dienstzimmer im zweiten Stock des Polizeigebäudes und starrte auf den großen Monitor des Computers. Er hatte die braungrauen Vorhänge zugezogen, damit es ein wenig dunkler wurde und die Aufnahmen klarer zu sehen waren. Tarkiainen hatte ein paar Mal gemerkt, dass er beinahe einschlummerte, die stummen Bilder waren vor seinen Augen vorbeigerauscht. Der blasse, weiche Strom der Aufnahmen der Überwachungskamera war eintönig, und das sanfte Dämmerlicht wirkte einschläfernd wie
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