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Engel küssen besser

Engel küssen besser

Titel: Engel küssen besser
Autoren: Karen Whittenburg
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nun einmal, und damit ist die Diskussion beendet.”
    “Das ist nicht fair”, schmollte Allison.
    “Du hättest uns vielleicht vorwarnen können, Sam”, sagte Gloria sehr ruhig, aber damit goss sie nur noch Öl auf das Feuer.
    “Ich weiß selbst auch erst seit Kurzem, dass ich diese Reise machen muss.”
    “Aber du musst gewusst haben, dass diese Reise bevorstand. Du hättest …”
    “Ja ich hätte, hab ich aber nicht.” Sam sah keinen Grund, warum er sich schuldig fühlen sollte. Es ging schließlich nur um zwei Tage. “Und so wird es gemacht. Ich fahre und ihr nicht. Basta. Ich fahre morgen früh selbst zum Flughafen, und ich sehe euch beide am Donnerstagabend wieder. Können wir jetzt bitte in Ruhe zu Ende essen?”
    “Ich will dieses dumme Essen nicht!” Allie stiegen vor lauter Wut die Tränen in die Augen, und sie rutschte von ihrem Stuhl hinunter. “Hunny hasst Karotten!”
    Sam sah seiner Tochter die Verunsicherung an, und es tat ihm weh, ihr Kummer zu bereiten. Voller Mitgefühl streckte er die Hand nach ihr aus und versuchte, sie in die Arme zu nehmen, um sie zu beruhigen. Aber sie riss sich los und starrte ihren Vater an, als ob er all ihre Geheimnisse an ihren schlimmsten Feind verraten hätte.
    “Ich fahr doch nur für zwei Tage fort”, versuchte er zu erklären. “Du und Gloria werdet viel Spaß miteinander haben. Ihr könnt mit den Welpen spielen und mit Ethel und mit Dobbin. Du kannst fernsehen und Bücher lesen. Du kannst dir sogar ein paar Freunde einladen. Und bevor du überhaupt merkst, dass ich fort bin, bin ich schon wieder zurück. Ich gehe doch nicht für immer fort.”
    “Ich will aber, dass du weggehst”, sagte Allie. “Und ich will, dass du nie wieder kommst! Hast du verstanden? Komm nicht wieder!” Sie hielt Hunny fest im Arm, als sie hoch erhobenen Hauptes aus dem Zimmer ging.
    Er beobachtete sie, wie sie die Treppe nach oben stampfte und nahm sich vor, nach seiner Rückkehr mehr Disziplin und Struktur in das Leben seiner Tochter zu bringen. Sie wurde immer widerspenstiger. Gloria war oft sogar noch nachsichtiger als Allies Großmutter. Vorwurfsvoll sah er die einzige Person an, die noch mit ihm im Zimmer war und mit ihm die Verantwortung teilen konnte.
    Sie antwortete aber nur mit einem Achselzucken. “Ich glaube, sie ist gekränkt.”
    “Wirklich? Dann seid ihr euch ja einig.”
    “Ich bin nicht gekränkt, Sam. Ich möchte nur nicht, dass du gehst.”
    “Warum nicht? Hast du Angst, die Katze könnte wieder auf einen Baum klettern, und du bekommst sie nicht alleine herunter? Oder fürchtest du dich davor, dass du wieder von einem Haushaltsgerät angegriffen wirst? Oder willst du dich einfach nicht allein um Allie kümmern? Ist es das, Gloria? Bist du so sehr von mir abhängig, dass du Angst davor hast, allein gelassen zu werden?”
    Gloria blitzte ihn voller Wut und Verletztheit an. “Du brauchst mich nicht anzugreifen, Sam. Ich bin nicht diejenige, die hofft, dass du nie wieder kommst.”
    Jetzt war er tief getroffen, und der Schmerz lastete schwer auf ihm. Sam fühlte sich sehr hilflos. “Das hat sie nicht so gemeint. Sie ist einfach noch zu jung, um verstehen zu können.”
    “Sie hat Angst.”
    “Jeder hat Angst. Sie muss sich daran gewöhnen.”
    Gloria zog mit dem Finger einen Kreis auf dem Tisch und wusste nicht, was sie sagen sollte, wie sie ihm erklären sollte, dass Angst auch bei ihm so etwas wie ein Dieb war, der ihm täglich die Freuden des Lebens stahl.
    “Wie steht es mit dir, Gloria? Wovor hast du Angst?”
    Sie zog immer wieder die ununterbrochene Linie des Kreises nach. “Zeit”, sagte sie schließlich. “Ich habe Angst, dass mir die Zeit davonläuft. Ist das nicht eigenartig? Zeit ist eigentlich nur eine Vorstellung, eine Illusion der Menschen. Ich hätte nie gedacht, dass ich erleben würde, wie sie verstreicht. Und da treffe ich dich, und ich fange an, jede Sekunde zu zählen …”
    Sam streichelte Gloria am Kinn. Seine Hand fühlte sich warm und fest an, und sie musste dem Druck nachgeben, um ihn anzusehen. Erstaunen und Hoffnung standen ihm in den dunklen Augen. Als er sich langsam über den Tisch zu ihr hinüberbeugte, ohne die Hand von ihrem Kinn zu nehmen, wurde auch in ihr die Hoffnung geweckt. Er gab ihr einen zarten unwiderstehlichen Kuss, der in ihr schmerzvolles Verlangen auslöste. Sie hielt sich mit beiden Händen an seinen Schultern fest und er spürte, wie in ihr für sie unerklärliche brennende Tränen aufstiegen.
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