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Engel küssen besser

Engel küssen besser

Titel: Engel küssen besser
Autoren: Karen Whittenburg
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dass Sie das noch einmal überdenken, verdammt noch mal!” Der Telefonhörer wurde aufgeknallt, und dann hörte man nur noch wütend geknurrte, undeutliche Worte.
    Allie hielt ihrem Drachen die Ohren zu. “Hör nicht hin, Hunny. Sam ist nicht auf dich böse. Er weiß, dass es nicht deine Schuld ist, dass Miss Maggard abgehauen ist und er nun einen anderen
Schubsengel
finden muss.” Sie strich über Hunnys weichen klumpigen Kopf. “Wenn Mummy statt im Himmel bei uns wohnen würde, wäre Sam nicht immer so wütend, und er müsste nicht so viele Arbeiten machen, und er würde uns jeden Abend
Das beste Nest
vorlesen.”
    Musik kam aus dem Büro, und Allison seufzte aus tiefstem Herzen. “Er hört wieder
dieses Lied”
, flüsterte sie. “Jetzt wird er böse
und
traurig.” Grandma hatte ihr erzählt, dass Sam sich bei dieser Musik an ihre Mutter ‘innerte, aber Allie mochte
dieses Lied
nicht. Sie erinnerte sich auch nicht an ihre Mutter. Und manchmal hatte sie Angst, dass Sam weggehen und nie zurückkommen würde, und dass sie sich dann auch an ihn nicht mehr erinnern würde.
    Sie hörte Glas auf Glas klimpern und wusste, dass er sich etwas zum Trinken eingoss. Sie drückte die Augen ganz fest zu und wünschte, jetzt in Sams Büro zu sein. Ein Mal vor langer Zeit hatte sie auf dem Sofa schlafen dürfen, während er am Schreibtisch arbeitete, und als sie aufgewacht war, hatte er ihr ein Glas Orangensaft gegeben und ihr eine Geschichte vom allerkleinsten Engel erzählt. Er hatte sogar gesagt, dass dieser Engel als Kuscheltier einen kleinen Drachen hatte, damit Hunny sich nicht ausgeschlossen fühlte. Nachdem Mummy tot war, hatte Allie ihn gebeten, ihr die Geschichte noch einmal zu erzählen, aber er sagte, dass er keine Geschichten von Engeln kennen würde. Hunny hatte geweint und geweint und wollte gar nicht schlafen gehen. Allison musste ihm sein “Puff”-Lied vorsingen, obwohl sie gar nicht alle Wörter kannte, und Hunny weinte trotzdem immer weiter, die ganze Nacht.
    Allie nahm die Vorderfüße des Drachens und setzte sich ihn auf den Schoß. Sie zog ihn heftig an den spärlichen Barthaaren, die aus seinem Kinn wuchsen, und zwang ihn, sie mit seinen schwarzen Knopfaugen anzusehen. “Und fang nicht an zu weinen, Hunny”, warnte sie ihn in strengem Flüsterton. “Denn ich werde dir nicht wieder ‘Puff’ vorsingen. Du bist jetzt nämlich groß und musst aufhören, dich wie ein Baby zu benehmen. Und wenn du weiter Probleme machst, dann gibt dir niemand Apfelmus. Du muss also jetzt brav sein, wie der Drache von dem allerkleinsten Engel.” Sie schüttelte das Stofftier, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. “Hast du mich verstanden?”
    Sie wusste, dass Hunny schmollen würde. Darum drückte sie ihn fest an ihr Nachthemd und erzählte ihm, er sei der beste Drache auf der ganzen Welt, und dass sie ihn sehr lieb hatte und sich etwas ausdenken würde, damit Sam nicht mehr so oft böse war, weil Miss Maggard gegangen war und er einen anderen Schubsengel besorgen musste, der auf sie beide aufpasste.
    Und plötzlich hatte sie eine Idee. Sie fand sie so wunderschön, dass sie einen Augenblick nachdenken und sie bewundern musste, bevor sie sie Hunny anvertrauen konnte. “Wir könnten einen Engel für Sam besorgen”, flüsterte sie. “Dann ist er wieder glücklich und … und … er liest uns eine Geschichte vor.” Schon bei dem Gedanken daran fühlte sie sich richtig gut.
    Aber wie sollte sie einen Engel besorgen? An den Teil der Geschichte konnte sie sich nicht erinnern. Allie dachte einige Minuten angestrengt nach, dann seufzte sie tief und zog sich am Geländer hoch. “Wir müssen Sam fragen”, sagte sie dann.
    Das wollte Hunny zwar nicht, aber Allison zog ihn einfach am Schwanz hinter sich her, als sie die restlichen Treppen hinunterstapfte und leise zur Tür des Arbeitszimmers schlich. Dort zögerte sie einen Augenblick und gab der Tür dann einen kleinen Schubs, sodass sie mit einem verräterischen Quietschen nach innen aufging. Sam schien es nicht gehört zu haben, denn er blieb zurückgelehnt in seinem großen schwarzen Stuhl sitzen und hörte nur
das Lied
.
    “Sam?”, sagte sie ganz leise, als würde sie einer Maus ins Ohr flüstern, und wartete auf seine Antwort. Als er sie immer noch nicht bemerkte, schluckte sie und sagte etwas lauter noch einmal: “Sam?”
    Er hob den Kopf. “Allison! Was machst du schon wieder hier unten? Habe ich dir nicht gesagt, was passiert, wenn du noch einmal
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