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Engel der Schatten - 03 - Sandra Henke

Engel der Schatten - 03 - Sandra Henke

Titel: Engel der Schatten - 03 - Sandra Henke
Autoren: Herrin von Vandalis
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Tages die Wahrheit ans Licht, ist dein Schicksal besiegelt."
    Ich versuchte tief zu atmen, um nicht hysterisch zu werden. Mein Vater tötete meine Mutter. Er hatte sie und mich all die Jahre gesucht und verfolgt, um uns in die Hölle zu schicken. Doch aus irgendwelchen väterlichen Gefühlen ließ er mich am Leben. Obwohl er gar nicht mein Vater war und dies auch wusste. Ein Incubus war mein wirklicher Vater. Ein Incubus verführte mich vor ein paar Stunden. Er hatte sich mit mir vereinigt und seinen teuflischen Samen in mich hineingeschossen, wie der Dämon vor einer Ewigkeit bei meiner Mutter.
    Das war alles zu viel für mich. Ich wollte nicht mehr denken! Ich befürchtete, dies
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Sandra Henke
    Herrin von Vandalis
    alles nicht zu verkraften.
    Ich schlang beide Arme um meinen Bauch und fragte mich, ob sich wohl schon ein Wechselbalg darin befand. Mir war nun klar, wieso es mich seit meiner Ankunft auf Vandalis hinaus in die Dämonenwelt gezogen hatte. Mein Blut! Es pulsierte bei Nacht und ließ mich nicht schlafen. Es pochte in meinen Adern. Nun erkannte ich, dass die Sehnsucht mich in meine wahre Heimat zog.
    "Pass auf, Morgana!" Die Schreie des Schinderjaans holten mich aus meinem Weinkrampf. Was wollte er noch von mir? Mein Blick klärte sich nur langsam. Ich hatte zu viel geweint.
    Das Surren von Flügelschlägen umgab mich mit einem Mal. Die Luft vor meinem Gesicht wurde durcheinander gewirbelt. Ich schloss die Augen, als im selben Moment etwas meine Schultern kratzte. Als ich meine Augen wieder öffnete, blickte ich
    geradewegs in die menschenähnliche Fratze einer Harpye. Die Kratzer brannten. Panisch schlug ich mit den Händen um mich, doch sie ließ nicht von mir ab. Dann spürte ich eine dritte Kraft. Aus den Augenwinkeln sah ich den Schinderjaan.
    Wie besessen schlug er mit einem Ast auf die Harpye ein. Plötzlich ließen ihre Klauen von mir ab. Sie erhob ihren massigen Körper in die Luft und verschwand so schnell, wie sie gekommen war.
    Erschöpft fiel ich ins Gras. Ich zitterte. Überall hatte ich Kratzer.
    Der Schinderjaan hob mich auf seine Arme. Ich legte den Kopf vorsichtig an seinen Hals und vertraute, dass er das Richtige mit mir tat. Ja, das tat ich wirklich. Ich fühlte eine gewisse Seelenverwandtschaft. Wir besaßen beide einen dunklen Fleck auf unserer Seele – er durch seine Sünden in den Katakomben und ich durch meine Abstammung.
    "Nimm einen Schluck aus der kleinen Flasche, die um meinen Hals hängt", sagte er sanft. "Das Mittel wird dich beruhigen. Ich nehme es selbst, seit Magolat mir die Lustkette um die Genitalien gelegt hat."
    Erschöpft tastete ich - ohne meine Augen zu öffnen - nach der Flasche, löste den Stopfen und nahm einen Schluck. Ich verschloss sie und lehnte mich wieder an den Hünen. Die bittere Flüssigkeit, die nach Alkohol und Kräutern schmeckte, wärmte mich.
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    "Es ist schon fast hell. Wir sollten jetzt tiefer in den Wald hineingehen. Dort gehören wir nun hin, Morgana. Die vergangene Nacht hat uns beide zu Kreaturen der Schattenwelt gemacht. Wir sind Außenseiter und Widernatürliche." Der Schinderjaan flüsterte, als wollte er vermeiden Vandalis zu wecken und auf unser Schicksal aufmerksam zu machen.
    Ich öffnete träge meine Augen und beobachtete, dass wir uns vom See fort bewegten und die Dunkelheit des Waldes sich wie eine schützende Hand um uns legte. Mein Blick erfasste die kalten Steinmauern meines einstigen Obdachs. Hass und Wut stiegen in mir auf. Eines Tages würde ich Rache üben.
    Bis dahin war der Schinderjaan mein Weggefährte. Ich würde seine lustvollen Qualen lindern, wie er meine Sehnsucht nach Ausschweifung erfüllen würde. Keine allzu schlechten Aussichten, fand ich und lächelte. Er brauchte täglich Erleichterung,
    ich dagegen würde endlich so schmutzig sein wie meine Phantasien. Da gab es niemanden, der uns hinderte, keiner, der uns verstieß, denn wir waren bereits Ausgestoßene. Endlich waren wir frei. Keine Regeln. Keine Moral. Nur freie Liebe.
    "Halt!", donnerte da eine tiefe Stimme. "Ich kann dich nicht gehen lassen." "Vater", schoss es aus mir heraus und ich hätte mich selbst ohrfeigen können. Breitbeinig stellte er sich uns in den Weg mit Magolat an seiner Seite. Er trug eine schwarze Lederhose, edel verziert durch eingewobene Goldfäden. Der Gürtel um seine Hüften hielt nicht nur das knielange dunkle Obergewand zusammen, sondern versteckte gleichzeitig den wohlgenährten Bauch, einem
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