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Engel aus Eis

Titel: Engel aus Eis
Autoren: Camilla L�ckberg
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ins Gras. Dann wischte er sich den Mund ab und wisperte: »Entschuldigung.«
    »Schon in Ordnung«, sagte Martin. »Das ist uns beim Anblick einer Leiche allen schon passiert.«
    »Mir nicht«, sagte Mellberg von oben herab.
    »Mir auch nicht«, fügte Gösta lakonisch hinzu.
    »Nein, ich habe das auch noch nie gemacht«, teilte Paula mit.
    Martin drehte sich um und warf den dreien einen scharfen Blick zu.
    »Er sah tierisch eklig aus«, kam Adam seinem Freund zu Hilfe. Trotz des Schocks schien er die Situation in gewisser Weise zu genießen. Hinter ihm würgte Mattias noch einmal, aber nun kam offenbar nur noch Galle.
    »Kann irgendjemand die Jungs nach Hause bringen?« Martins Frage war an alle gerichtet. Nach kurzem Schweigen meldete sich Gösta zu Wort.
    »Kommt, Jungs, ich fahre euch nach Hause.«
    »Wir wohnen ganz in der Nähe«, sagte Mattias leise.
    »Dann begleite ich euch zu Fuß.« Gösta machte eine auffordernde Geste. Betont lässig zottelten die beiden hinter ihm her, Mattias wirkte dankbar, aber Adam war ganz offensichtlich enttäuscht, dass er den weiteren Handlungsverlauf verpassen würde.
    Martin blickte ihnen hinterher, bis sie hinter der Biegung verschwunden waren, und sagte dann in einem Ton, der alles andere als Begeisterung ausdrückte: »Dann wollen wir mal sehen, was wir hier haben.«
    Bertil Mellberg räusperte sich. »Ich habe zwar keine Probleme mitLeichen … gewiss nicht … ich habe in meinem Arbeitsleben bereits unzählige gesehen, aber irgendjemand muss ja auch … die Umgebung in Augenschein nehmen. Vielleicht ist es am besten, wenn ich als Vorgesetzter diese Aufgabe übernehme – schließlich habe ich am meisten Erfahrung.«
    Martin und Paula tauschten amüsierte Blicke, doch dann sagte Martin mit ernstem Gesichtsausdruck: »Da ist was Wahres dran, Bertil. Es ist am besten, wenn jemand mit deiner Erfahrung das Grundstück untersucht. Dann können Paula und ich ins Haus gehen.«
    »Ja … ganz genau. Das ist sicherlich am vernünftigsten.« Mellberg wiegte sich zunächst leicht auf den Absätzen, doch dann trottete er über den Rasen.
    »Sollen wir reingehen?«, fragte Martin. Paula nickte.
    »Jetzt müssen wir vorsichtig sein«, sagte Martin, bevor er die Tür öffnete. »Falls es sich nicht um eine natürliche Todesursache handelt, dürfen wir keine Spuren zerstören. Wir sehen uns nur ein bisschen um, und dann kommen die Techniker.«
    »Ich habe fünf Jahre bei der Kriminalpolizei in Stockholm gearbeitet und weiß, wie man sich an einem Tatort zu verhalten hat«, erwiderte Paula, allerdings nicht unfreundlich.
    »Entschuldige, das wusste ich eigentlich«, entgegnete Martin peinlich berührt. Dann konzentrierte er sich wieder auf die bevorstehende Aufgabe.
    Schon im Hausflur herrschte eine unheimliche Stille. Außer ihren Schritten war kein Laut zu hören. Martin fragte sich, ob ihm die Ruhe genauso gespenstisch erschienen wäre, wenn sie nicht wüssten, dass sich eine Leiche im Haus befand. Er kam zu dem Schluss, dass dies wahrscheinlich nicht der Fall war.
    »Dort drinnen«, flüsterte er, bevor ihm einfiel, dass es keinen Grund gab, leise zu sein. Als er seine Worte wiederholte, hallten sie von den Wänden wider.
    Paula war direkt hinter ihm. Martin machte einen Schritt auf den Raum zu, in dem sich die Bibliothek befinden musste, und öffnete die Tür. Der merkwürdige Geruch, der ihnen im Haus sofort aufgefallen war, wurde noch stärker. Die Jungs hatten recht. Es lagen Tausende von Fliegen auf dem Fußboden. Es knisterte,als zuerst er und dann Paula das Zimmer betraten. Der Geruch war süß und schwer, aber mit Sicherheit nicht halb so widerlich, wie er zu Beginn gewesen sein musste.
    »Kein Zweifel, hier ist vor einer ganzen Weile jemand gestorben«, sagte Paula, während sie und Martin gleichzeitig den Blick auf den Gegenstand am anderen Ende des Raums hefteten.
    »Nein, das lässt sich nicht leugnen«, erwiderte Martin mit einem unangenehmen Beigeschmack im Mund. Er riss sich zusammen und ging vorsichtig quer durchs Zimmer auf die Leiche zu.
    »Bleib da stehen.« Er hob die Hand, und Paula verharrte gehorsam an der Tür. Sie nahm es ihm nicht übel. Je weniger Polizisten durch den Raum stapften, desto besser.
    »Das sieht wirklich nicht nach einer natürlichen Todesursache aus«, stellte Martin fest, während ihm Galle die Speiseröhre hochstieg. Er schluckte mehrmals, um den Würgereflex zu unterdrücken, und versuchte, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Trotz des
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