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Endstation Venedig

Endstation Venedig

Titel: Endstation Venedig
Autoren: Shaya
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mit einem Kopfnicken fortzufahren.
    Er trieb in der Nähe der Treppe,
    aber wir mußten ins Wasser, um ihn herauszubekommen. Ich habe ihn auf den Rücken gelegt. Zur Wiederbelebung. Aber es war hoffnungslos, Commissario. Wie es aussieht, ist er schon lange tot. Seine Stimme klang abbittend, beinah als würde der erfolglose Versuch, dem jungen Mann wieder Leben einzuhauchen, die Endgültigkeit seines Todes noch unterstreichen.
    Haben Sie die Leiche durchsucht?
    fragte Brunetti.
    Nein. Als wir sahen, daß wir nichts tun konnten, hielten wir es für das beste, ihn für den Arzt so liegenzulassen.
    Gut, gut , murmelte Brunetti. Luciani erschauerte, entweder vor Kälte oder in Erkenntnis seines Mißerfolgs, und kleine Wasser-tropfen fielen unter ihm zu Boden.
    Sie beide gehen jetzt nach Hause. Nehmen Sie ein Bad, essen Sie was. Und trinken Sie etwas gegen die Kälte.
    Beide Männer lächel-
    ten bei diesen Worten, dankbar für den Vorschlag.
    Und nehmen
    Sie das Boot. Bonsuan bringt Sie heim. Beide.
    Die Männer bedankten sich und drängten sich durch die Men-schentraube, die in den letzten Minuten seit Brunettis Ankunft grö-
    ßer geworden war. Er wandte sich an einen der beiden Uniformierten, die mit ihm gekommen waren.
    Drängen Sie die Leute zurück,
    dann lassen Sie sich Namen und Adressen geben, von allen , ordnete er an.
    Fragen Sie, wann sie hier angekommen sind und ob sie heute morgen irgend etwas Ungewöhnliches gesehen oder gehört haben. Danach schicken Sie sie nach Hause.
    Er verabscheute diese
    Leichenfledderer, die sich stets an Orten des Todes einfanden, und hatte nie verstanden, welche Faszination der Tod für viele hatte, besonders in seiner gewaltsamen Form.
    Er sah sich wieder das Gesicht des jungen Mannes auf dem Boden an, das jetzt Gegenstand so vieler mitleidloser Blicke war. Ein gutaussehender Mann mit kurzem, blondem Haar, das dunkler wirkte durch die Nässe, die eine Pfütze rings um ihn bildete. Seine Augen waren von einem klaren, durchsichtigen Blau, sein Gesicht wirkte symmetrisch, die Nase schmal und wohlgeformt.
    Hinter sich hörte Brunetti die Stimmen der Polizisten, die begannen, die Menge zurückzudrängen. Er rief Puccetti zu sich und ignorierte das erneute Salutieren des jungen Mannes.
    Puccetti, ge-
    hen Sie zu den Häusern da drüben auf der anderen Seite des Kanals, und fragen Sie, ob jemand etwas gehört oder gesehen hat.
    In welcher Zeit, Commissario?
    Brunetti überlegte kurz und bedachte den Mondstand. Vor zwei Nächten hatten sie Neumond gehabt; die Flut war demnach nicht stark genug gewesen, um die Leiche sehr weit zu tragen. Er würde Bonsuan danach fragen. Die Hände des Toten waren seltsam runzlig und weiß, ein sicheres Zeichen, daß er lange im Wasser gelegen hatte.
    Wenn er erst wußte, wie lange der junge Mann schon tot war, würde er es Bonsuan überlassen, auszurechnen, wie weit es ihn abgetrieben haben konnte. Und von woher. Inzwischen mußte er Puccetti eine Antwort geben.
    Fragen Sie nach der ganzen vergangenen Nacht.
    Und sperren Sie die Stelle ab. Schicken Sie die Leute nach Hause, wenn möglich.
    – Kaum möglich, wie er wußte. Venedig hatte seinen Bürgern wenige Ereignisse dieser Art zu bieten; sie würden nur widerwillig gehen.
    Er hörte ein weiteres Boot kommen. Eine zweite weiße Polizeibarkasse bog mit blinkendem Blaulicht in den Kanal ein und hielt an derselben Landestelle, die Bonsuan benutzt hatte. Auch auf diesem Boot waren drei Uniformierte und ein Mann in Zivil. Wie Sonnen-blumen wandten die Gesichter der Menge sich vom Gegenstand ihrer bisherigen Aufmerksamkeit zu den Männern, die aus dem Boot sprangen und auf sie zukamen.
    Voran ging Dr. Ettore Rizzardi, der Leichenbeschauer der Stadt.
    Unberührt von den Blicken, die auf ihm lagen, trat er auf Brunetti zu und streckte freundlich die Hand aus.
    Buon di, Guido. Was ist
    los?
    Brunetti trat zur Seite, so daß Rizzardi sehen konnte, was zu ihren Füßen lag.
    Er war im Kanal. Luciani und Rossi haben ihn herausgezogen, aber sie konnten nichts mehr tun. Luciani hat es versucht, aber es war zu spät.
    Rizzardi nickte und grunzte etwas dazu. Die verschrumpelte Haut an den Händen sagte ihm, daß es für jede Hilfe zu spät gewesen war.
    Sieht aus, als ob er lange da drin gelegen hätte, Ettore. Aber Sie können es mir sicher genauer sagen.
    Rizzardi nahm dieses Kompliment nur als recht und billig entgegen und wandte seine Aufmerksamkeit der Leiche zu. Als er sich darüberbeugte, wurde das Zischeln in
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