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Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
Autoren: Joanne Fedler
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perfekt. Wenn ich in irgendwas nicht total perfekt sein kann, dann lasse ich es lieber gleich.«
    »Summer, niemand kann eine perfekte Mutter sein. Und die perfekte Ehe gibt es auch nicht.« Ich weiß, dass sie das weiß.
    Sie macht große Augen. »Deswegen bin ich ja so schlecht in beidem. Trotzdem«, sie hört zu spielen auf und schaut mich voll kindlicher Freude an, »es gibt so etwas wie das perfekte Haus. Und weißt du, was? Ich nehme jedes noch so kleine Problem in den einzelnen Häusern wahr und weiß genau, wie man es beheben kann. Sobald es perfekt ist, kann ich zum nächsten weiterziehen.«
    Endlich begreife ich, dass Summer keine Floskeln darüber hören will, ob sie als Mutter gut genug ist. Sie ist gern eine schlechte Mutter. Das gibt ihr Freiraum. So braucht sie weder ihre Unvollkommenheit noch Widersprüchlichkeiten für sich anzunehmen. Sie spielt weiter – beinahe perfekt, wenn ihre Fingernägel nicht so klackern würden –, und ich kann beinahe sehen, wie sich ihre persönliche Geschichte in ihr ausdrückt. Sie ist ein junges Mädchen, noch nicht bereit für das Leben, mit einem Geschenk, das sie noch nicht ausgepackt hat, und einem verschlossenen Zimmer, das sie niemals betreten könnte. All das gehört zur Mythologie ihres Lebens – dem Mythos, der sie definiert und ihr zugleich erklärt, wer sie hätte sein sollen.
    Mein Kaffeedurst wird stärker, und ich will ihr gerade anbieten, ihr ebenfalls eine Tasse zu bringen, als sie sagt: »Mum hätte uns nicht zu Onkel Bernie bringen sollen.«
    Irgendetwas arbeitet sich durch ihr Gesicht. Der Ausdruck grenzt an Abscheu.
    »Danach ist alles schiefgegangen.«
    Die Puzzleteilchen fügen sich zusammen. Ich bin so entsetzlich dumm. Ich schaue wirklich nicht richtig hin.
    »Ich bin ihm dankbar dafür, dass er mir Lesen und Klavierspielen beigebracht hat. Meine Legasthenie hat ihn nicht gestört. Aber ich … die anderen Sachen …«
    Die anderen Sachen.
    All die sprachlichen Kisten und Kästchen für unseren Schmerz. Manchmal sind sie so banal, dass man gar nicht darauf kommt, die Schlösser knacken zu wollen und sich zu fragen: Was verbirgt sich da drin? Ich atme tief aus. Es gibt keinen Geleitschutz für den Weg von der Kindheit zum Erwachsenwerden.
    »In einem Punkt hatte er übrigens recht.«
    Ich warte ab.
    »Meine Mum hätte mir nie geglaubt, wenn ich es ihr erzählt hätte.«
    Ihre Finger heben sich nicht von den Tasten und treffen nicht einen einzigen falschen Ton. Ich will sie nicht durcheinanderbringen und ihr perfektes Spiel stören, aber ich finde es traurig, dass ihre aus Spaß gemodelte Persönlichkeit, genau wie ihr makelloses Make-up, jeden Tag neu aufgesetzt und vor dem Spiegel perfektioniert werden muss. Ich halte mich mit meinen Fragen zurück. Mit geschlossenen Augen lausche ich ihrer Musik, während Tennyson mir Gesellschaft leistet.
    Unsere Verletzungen formen uns wie die Grundmauern eines Hauses. Auf diesen Steinen, diesem Mörtel, mitsamt den Löchern und Rissen der Liebe, die man uns geschenkt oder verweigert hat, errichten wir unser Selbst.
    Die Musik hat Summer beruhigt, denn beim Klavierspiel greift sie auf den tiefen Quell ihrer eigenen Möglichkeiten zurück. In eine Zeit, in der sie wusste, wer sie war und was sie glücklich machte, ungetrübt von den Sünden anderer. Ich sehe zu, wie sie hin und wieder den Kopf hebt und ihr Spiegelbild betrachtet, wie das Bildnis eines Menschen, von dem sie für immer getrennt wurde und an den sie sich voll unverdorbener Zärtlichkeit erinnert. Einen Moment lang beneide ich sie um ihre Klarheit.
    Da schwankt Virginia in einer Schürze humpelnd ins Wohnzimmer – ist sie verletzt? Mehl klebt an ihren Wangen, sie hat ihr iPhone in der Hand. Sie fällt auf die Knie. Tennyson rennt zu ihr hinüber, und sie vergräbt das Gesicht in seinem Fell. Dann blickt sie auf und sagt: »Die böse Hexe ist tot.«
    Das ganze Haus duftet nach frisch gebackenem Brot.

    Ich habe mehrere Millionen Kalorien vor mir. Allerdings wäre es furchtbar unhöflich, sich in diesem Moment etwas daraus zu machen. Das Brot ist noch warm, und die Butter zerschmilzt darauf. Ganz schlecht für den Bauch. Außerdem Sabotage für die Oberschenkel.
    Virginias frisches Brot verbündet sich mit Maeves gefüllten Eiern nach ägyptischer Art – mit Hummus, Dukkah und Ziegenkäse. Der Moët in unseren Gläsern perlt und zischelt leise.
    »Auf Celia«, sagt Helen und hebt ihr Glas. »Bemüh dich, im Himmel nicht allzu viel
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