Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

beiden nehmen. Ich werde an Jamies Zimmertür klopfen und mit einem Stück selbstgebackenem Käsekuchen hineingehen. Und ich werde mit ihr reden. »Ich will damit nicht sagen, dass ich es dir erlaube. Das sage ich damit keineswegs, verstehst du? Aber lass uns über Borneo reden.« Dann werden wir zusammen das Infomaterial durchgehen: Impfungen, Ausrüstung, Gefahrenhinweise. Ich weiß nicht, ob ich bereit bin, sie einundzwanzig Tage ohne jeglichen Kontakt aus den Augen zu lassen, ohne mich vergewissern zu können, dass sie genug gegessen hat, warm und sicher untergebracht ist, genug Schlaf bekommt, nie die Sonnencreme vergisst, ihre Malariatabletten nimmt, ausschließlich abgekochtes Wasser trinkt und nur in verkehrssicheren Fahrzeugen unterwegs ist … Ich darf nicht zu viel darüber nachdenken, sonst bekomme ich Migräne.
    Ich sage also nicht, dass ich sie ziehen lassen kann. Aber wenn sie tatsächlich bereit dafür ist, werde ich es wohl oder übel wenigstens versuchen müssen.
    Danach werde ich ihre Zimmertür wieder schließen und sie in Ruhe lassen. Ich werde einen langen Strandspaziergang machen, wo das Wasser auf den Sand trifft. Und in den Wind schreien: Wenn ich sie gehen lasse, wem werde ich dann am Flughafen begegnen, wenn sie drei Wochen später aus der Maschine steigt? Werde ich sie wiedererkennen?
    Sie wird eine andere sein, dem Mädchen entwachsen, das ich mit geschaffen habe, aber neu und schön in Dingen, mit denen ich nichts zu tun hatte. Das ist doch keine Tragödie. Nur ein Geheimnis, jedenfalls noch.
    Wer werde ich dann sein?
    Vermutlich die Mutter, die das Binsenkörbchen mit ihrem Kind dem Fluss anvertraut hat, um sich danach dem Chor mütterlicher Stimmen anzuschließen, die ihre Gebete der stillen Nacht ins Ohr raunen: Mögest du es in unserer Abwesenheit schützen. Ich werde eine Mutter sein, die ihrem Kind beigebracht hat, dass es nicht gefährlich ist, von zu Hause wegzugehen. Nichtsdestotrotz werde ich es nach seiner Rückkehr mit offenen Armen willkommen heißen.
    Eines Tages werde ich Jamie für einen Abend mit ihren Freundinnen die Haare machen und ihr beim Tuschen der Wimpern helfen. Ich werde ihr von der Geborgenheit und Zuflucht der Freundschaft unter Frauen erzählen. Ich werde ihr erklären, was Planking ist und dass man dabei schön die Zehenspitzen strecken muss. Ich werde ihr raten, die Mädchen mit dem Lippenbalsam mit Kirschgeschmack ruhig zu küssen, wenn sie das will, und sich den Ingwerkuchen schmecken zu lassen. Denn was wäre sie, bei Gott, für ein Mensch, was für ein Leben hätte sie gewählt, wenn sie zu diesem Kuchen nein sagen würde? Nicht zuletzt werde ich ihr von der Toskana erzählen. Davon, dass ich eines Tages, nach einem Wochenende mit meinen Freundinnen, beschlossen habe, mich in mein eigenes Abenteuer zu stürzen, und wie es sich anfühlt, einen geheimen Quell des eigenen Selbst entdeckt zu haben, zu dem man eines Tages zurückkehren kann.
    Danach werde ich nachts so viel besser schlafen können.

    »He, Helen!«, rufe ich.
    Als sie sich umdreht, drücke ich ihr einen zerknitterten Zettel in die Hand. Sie faltet ihn auf und lächelt.
    »Wusste ich doch, dass ich dir dieses verdammte Rezept irgendwann entlocken würde.«

Speisekarte

    Die sündige Karte
    Mit Salz und Pfeffer frittierte Venusmuscheln (vom Thai-Imbiss)
    Ingwer-Honig-Kuchen mit Zitronenmyrte-Creme von Ereka
    Chips, Lindt-Schokolade und andere Was-kümmert-mich-meine-Bikini-Figur-Leckereien
    Frittierte Zucchiniblüten , gefüllt mit persischem Schafskäse (von Kito, CJs neuem Freund)
    Pizza mit Oliven, Gorgonzola, Artischocken, Salami, Steinpilzen und gerösteten Pinienkernen
    Heiße Zartbitter-Schokolade mit Marshmallows
    Gefüllte Eier nach ägyptischer Art mit Hummus, Dukkah und Ziegenkäse
    Frisch gebackenes Brot nach einem Rezept von Virginias Mutter mit Butter
    Die faule Karte
    Aufschnitt, Käse, Essiggurken und Weizenbrötchen
    Die gesunde Karte
    Garnelen-Papaya-Salat  – ohne Erdnüsse (vom Thai-Imbiss)
    Thunfischsalat mit Rucola, frischen Tomaten, Gurken und Zuckerschoten
    Omeletts mit Räucherlachs, Ricotta und Kräutern
    Blumenkohlsuppe mit Lauch und Kokosraspeln, serviert mit Frühlingszwiebeln und einem Klecks Joghurt
    Quinoa -Salat mit Roter Beete und Äpfeln, Koriander, gerösteten Haselnüssen, Orangenschale, frischer Minze, fein gehobeltem Rotkohl, Fenchelstreifen und Khaki-Scheibchen
    Fruchttürme aus rosa Grapefruit, Nektarinen und Mango, angerichtet mit Champagner und