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Endlich war wieder Weihnachten

Endlich war wieder Weihnachten

Titel: Endlich war wieder Weihnachten
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mir. Ich zeige dir alles, was ich sehe: die Moscheen, die unendliche Wüste, die Kamelkarawanen, die prächtigen Paläste, die Altstadt von Dubai mit ihren engen Gassen und Höhlengängen, die niedrigen weißen Häuser mit den flachen Dächern, auf denen die Frauen unverschleiert sitzen dürfen. Du hörst mit mir den Ruf des Muezzin vom Minarett, das nächtliche Heulen der Wüstenfüchse, das heisere Kreischen der Geier, den Schrei, mit dem die Kamele angetrieben werden, das Hämmern der Gold- und Silberschmiede und den Singsang der blinden Bettler. Immer und überall bist du bei mir, und ich zeige dir alles und spreche mit dir, weil du in mir bist, ein Teil von mir. So unendlich liebe ich dich, mein Engel!«
    Er hörte, wie sie atmete, hörte ihren leisen Seufzer und wußte, daß sie jetzt den Kopf senkte und auf das Klopfen ihres Herzens hörte. »Danke –« sagte sie dann nach einer Stille voll Sehnsucht und Glück »Danke … auch du bist immer bei mir. Immer.«
    »Wie geht es dir, mein Schatz?«
    »Es wird ein munteres Kind. Es tritt und tritt, manchmal habe ich Angst, daß mir der Bauch platzt. Kommst du im Dezember?«
    »Ich hoffe es«, log er. Es war ihm unmöglich, ihr jetzt die Wahrheit zu sagen. »Es ist noch nichts entschieden. Weißt du, der Bauminister Omar ben Khalifa hat da auch ein Wort mitzureden. Und hier geht eben alles langsamer.«
    »Aber du kommst, Heinz! Nicht wahr, du kommst?«
    »Natürlich komme ich, Liebling.« Nur wann, dachte er – das weiß noch keiner. »Ich umarme dich, ich küsse dich … Gute Nacht, mein Engel.«
    Er legte schnell auf, warf sich aufs Bett, starrte gegen die weiße Decke und fühlte sich als der einsamste Mensch auf dieser Welt.
    In der Nacht schrak er hoch. Neben ihm auf dem Nachttisch läutete das Telefon. Ein Blick auf den Wecker: drei Uhr morgens. Mit einem Gähnen hob er ab.
    Eine leise, zärtliche Stimme: »Heinz …«
    »Mein Liebling!« Plötzlich war er hellwach, setzte sich im Bett auf und umklammerte den Hörer. »Was ist los, mein Engel?«
    »Ich habe solche Sehnsucht nach dir. Ich mußte deine Stimme hören. Wenn ich nur bei dir sein könnte. Doch jetzt geht es mir besser, viel besser – ich höre dich wenigstens. Du bist ein wunderbarer Mann. Von der ersten Stunde an, in der wir uns sahen, in dem kleinen Krawattenladen – weißt du es noch, du konntest dich nicht entscheiden, ob Streifen oder Blüten, und ich habe gesagt: ›Nehmen Sie die Streifen, die passen gut zu Ihrem Anzug‹ – schon von dieser Stunde an habe ich dich geliebt. Es war, als risse man mein Herz auf … ein wundervoller Schmerz!«
    »Wie sind deine Haare?« fragte er und atmete tief durch.
    »Blond, mit einem Schimmer Gold … wie immer.«
    »Weißt du noch, wie ich mit deinen Haaren gespielt, sie um meinen Finger gewickelt, den Flaum in deinem Nacken geküßt habe? Und du hast gelacht, dich in meinen Armen gebogen und mir die Lippen hingehalten, weil du geküßt werden wolltest?«
    »Ich werde das nie vergessen. Nie. Ich spüre dich, mein Herz. Wann kommst du zu mir?«
    »So schnell wie nur möglich. Und nun schlaf schön, mein Engel, schlaf und träum von mir … von uns … Ich küsse dich!«
    Am nächsten Morgen begegneten sich Sadowski und Blankenburg auf der Campstraße. Sie gingen zum Konstruktionsbüro.
    »Hast du es Martina gesagt?« erkundigte sich Sadowski.
    »Nein, Rudolf, ich konnte es einfach nicht. Ich … ich hatte nicht den Mut dazu.«
    »Aber sie muß es bald erfahren, Heinz.«
    »Ja. Morgen oder übermorgen. Wenn ich ihre glückliche Stimme höre … verdammt, es wäre wie ein Peitschenhieb!« Er blieb abrupt stehen, und auch Sadowski stoppte verblüfft ab. »Rudolf, ich weiß nicht, ob ich wieder hierher zurückkomme, wenn ich im Januar fahren kann.«
    »Mensch, denk nicht so was! Red keinen Unsinn, Heinz! Wir brauchen dich hier. Halt noch ein Jahr durch … Martina hast du ein ganzes Leben lang. Meinst du, ich hätte keine Sehnsucht nach meiner Monika? Du bist doch nicht der einzige, der von zu Hause träumt! Junge, reiß dich zusammen! Du bist hier in einem Märchenland, vielleicht geschieht ja noch ein Wunder.«
    Und das Wunder geschah.
    Ein tragisches Wunder, das Heinz Blankenburg sich nie gewünscht hätte.
    Am 4. Dezember sackte plötzlich ein Laufsteg des Gerüstes weg. Der Bauingenieur Ferdinand Hiller, der ihn gerade entlangging, fiel sechs Meter tief, ehe er auf einem anderen Steg aufschlug. Die Alarmsirene heulte, ein Ambulanzwagen brachte Hiller
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