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Enders

Enders

Titel: Enders
Autoren: Lissa Price
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Callies Vater.«
    »Was haben Sie ihm angetan?« Ich wirbelte herum und musterte Brockman mit wutverzerrtem Gesicht.
    »Gar nichts. Die Frage ist, was du ihm gleich antun wirst«, entgegnete er mit einem bösen Lächeln.
    Mir wurde übel bei dem Gedanken, was mich erwartete.
    Brockman durchflutete meinen Körper und übernahm die Kontrolle. Er führte mich von meinem Vater weg und ließ mich etwa drei Meter entfernt Aufstellung nehmen. Ein Wachtposten kam mit einem Tablett, auf dem eine Pistole lag.
    »Meine Damen und Herren, wir nähern uns nun dem Höhepunkt unserer Demonstration«, sagte Brockman. »Callie wird jetzt zum Beweis für die Leistungsstärke des Neurochips, mit dem sie ausgestattet ist, ihren eigenen Vater erschießen. Wenn dieses Experiment gelingt, kann der Glückliche, der sie heute Abend ersteigert, absolut sicher sein, dass er das perfekte Werkzeug für jedes Attentat in Händen hält.«
    Das kann er nicht, das kann er nicht tun. Er wird nie und nimmer auf die Fachkenntnisse meines Vaters verzichten.
    Ein erregtes Raunen ging durch das Publikum.
    »Wer glaubt, das nicht zu ertragen, und sich diese Trophäe entgehen lassen will, möge jetzt bitte gehen.«
    Eine einzige Frau stand auf und verließ den Saal. Brockman schaltete sein Mikro aus und beugte sich zu mir herunter.
    »Alles, was uns noch fehlte, waren seine Forschungsergebnisse. Vielen Dank für das Z -Laufwerk. Wir haben bereits mit der Entschlüsselung begonnen. In ein paar Stunden werden wir im Besitz seiner technischen Unterlagen sein.«
    Sie hatten Hydens Fahrzeug gefunden. Nun besaßen sie, was sie brauchten, und benötigten meinen Vater nicht mehr. Und wir hatten ihnen das Material geliefert.
    Brockman wandte sich an die Zuschauer. »Ich sehe, die meisten von Ihnen sind ebenso gespannt wie ich. Und Callie. Achtung, es geht los!«
    Meine Hand nahm die Pistole auf.
    Mein Vater sah mich stumm an.
    Ich hatte ihm noch so viel zu sagen. Dass ich Tyler Vater und Mutter ersetzt hatte. Dass ich mich bemüht hatte, all seine Ratschläge zu befolgen, um meinen Bruder zu beschützen. Dass ich mein Bestes versucht, aber alles nur schlimmer gemacht hatte. Dass ich wieder sein kleines Mädchen sein wollte, das auf seinen Knien saß und sich von ihm trösten ließ.
    Dann geschah das Entsetzliche. Mein Arm begann zu kribbeln. Er hob sich – ohne mein Zutun –, bis die Pistole in meiner Hand auf die Stirn meines Vaters zielte.
    Mein Vater hatte mich ein Jahr lang nicht gesehen, hatte wahrscheinlich geglaubt, er würde mich nie wiedersehen. Und nun stand ich vor ihm und richtete eine Waffe auf ihn. Mit diesem Bild vor Augen würde er sterben.
    Ich bin in dir und habe die Kontrolle übernommen. Ein großartiges Gefühl.
    Als ich Brockmans Stimme in meinem Kopf hörte, wäre ich am liebsten aus meinem eigenen Körper geflohen. Ich versuchte die Kontrolle zurückzugewinnen, versuchte Arme und Beine zu bewegen, irgendetwas zu tun, um die Pistole fallen zu lassen und dieser schrecklichen Situation zu entrinnen.
    Aber alles, was ich aus eigener Kraft schaffte, waren die Tränen, die mir über die Wangen liefen.
    Bitte, zwingen Sie mich nicht.
    Brockmans Stimme dröhnte in meinem Kopf.
    Callie, bitte hab doch Verständnis für mich. Es ist der perfekte Test. Und eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet er dir deine Treffsicherheit beigebracht hat.
    »Lass gut sein, Callie. Dich trifft keine Schuld.« Die Augen meines Vaters waren schmerzerfüllt, aber sanft und freundlich. »Was immer geschieht, ich liebe dich. Ich weiß, dass das nicht du bist. Dich trifft keine Schuld.«
    Und dann drang Hydens Stimme in mein Bewusstsein. »Setz dich zur Wehr, Callie!«, schrie er. »Du weißt, wie! Leiste Widerstand! Jetzt!«
    In meinem Trauma hatte ich völlig vergessen, was Hyden mir auf unserer Flucht beizubringen versucht hatte. Die Methode meines Vaters. Ein straff gespanntes Seil, um das sich ein Licht windet. Welche Farbe? Blau? Ein blaues Licht, das von Brockman zu mir wandert. Und dann ein goldenes Licht, das von mir zu ihm wandert, das sich um das blaue Licht legt und es vollständig einhüllt. Das ist es, du musst das blaue Licht durch das goldene ersticken …
    Es ist wirkungslos. Ich habe immer noch die Kontrolle über dich, Callie , dröhnte Brockmans Stimme in meinem Kopf.
    Mein Vater stand regungslos vor mir, die Mündung der Pistole und damit den Tod vor Augen. Ich versuchte mich zu konzentrieren, mir wieder das straff gespannte Seil vorzustellen,
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