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Enders

Enders

Titel: Enders
Autoren: Lissa Price
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als Teil der Familie. Ich bedauerte zutiefst, dass meine Mutter nicht bei uns sein konnte, aber ich wusste, dass es sie glücklich gemacht hätte, uns zusammen zu sehen.
    Ein paar Tage später fuhr ich zum Gefängnis. Nachdem ich meinen Ausweis vorgezeigt und die Sicherheitsschleuse passiert hatte, stand ich in einem kleinen Besucherraum diesseits einer dicken kugelsicheren Glasscheibe. Es gab einen Stuhl, aber ich wollte mich nicht setzen. Als sie Mrs. Beatty hereinführten, klappte ihr Kinn bei meinem Anblick nach unten.
    Ich hatte absichtlich mein hübschestes Kleid angezogen.
    »Sie«, zischte sie.
    Ihr Gesichtsausdruck war bösartig wie immer, was durch die triste Gefängniskleidung noch verstärkt wurde. Ich dachte an all die Schikanen, denen ich in Institut 37 ausgesetzt gewesen war, und an das, was sie Sara angetan hatte. Da ich der Polizei den Schuldigen an dem Bombenattentat im Einkaufszentrum geliefert hatte, waren die Regierungsbeamten im Gegenzug bereit gewesen, Beatty für Saras Tod zur Verantwortung zu ziehen. Nun saß sie in Haft und erwartete ihren Prozess wegen Bestechlichkeit und Korruption, Anklagen, die sich leichter beweisen ließen als ihre Mitschuld an Saras schrecklichem Ende. Man hatte mir versichert, dass sie mindestens die nächsten Jahrzehnte hinter Gittern verbringen und einen kleinen Teil von dem zurückbekommen würde, was sie ausgeteilt hatte. Das Ungerechte daran war, dass sie vermutlich nicht mehr so lange leben würde.
    Ich sagte kein Wort, sondern starrte sie nur an und genoss jede Minute ihrer misslichen Lage. Ihre Lider waren schwer, und ihr Gesicht wirkte aufgedunsen, auch wenn die Gefängniskost bestimmt nicht so miserabel war wie das Zeug, das sie mir vorgesetzt hatte.
    Ich wandte mich zum Gehen.
    »Was?«, fauchte sie. »Haben Sie den langen Weg nach hierher auf sich genommen, um dann kein Wort zu sagen?«
    Ich blieb stehen und warf einen Blick über die Schulter. »Ich bin gekommen, um dieses Bild von Ihnen in meiner Erinnerung abzuspeichern.«
    Am nächsten Tag kehrte mein Vater in unser früheres Haus zurück, um ein paar Sachen zu packen. Ich hatte ihm erzählt, dass ich dort gewesen war und die Geschäftskarte gefunden hatte, die uns in den Rune Club führte. Als er wiederkam, sah ich, dass sich unter den Erinnerungsstücken, die er in einer Kiste verstaut hatte, eine kleine Clownstatue befand, die für ihn immer der Inbegriff von Kitsch gewesen war.
    Aber Mom hatte sie heiß geliebt.
    Während wir die anderen Dinge betrachteten, die er mitgebracht hatte, klingelte es plötzlich, und Dawson stand vor der Tür. Dad, Tyler, Michael und ich versammelten uns im großen Wohnzimmer, um uns anzuhören, was er zu sagen hatte.
    »Ich will Sie nicht lange über den Grund meines Besuchs auf die Folter spannen«, sagte Dawson. »Ich will Ihnen anbieten, in unsere Dienste zu treten.«
    Er deutete auf Michael und mich. Wir wechselten einen Blick. Glaubte der Mann im Ernst, dass ich von ihm Befehle entgegennehmen könnte? Es war mir schon schwergefallen, ihn hereinzubitten.
    »Ich weiß, dass ich Ihnen übel mitgespielt habe«, fuhr er fort, »aber streichen Sie das jetzt mal aus Ihrem Gedächtnis. Es gehört der Vergangenheit an, und es hat Sie stärker gemacht.«
    Ich setzte mich sehr gerade hin. »Aber …«
    »Lass ihn ausreden, Callie«, sagte mein Vater.
    Dawson lächelte ihn an. Es war seltsam, diesen Mann freundlich lächeln zu sehen. Ich hatte ihn meist nur die Stirn runzeln sehen.
    »Sie wären Teil eines Elite-Teams, dem auch einige Ihrer Bekannten angehören.« Er schaltete seinen mobilen Airscreen ein, und ich sah die Fotos von diversen Metallos, darunter Raj, Briona und Lee, Savannah, Jeremy und Blake. Ich vermutete, dass Blake ein politisches Zugeständnis an seinen Großvater, den Senator, war.
    »Was ist mit Hyden?«, fragte Michael.
    »Er hat natürlich auch eine Einladung erhalten«, entgegnete Dawson. »Wir würden sein enormes Fachwissen dringend benötigen. Aber er hat bislang nicht zugesagt. Wie so manche, die noch überlegen. Das ist schade. Denn obwohl Brockman außer Gefecht gesetzt ist, haben wir eine Menge Konkurrenz. Es gibt andere Nationen, die nichts lieber täten, als uns zu überrollen, so lange wir noch von den Sporenkriegen geschwächt sind. Und natürlich haben wir im eigenen Land diverse Terroristengruppen. Wir brauchen die neue Technologie, um die Führung zu behalten, sonst landen wir irgendwann alle in Arbeitslagern, Anstalten oder noch
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