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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten
Autoren: Orson Scott Card
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von ihm nahm. Heute mussten sie jedoch sehen können, wie Achilles mit ihm umging, weil er so dreist und aufdringlich gewesen war.
    Â»Wenn sie alle kleine Kinder mitbringen, geht ihnen schneller die Suppe aus«, sagte Achilles kühl. Seine Augen verrieten rein gar nichts – auch das war eine Botschaft.
    Â»Wenn sie alle Papas werden«, sagte Bean, »werden sie nicht versuchen uns umzubringen.«
    Bei dieser Bemerkung kam so etwas wie Leben in Achilles’ Blick. Er griff nach unten und nahm das Brot aus Beans Hand. Er biss in die Kruste und riss ein großes Stück heraus. Mehr als die Hälfte. Er stopfte es sich in den Mund und kaute langsam, dann gab er Bean den Rest zurück.
    Bean bekam später am Tag Hunger, aber das war es wert. Es war keine Garantie, dass Achilles ihn nicht irgendwann doch umbrachte, aber zumindest sonderte er ihn nicht mehr vom Rest der Familie ab. Und dieses Stück Brot war immer noch mehr, als er früher an einem Tag bekommen hatte. Oder sogar in einer Woche.
    Er setzte langsam an. In seinen Armen und Beinen wuchsen wieder Muskeln. Er war nicht mehr vollkommen erschöpft, nur weil er die Straße überquerte. Er konnte jetzt leicht Schritt halten, wenn die anderen liefen. Sie hatten alle mehr Kraft. Verglichen mit Straßenkindern, die keinen Papa hatten, waren sie gesund. Jeder sah das. Es würde den anderen Schlägern nicht schwerfallen, eigene Familien zu bilden.
    Schwester Carlotta rekrutierte Kinder für das Ausbildungsprogramm der Internationalen Flotte. Das hatte in ihrem Orden zu einiger Kritik geführt, aber schließlich hatte sie es durchgesetzt, indem sie ihren Oberen verschleiert drohte und sich auf den Erdverteidigungsvertrag berief. Meldete sie, dass der Orden ihre Arbeit für die IF behinderte, konnte er seine Steuerbefreiung und die Befreiung vom Wehrdienst verlieren. Dabei wusste sie, wenn der Krieg zu Ende war und der Vertrag auslief, würde sie wahrscheinlich eine heimatlose Nonne sein, denn bei den Schwestern von St. Nikolaus würde es keinen Platz mehr für sie geben.
    Aber sie war vollkommen überzeugt, dass ihr Auftrag in diesem Leben darin bestand, sich um kleine Kinder zu kümmern, und so, wie sie es sah, würden alle kleinen Kinder der Erde sterben, wenn die Schaben die nächste Runde des Krieges gewannen. Das hatte Gott doch sicher nicht gewollt. Schwester Carlotta hielt es allerdings auch nicht für Gottes Willen, dass seine Diener einfach nur dasaßen und darauf warteten, dass er ein Wunder wirke, um sie zu retten. Er wollte, dass sie sich nach Kräften bemühten, zur allgemeinen Rechtschaffenheit beizutragen. Also sah sie ihre Arbeit als Schwester von St. Nikolaus darin, ihre Ausbildung in Entwicklungspädagogik einzusetzen, um der Flotte bei der Kriegsführung zu helfen. Solange die IF es für wert erachtete, hochbegabte Kinder zu rekrutieren und sie für Offiziersstellen in den künftigen Kriegen auszubilden, würde sie ihnen helfen, indem sie jene Kinder testete, die sonst übersehen würden. Die Flotte hätte nie jemanden dafür bezahlt, etwas so Fruchtloses zu tun, wie auf den schmutzigen Straßen aller möglichen überfüllten Städte der Welt die unterernährten wilden Kinder zu testen, die dort bettelten, stahlen und hungerten, denn die Chance, ein Kind mit der Intelligenz, den Fähigkeiten und dem Charakter zu finden, die erforderlich waren, um sich in der Kampfschule zurechtzufinden, war minimal.
    Für Gott war jedoch alles möglich. Hatte er nicht gesagt, dass die Schwachen stark und die Starken schwach sein würden? War Jesus nicht als Sohn eines einfachen Zimmermanns und seiner Braut in der ländlichen Provinz Galiläa zur Welt gekommen? Die hohe Intelligenz von Kindern aus privilegierten Familien oder sogar aus solchen, die gerade so zurechtkamen, zeigte ja wohl kaum die wunderbare Kraft Gottes. Und es war das Wunder, nach dem sie suchte. Gott hatte die Menschen nach seinem Bilde geschaffen, Männer und Frauen. Insektoide von einem anderen Planeten durften das, was Gott geschaffen hatte, nicht zerstören.
    Im Laufe der Jahre hatte ihr Enthusiasmus ein wenig nachgelassen, nicht aber ihr Glaube. Nicht ein Kind hatte bei den Tests wirklich gut abgeschnitten. Ein paar waren tatsächlich von der Straße geholt und ausgebildet worden, aber nicht in der Kampfschule. Sie hatten nicht den Weg eingeschlagen, der sie vielleicht dazu
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