Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
den Händen und liefen so weit wie möglich von Helgas Küche weg. Für den Rest des Tages mussten sie sich bedeckt halten. Die Schläger würden in Zweier- und Dreiergruppen nach ihnen suchen.
    Aber sie konnten es sich leisten, sich bedeckt zu halten, denn sie brauchten heute kein Essen mehr zu suchen. Die Suppe hatte ihnen schon mehr Kalorien geliefert, als sie sonst bekamen, und sie hatten immer noch das Brot.
    Selbstverständlich gehörte ein Anteil an diesem Brot Achilles, der keine Suppe bekommen hatte. Jedes Kind bot seinem neuen Papa ehrfürchtig sein Brot dar, und er biss von jedem Stück ab, kaute langsam und schluckte, bevor er nach dem nächsten dargebotenen Brot griff. Es war ein recht langwieriges Ritual. Achilles nahm einen Bissen von jedem Stück Brot, außer bei zwei Kindern: Poke und Bean.
    Â»Danke«, sagte Poke.
    Sie war so dumm, dass sie es für eine Geste des Respekts hielt. Bean wusste es besser. Indem er ihr Brot nicht aß, stellte Achilles sie außerhalb der Familie. Wir sind tot, dachte Bean.
    Deshalb hielt er sich zurück, sprach kein Wort und blieb in den nächsten paar Wochen unauffällig. Deshalb versuchte er auch, nie allein zu sein. Er bewegte sich immer in Armeslänge von einem der anderen Kinder.
    Aber er mied die Nähe von Poke. Das war ein Bild, das er dem Gedächtnis der anderen nicht einprägen wollte: wie er neben Poke hertrabte.
    Vom zweiten Morgen an stand ein Erwachsener vor Helgas Suppenküche, der alles beobachtete, und am dritten Tag gab es eine neue Lampe. Am Ende der Woche war der erwachsene Wächter ein Polizist. Achilles brachte seine Gruppe nie aus dem Versteck, bevor der Erwachsene Posten bezogen hatte, und dann führte er die ganze Familie direkt zum Anfang der Schlange und dankte dem Schläger ganz vorn laut und vernehmlich dafür, dass er ihm half, für seine Familie zu sorgen, indem er ihnen einen Platz in der Schlange freihielt.
    Aber es war schwer zu ertragen, wie die Schläger sie anstarrten. Sie mussten sich, solange der Wachtposten zusah, gut benehmen, aber sie hegten eindeutig Mordgedanken.
    Es wurde auch nicht besser. Die Schläger »gewöhnten« sich nicht daran, obwohl Achilles den Kids am Anfang genau das versprochen hatte. Deshalb wusste Bean – auch wenn er beschlossen hatte, unauffällig zu bleiben – , dass er etwas tun musste, um den Hass der Schläger abzulenken, denn Achilles, der den Krieg bereits für gewonnen hielt, würde sich nicht darum kümmern.
    Also nahm Bean eines Morgens seinen Platz in der Schlange ein und hielt sich bewusst zurück, bis er der Letzte der Familie war. Für gewöhnlich bildete Poke die Nachhut – das war ihre Art, so zu tun, als wäre sie immer noch daran beteiligt, die Kleinen in die Küche zu bringen. Aber diesmal stellte sich Bean entschlossen hinter sie, und der hasserfüllte Blick des Schlägers, der eigentlich der Erste in der Schlange gewesen war, brannte sich in seinen Scheitel.
    Direkt an der Tür, vor der die Frau mit Achilles stand, als beide stolz seine Familie betrachteten, drehte sich Bean zu dem Schläger hinter sich um und fragte, so laut er konnte: »Wo sind eigentlich deine Kinder? Wie kommt es, dass du deine Kinder nicht in die Küche bringst?«
    Der Schläger hätte etwas Giftiges gesagt, aber die Frau an der Tür sah mit hochgezogenen Brauen zu. »Du kümmerst dich auch um kleine Kinder?«, fragte sie. Es war offensichtlich, dass sie von der Idee entzückt war und sich wünschte, er würde mit ja antworten. Und so dumm dieser Schläger sein mochte, er wusste, dass man sich mit Erwachsenen, die Essen ausgaben, gut stellen musste. Also sagte er: »Selbstverständlich.«
    Â»Nun, du kannst sie ebenfalls herbringen. Genau wie Papa Achilles hier. Wir sind immer froh, kleine Kinder zu sehen.«
    Wieder krähte Bean: »Sie lassen Leute mit kleinen Kindern zuerst rein!«
    Â»Weißt du was, das ist wirklich eine gute Idee!«, beteuerte die Frau. »Ich denke, das machen wir zur Regel. Und jetzt geht weiter; wir halten die hungrigen Kinder nur auf.«
    Bean sah Achilles nicht einmal an, als er nach drinnen ging.
    Als sie später nach dem Frühstück das Ritual vollzogen, bei dem Achilles sein Brot entgegennahm, hielt auch Bean demonstrativ seinen Kanten hin, obwohl die Gefahr bestand, dadurch alle daran zu erinnern, dass Achilles nie einen Anteil
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher