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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile
Autoren: Matthew Stokoe
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bis sie zur Tür kam. Sie hatte die Bettdecke um sich geschlungen, ihr Gesicht war grau und starr. Wir fragten sie, ob sie mitkommen wollte, doch sie erschauerte und sagte, dass sie das nicht ertragen könnte. Dann verschwand sie wieder im Haus.
    Der Polizist an der Zufahrt zum Waldweg erkannte uns und fuhr den Streifenwagen beiseite, damit wir passieren konnten. Am See warteten ein Krankenwagen und ein Streifenwagen der Polizei von Oakridge auf dem Parkplatz. Auf dem Uferstreifen standen drei große schwarze SUV s mit Wappen auf den Türen und langen silbergrauen Anhängern. Drei Schlauchboote lagen im Wasser. In zweien saßen ein Bootsführer und jeweils zwei Taucher, bei dem dritten schien es sich um eine Art mobile Einsatzzentrale zu handeln; wir sahen elektronische Ausrüstung und drei Männer in dunklen Anoraks und Wollmützen.
    Zwei Polizisten aus Oakridge standen am Strand und unterhielten sich mit einem Mann mit Schnurrbart, bei dem es sich um den Einsatzleiter des Taucherteams zu handeln schien. Einer der Polizisten sah uns, kam herüber und teilte uns mit, dass es den ganzen Tag dauern könnte, bis die Taucher etwas fanden. Er zeigte zu den Felsen am anderen Ende des Strandes und sagte, der abgeschiedenste Ort, alles zu beobachten, wäre vermutlich dort. Der Mann mit dem Schnurrbart nickte uns zu und berührte den Schirm seiner Mütze.
    Marla und ich setzten uns in unsere Mäntel eingemummt an die felsige Stelle. Die Taucher waren jetzt im Wasser, die Boote folgten langsam der Spur ihrer Luftblasen. Die kalte Luft war still, Geräusche tönten weithin, um uns herum hallten der Lärm von Außenbordmotoren, die Rufe der Männer in den Booten und das Knistern von Funkgeräten. Die Taucher begannen in Ufernähe und arbeiteten sich langsam zum tieferen Wasser unter der Felswand vor.
    Während ich ihnen zusah und mutlos auf das Unausweichliche wartete, wurde mir klar, dass Oakridge mir rein gar nichts mehr bedeutete und ich Empty Mile verkaufen würde, sobald sich ein Käufer dafür fand. Gareths Anteil sollte sein Vater bekommen, den von Stan würde ich Millicent geben. Der Rest wäre für Marla und mich. Wir würden Richtung Osten fahren, bis es nicht mehr weiterging. Dort würden wir uns ein Fleckchen Erde zum Leben suchen und hoffen, dass dreitausend Meilen Land zwischen uns und Oakridge ausreichen würden, uns vor den Menschen zu beschützen, die wir gewesen waren.
    Um die Mittagszeit hatten die Taucher fast den gesamten See durchkämmt und waren noch fünfzehn Meter von der Felswand entfernt. Sie fanden Stan zuerst. Wir hörten einen der Männer in den Booten rufen, dann näherten sich alle drei Boote hastig zwei Tauchern, die an die Oberfläche gekommen waren und etwas zwischen sich hielten. Anfangs sah ich von unserer Warte aus nicht viel, doch als der Leichnam ins Boot gehievt wurde, sah ich das grau-schwarze Kostüm.
    Das Boot kam ans Ufer, die Polizisten und Mitglieder des Taucherteams sprangen ihm entgegen. Sie hoben Stans Leichnam heraus und legten ihn auf den Sand.
    Als Marla und ich dazukamen, verstummten die Männer und machten uns Platz. Ich stellte mich dicht neben Stan und blickte auf ihn hinab. Er hatte Maske und Brille verloren, das nasse Batman-Kostüm klebte an seinem pummeligen Körper. Die Augen hatte er geschlossen, und mit den dunklen Wimpern auf der blassen Haut wirkte er sehr jung, als hätte der Tod all seine Versuche weggefegt, sich als Erwachsener zu verkleiden, sodass nur der tapfere kleine Junge zurückblieb, der er in Wahrheit immer gewesen war.
    Ich konnte kaum akzeptieren, dass sich diese Augen nie wieder öffnen würden. Sein Gesicht ein wenig aufgedunsen, aber ohne Verletzungen. Es gab keinen Grund, weshalb er die Augen nicht wieder aufschlagen sollte, wenn ich ihn gründlich schüttelte oder ihm Luft in die Lungen blies. Warum sollte er sich nicht aufrichten und sagen: »Hallo, Johnny. Keine Bange, mir geht es gut.« Das war schon einmal passiert.
    Aber diesmal passierte es nicht.
    Ich bückte mich und legte ihm die Hand auf das Gesicht. Ich war nicht darauf vorbereitet, wie kalt er sich anfühlte, wie hart die Schädelknochen unter der Haut waren, aber ich nahm die Hand nicht weg. Er war mein wunderschöner Bruder, und ich war nach Oakridge zurückgekehrt, um ihm zu helfen. Meine letzte, vergebliche Hoffnung auf Absolution.
    Dies war das letzte Mal, dass ich ihn außerhalb eines Sarges sehen würde, dies war unser letzter ungestörter gemeinsamer Moment, bevor eine
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