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Emma traut sich was

Emma traut sich was

Titel: Emma traut sich was
Autoren: Maja von Vogel
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ich, dass das ziemlich blöd von mir war, aber ich bekam die Worte einfach nicht über die Lippen. Vielleicht sollte ich Mona auch eine Karte schreiben. Sich schriftlich zu entschuldigen war irgendwie viel leichter, als jemandem direkt ins Gesicht zu sagen, dass es einem Leid tat.
    »Danke für deine Hilfe«, sagte ich und drehte mich schnell weg. Ich wollte nicht, dass Mona meinen roten Kopf sah.
    »Keine Ursache«, sagte sie. »Ich drück dir die Daumen, dass Bastian sich bald meldet.«
    Dann holte sie ihre Flöte aus der Flötentasche und ich machte mich schnell aus dem Staub. Auch wenn ich Mona noch so dankbar war, ich konnte »Im Märzen der Bauer« einfach nicht mehr hören. Also griff ich nach der Karte und lief nach unten, um sie Oma mitzugeben.
    Plötzlich fühlte ich mich ganz leicht. Ich, Emma Laurenz, hatte die Dinge selbst in die Hand genommen. Ich hatte den ersten Schritt gemacht, um meine große Liebe zu retten.

 
 
4. Kapitel
Wackersteine
im Bauch
     
    er Samstagvormittag zog sich wie Kaugummi. Natürlich war ich wieder als Erste wach, obwohl ich nachts ausnahmsweise mal nicht von Bastian geträumt hatte. Das war bestimmt ein gutes Zeichen. Bastian spukte endlich nicht mehr in meinen Träumen herum. Er war kein unheimlicher Traumgeist mehr, sondern ein Junge aus Fleisch und Blut. Ein Junge, der heute eine Postkarte von mir bekommen und mich daraufhin bestimmt sofort anrufen würde. Als ich in die Küche hinunterging, um Paul zu füttern, fühlte ich mich immer noch ganz leicht und voller Vorfreude. So ähnlich wie Weihnachten kurz vor der Bescherung.
    Dann begann das Warten. Ich hasse es zu warten! Wenn eine gute Fee zufällig mal durch Tupfingen fliegen würde und ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir wünschen, dass ich nie wieder in meinem Leben warten muss. Glaub ich zumindest. Vielleicht würde ich mir auch dieses irre teure Mountainbike wünschen, das beim Fahrradhändler in Dederstadt im Schaufenster steht.
    Das schöne, leichte Gefühl verflog allmählich. Es kam mir so vor, als würde ich mit jeder Minute, die ich auf Bastians Anruf wartete, ein paar Gramm schwerer. Ich weiß, das klingt merkwürdig, aber genau so war es. Ich war mir sicher, dass ich aussehen würde wie ein Sumo-Ringer, wenn sich Bastian nicht bald melden würde. Ich hab neulich einen Sumo-Ringer im Fernsehen gesehen. Der hatte nur eine Art Windel an, sodass man genau sehen konnte, wie fett er war. Ganz ehrlich, so will ich nicht mal in hundert Jahren aussehen.
    Um neun Uhr lief ich in den Flur und betrachtete mich von allen Seiten im Spiegel. Zum Glück sah ich noch genauso aus wie immer, obwohl ich mich so schwer fühlte wie eine schwangere Kuh.
    Um zehn konnte ich mich kaum noch bewegen. Ich saß auf einem Stuhl in der Küche und merkte, wie mich das Gewicht immer weiter nach unten zog. Als hätte ich mindestens zehn Wackersteine im Magen. Wie in diesem Märchen, das Mama uns früher immer vorgelesen hat. Da hatte der böse Wolf auch lauter Wackersteine im Bauch. Welches Märchen war das noch gleich? Rotkäppchen? Oder Der Wolf und die sieben Geißlein? Ich wusste es nicht mehr. Vielleicht griff die ganze Warterei ja auch langsam mein Gehirn an. Aber das war mir egal.
    Wichtig war im Moment nur eine einzige Frage: Warum rief Bastian nicht an? Hatte er meine Karte noch nicht bekommen? Bei uns war die Post schon vor über einer Stunde auf der Fußmatte im Flur gelandet. Aber vielleicht war der Postbote in Dederstadt ja langsamer als unser Postbote. Wahrscheinlich kroch er wie eine Schnecke von Haus zu Haus. Oder sein Fahrrad war kaputt und er musste laufen. Oder er hatte heute so viel Post auszutragen, dass er für seine Runde viel länger brauchte als sonst. Vielleicht kam meine Karte erst heute Mittag bei Bastian an. Oder erst am Montag! Das würde ich nicht überleben! Wenn ich noch den ganzen restlichen Samstag und einen endlos langen Sonntag warten musste, würde ich bestimmt irgendwann vor lauter Wackersteinen platzen. Oder ich könnte mich keinen Millimeter mehr von der Stelle bewegen. Ich stellte mir vor, wie das Telefon klingelte und ich nicht rangehen konnte, weil mich die Wackersteine nach unten zogen. Das Telefon würde klingeln und klingeln. Und irgendwann würde Bastian aufgeben, den Hörer auflegen und das Klingeln würde verstummen ...
    Als das Telefon um kurz nach halb elf tatsächlich klingelte, bekam ich so einen Schreck, dass ich fast vom Stuhl fiel. Ich sprang auf und rannte ins Wohnzimmer. Die
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